Rettungskreuzer Ikarus Band 028 - Welt der Adlaten
dass sie in verschiedenen Schichten arbeiteten.
Seither hatte es glücklicherweise keine weiteren Begegnungen gegeben.
»Sind wir vollzählig?« Anande klatschte kurz in die Hände.
»Darf ich um Ihre Aufmerksamkeit bitten, werte Kolleginnen und Kollegen?
Dr. Nadir wird die jüngsten Ergebnisse unser Untersuchungen zusammenfassen,
damit Sie alle über den Stand der Dinge Bescheid wissen.«
»Es scheint, als haben wir den ersten Hinweis gefunden«, sagte Nadir
triumphierend und brachte mit diesen Worten alle Anwesenden dazu, sich ihm zuzuwenden.
»Nachdem wir sämtliche Zellproben, die wir von den Lediri erhalten
haben, verglichen und die individuellen Abweichungen in der DNA als solche identifiziert
hatten, entdeckten wir eine Informations-Lücke im Erbgut der Lediri. Dr.
Shen, bitte berichten Sie.«
Anyada erhob sich, um besser gehört zu werden. Täuschte sich Krshna
oder wankte sie leicht? Ihre Stimme klang gepresst, als litte sie unter Schmerzen.
Nun, sie würde selber am besten einschätzen können, ob es ihr
gut genug ging, um die Arbeit fortzusetzen. Vielleicht brauchte ihr Körper
nach all den Anstrengungen ein wenig Zeit.
»Diese Informationslücke befindet sich stets an derselben Stelle des
DNA-Stranges. Ich denke, es ist nicht notwendig, Ihnen den Aufbau der DNA zu
erklären. Sicher können Sie sich eine Vorstellung davon machen, was
es bedeutet, wenn ich Ihnen sage, dass an dieser bewussten Stelle die Purinbase
Guanin unvollständig ist.«
Anande aktivierte den Holografen, und inmitten des Raumes erschien das Modell
der Guanin-Base. Verschiedenfarbige Kugeln mit den Buchstaben H für Wasserstoff
und N für Stickstoff waren durch dünne Linien miteinander verknüpft,
welche einfache und Doppelbindungen anzeigten.
»Dies«, fuhr Anyada fort, »ist Guanin. Was wir fanden, sieht
so aus.«
Direkt daneben erschien ein zweites Modell, bei dem zwei Stickstoffatome fehlten
und ein Wasserstoffatom ein Elektron zu viel aufwies.
»Es ist uns gelungen, die Information zu rekonstruieren, aber das Problem
ist damit nicht gelöst. Ebenfalls verändert hat sich die Messenger-RNS.
An dieser Stelle stößt sie beharrlich die Pyrimidinbase Urazil ab
und ersetzt sie durch Thymin. Bisher ist es uns nicht möglich gewesen,
diesen Prozess zu unterbinden.«
Ihre Erläuterungen wurden von weiteren Molekülmodellen untermalt.
»Die Aminosäurekodons innerhalb der Messenger-RNS selbst haben sich
verändert, und diese Mutation greift jede Generation weiter um sich. Dr.
Wiland, Sie sind an der Reihe.«
Während sich Anyada setzte, begab sich Careena an den Projektor, um die
Modelle durch andere Abbildungen zu ersetzen.
»Betroffen ist von dieser genetischen Mutation bislang nur die Fortpflanzungsfähigkeit
der Lediri. Diese Wesen können das erstaunliche Alter von fast 2.500 Jahren
erreichen. Die Phase ihrer Geschlechtsreife tritt ungefähr in einem Alter
von 2.000 Jahren ein und ist im Verhältnis zu ihrer Lebensdauer sehr kurz:
Sie beträgt keine fünfzig Jahre. Die Lediri sind zweigeschlechtlich
– Zwitter, wenn ich den Begriff benutzen darf – und befruchten sich
selbst, wenn sie das entsprechende Alter erreicht haben. In der Regel werden
innerhalb dieser Zeitspanne drei bis fünf Kinder nach einer Tragzeit von
knapp sechs Jahren geboren. Dies reicht normalerweise aus, um die Art zu erhalten,
denn die Lediri kennen keine natürlichen Feinde und auch keine infektiösen
Krankheiten, die ihr Volk dezimieren könnten. Trotz ihres Zwitterdaseins
schließen sie sich zur Aufzucht ihrer Kinder normalerweise in Paaren zusammen.
Arbeitsteilung hat dabei ja noch nie geschadet.«
Zu sehen waren Lediri in den verschiedenen Alterstufen, deren dreidimensionalen
Abbildungen der Computer anhand Urians Informationen generiert hatte. Krshna
musste schon genau hinblicken, um zu bemerken, dass die Oberfläche eines
alten Lediri etwas zerklüftet und die eines trächtigen glatter wirkte.
Dann erschienen die Geschlechtsorgane, die wenig gemein hatten mit dem, was
ihm geläufig war.
»Nun jedoch nimmt die Zahl der Lediri stetig ab, da der Körper eines
Lediri nicht mehr genügend Eier und Spermien produziert, so dass eine Selbstbefruchtung
immer seltener glückt. Mittlerweile produzieren die meisten dieser Wesen
in ihrer fruchtbaren Phase überhaupt keinen Nachwuchs mehr, und die wenigen
Kinder, die noch geboren werden, erben nicht allein
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