Rettungskreuzer Ikarus Band 028 - Welt der Adlaten
dass Shilla nicht tot ist«, fuhr Pakcheon
fort. »Anderenfalls hätte ich das Erlöschen ihres Geistes gespürt.«
»Ihre Anwesenheit gilt jedoch nicht allein der Suche nach Shilla«,
sagte Sentenza.
»Nein, wenngleich ich sehr froh gewesen wäre, sie bei Ihnen zu finden
oder zu erfahren, wo sie sich aufhält. Zweifellos hat sie viele Informationen
gesammelt, die für uns sehr wichtig sind. Mit uns meine ich jetzt
nicht allein mein Volk. Haben Sie ein wenig Zeit?«
Wie oft er das in den letzten Tagen und Wochen gefragt worden war! Sentenza
nickte. »So viel Sie wollen. Vor uns liegen noch mehrere Lichtjahre.«
Pakcheon machte eine Pause, bevor er zu sprechen anfing.
»Vor geraumer Zeit bemerkten wir in der Galaxis eine bedrohliche Präsenz. Sie sind offensichtlich zurückgekehrt, nachdem sie schon
mindestens zweimal hier gewesen waren. Das erste Mal, soweit wir wissen, besuchten sie vor Jahrtausenden die Galaxis, aus welchen Gründen auch immer.
Unsere Aufzeichnungen reichen nicht ganz bis in diese Zeit zurück, und
was später aufgeschrieben wurde, ist oft mythisch verbrämt. Shilla
könnte Ihnen vermutlich mehr darüber erzählen, da sie eine Phase
ihres Lebens als Historikerin verbracht und sich intensiv mit ihnen beschäftigt
hat.«
»Sie meinen die Outsider«, erriet Sentenza, »diese Wesen, die
mit haifischartigen Raumschiffen in unsere Galaxis eingedrungen sind.«
Kurz blickte Pakcheon zur Seite, als lese er eine Information. Dann bestätigte
er.
»Ja, es handelt sich um jene , die Sie als Outsider bezeichnen. Wir
haben keinen Namen für sie , doch der Einfachheit halber werde ich sie auch Outsider nennen.
Die Outsider verschwanden irgendwann genauso plötzlich, wie sie gekommen
waren. Sie haben Experimente angestellt, über deren Natur wir nichts wissen.
Es müssen jedoch grauenhafte Dinge gewesen sein, da die Furcht vor diesen
Wesen in uns tief verwurzelt ist.
Unser Volk beschloss, als es nach vielen Generationen die entsprechenden technischen
Möglichkeiten entwickelt hatte, den Planeten Vizia zu ... verbergen. Zum
einen wollten wir nicht in die Kriege prim ... anderer Völker hineingezogen
werden, zum anderen sorgten sich unsere Ältesten, dass die Outsider eines
Tages zurückkehren würden.
Ihre Prophezeiung trat auch ein. Dieser zweite Besuch der Outsider liegt mehrere
Jahrhunderte zurück, doch gelang es den Völkern der Milchstraße,
den Feind mit vereinten Kräften zu vertreiben.
Vor gut zwei Jahren Ihrer Zeitrechnung spürten wir die Präsenz der
Outsider erneut, und selbst die wilden Hainish gerieten in Aufruhr. Es gab eine
lange Diskussion zwischen jener Gruppe, die sich in unserem Versteck sicher
fühlt, und den anderen, die Zweifel hegen, dass unsere Schutzvorkehrungen
auf Dauer ausreichen. Man schloss einen Kompromiss, in dessen Folge ein Schiff
gebaut wurde, mit dem Shilla Vizia verließ. Ihr Auftrag sah vor, Informationen
über die Outsider und das Ausmaß der Bedrohung zu sammeln.
Unabhängig davon begannen auch einige unserer Wissenschaftler mit Nachforschungen.
Wir wissen, dass sich inzwischen unzählige Outsider in der Galaxis aufhalten,
was für uns unangenehme Konsequenzen hat. Ich versuche, das Phänomen
möglichst simpel zu erklären, denn es gibt keine treffenden Worte
in Ihrer Sprache.
Als Telepathen sind wir empfänglich für gedankliche Botschaften und
mehr noch für Emotionen. Wir leiden, wenn jemand heftige Empfindungen wie
zum Beispiel Schmerz, Trauer und Hass aussendet. Bis zu einem gewissen Grad
können wir unseren Geist selbst schützen und die Gedanken anderer
Wesen blocken. Auch die Outsider senden, und wir spüren ... unsägliches
Grauen, Gier, eine Verlockung ... Es sind so viele unterschiedliche Eindrücke,
schreckliche und einnehmende. Und sie rufen uns, als wüssten sie, dass
wir uns vor ihnen verbergen. Wir sollen ihnen dienen.
Vielleicht war das der Zweck ihrer Anwesenheit damals: Sie versuchten, ein Sklavenvolk
zu rekrutieren. Weshalb sie uns dann jedoch aufgaben, können wir nicht
einmal erahnen. Anscheinend sind wir die Einzigen, die in dieser Weise auf die
Outsider reagieren. Möglicherweise sind wir aber auch Schläfer, die
man bewusst zurück ließ, um sie als Soldaten zu reaktivieren, falls
sie gebraucht würden. Das sind nur Theorien, aber sie erfüllen jeden
Einzelnen von uns mit Sorge.
Sie können sicher verstehen, dass wir uns nicht manipulieren
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