Rettungskreuzer Ikarus Band 027 - Memento Mort

bin ich Teil des Rates. Ihr habt Recht.«
    Er lächelte und ließ sich gegenüber dem Alten nieder.
    »Mein Name ist Nirat.«
    »Nirat. So so. Ich bin Naren. Hat mich nie interessiert, Teil des Rates
zu werden. Zu viel Politik. Zu wenig frische Luft.«
    »Aber ...«
    »Nein nein, lass es gut sein, Nirat. Jedem wie es ihm gefällt.«
    »Zum Nutzen der Welten«, vollendete Nirat die uralte Formel des Rates.
    »Nun lass uns dem Rours unseren Route übermitteln. Schätze, du
hast nicht ewig Zeit.«
    »Die Sitzung beginnt gegen Mittag.«
    »Dann los.«
    Die beiden Männer schlossen die Augen und nahmen je eine Ranke mit kleinen
weißen Blüten daran in die Hände. Die Blüten bewegten sich
leicht hin und her und sobald sie in Kontakt mit der Haut der Männer kamen,
setzten sie sich wie Saugnäpfe fest.
    Der Schweber setzte sich in Bewegung und überschritt die Grenze.
    Wie von einem Lineal gezogen war hier der Übergang vom Grün- zum Gelbland.
Nicht für die Tomakk nützliches ließ sich in dem feinen gelben
Sand anbauen oder pflegen. Die wenige Wegstrecken später beginnenden Temperaturen
ließen auch das Freundvolk dieses Planeten Abstand von dieser Landschaft
nehmen und sie hatten es nur zu gerne an die Tomakk abgetreten. Und mitten in
der Einöde, dieser Wüste lag ein gewaltiger Felsen. Rot. Nahezu rechteckig
und ohne Hilfsmittel nicht zu besteigen.
    Der Ssab. In oder besser unterhalb des künstlich anmutenden, aber einzig
durch die Naturgewalten geformten Brockens, befand sich die große Kammer.
Mittelpunkt und Versammlungsort des Rats der Tomakk auf Tarendi.
    Erst wenige Male hatte Nirat sich dort einfinden müssen. Dürfen, wie
es seine Neider bezeichneten. Was wussten sie schon. Sie glaubten, er wollte
sich profilieren, den Alten beweisen und sich ihnen gegenüber hervorheben.
Meistens ging es um Einschränkungen, die er bei seinen Forschungen hinnehmen
musste, Richtungsweisungen, die ihn von bestimmten Entwicklungen abhalten sollten.
Vorerst, wie es immer hieß. Die Begründung war meist die gleiche:
Das Freundvolk soll nicht einzig durch die Hilfe der Tomakk weiterentwickeln,
es sollte diese aus eigener Kraft schaffen.
    Aus eigener Kraft hätte Tomakk es niemals pünktlich zur Versammlung
geschafft, doch der Rours schien tatsächlich ausgeruht zu sein. Trotz des
weichen Sands gelang es dem Tier den Wagen mit den beiden Männern zu ziehen
und eine Geschwindigkeit an den Tag zu legen, die die Hitze der Wüste geradezu
angenehm machte. Der kühle Fahrtwind sorgte für angenehme Erfrischung
in der ansonsten glutheißen Ebene. Doch schon nach knapp zwei Stunden
erschien der gewaltige Felsen am Horizont und noch immer schien der Rours bei
vollen Kräften zu sein. Unvermittelt erhöhte das Tier sogar die Geschwindigkeit,
so dass die Männer an dem umrankten Geländer Halt suchen mussten und
beinahe den Kontakt verloren.
    »Was ...?«
    »Sandratten!«
    Der Alte spuckte den Begriff schier aus. Nirat glaubte den Hass und die Verzweiflung
zu hören, die Naren in dieses eine Wort legte.
    Sandratten. Anders als ihre urbanen Verwandten, die sich häufig in den
Großstädten der Freundvölker fanden, waren diese Tiere ungleich
gefährlicher. An sich verschliefen sie die größte Tageshitze
und man traf auf sie eher zur Dämmerstunde, wenn der Sand noch von der
Sonne aufgeheizt war und die Nachkälte noch nicht jeden Aufenthalt in der
Wüste mehr als unwirtlich gestaltete. Kein Tomakk suchte allerdings die
Nähe dieser Tiere. Sie entzogen sich sogar den Kresh, den Tomakk, die statt
Kontakt mit der Pflanzenwelt, die Verbindung mit der jeweiligen Tierwelt eines
Planeten suchten. Etwas, was ein Tomakk normalerweise für überflüssig
hielt, denn Fauna und Flora schafften es meist besser als jeder Eingriff, sich
in einem Gleichgewicht zu halten, das allen zu Gute kam. Aber in diesem Moment
wünschte er nichts sehnlicher herbei, als einen dieser wilden, angeblich
mit übergroßer Körperkraft ausgestatteten Kresh.
    Der Rours war kaum mehr zu steuern, dem Alten stand der Schweiß auf der
Stirn und auch Nirat spürte, wie es ihm immer schwerer fiel, die Konzentration
zu halten. Einerseits dem Rours beruhigend zusprechen, während man sich
andererseits vorstellte, wie graubraune Sandratten, die einem erwachsenen Tomakk
gut und gerne bis zu den Hüften reichen konnten, mit ihren harten Krallen
die dünne Haut eines jeden Lebewesens aufrissen,