Rettungskreuzer Ikarus Band 032 - Vor der großen Stille
eindringlich. Cedian versprach,
sein möglichstes zu tun, wies aber auch darauf hin, dass es ihm schwer
fallen würde, seinen Artgenossen zu erklären, warum er sich an der
Verteidigung des Systems nicht beteiligen werde. Sentenza konnte ihm da allerdings
auch keinen Tipp geben. Seine Kenntnisse über die Adlaten waren zu begrenzt
dafür. Im Zweifel würde Cedian sich Themians Befehl unterstellen müssen,
um gegen die Outsider zu kämpfen. Letztendlich war er auch ein Lediri,
und die Outsider seine erklärten, historischen Feinde.
Dann hockte der Captain sich in seinen Sessel und wartete.
Viel Geduld würde er nicht aufbringen müssen, dessen war er sich sicher.
3.
Gouverneur Gul tat nicht viel mehr, als sich die dreidimensionale Projektion
der Kampfzone genau anzusehen und zu schweigen. Destruktor-Leutnant Hozz, abgestellt
vom Stab des Admirals, um dem zivilen Oberkommandieren nötigenfalls zu
erklären, was er da sah, fühlte sich in der Gegenwart des schweigsamen
Systempolitikers unbehaglich. Das hing sicher auch noch mit zwei weiteren Dingen
zusammen: Zum einen mit der für einen Tumanen viel zu niedrigen Zimmertemperatur,
die für den amöbenartigen Verbindungsoffizier nur deswegen zu ertragen
war, weil sein Exoskelett über eine Wärmeeinheit verfügte. Zum
anderen mit der kleinen, tiefschwarzen und versiegelten Schachtel, die er kurz
vor seiner Abfahrt in Guls Büro in die Hand gedrückt bekommen hatte.
Die Tatsache, dass ihm die Box von Regulator-Commander Hoskins überreicht
worden war, machte die Sache für ihn nicht einfacher. Hoskins war Chef
des Flottengeheimdienstes im Gudian-System und er hatte ihm den Behälter
mit der Auflage übergeben, ihn dem Gouverneur unter ganz bestimmten Bedingungen
auszuhändigen. Dann hatte er diese Bedingungen aufgezählt und Hozz
hatte kein Wort verstanden.
Aber gemerkt hatte er sich jede Silbe. Tumanen verfügten über ein
photographisches Gedächtnis. Wo es ihm im Augenblick an Verständnis
mangelte, fehlte es nicht an der Gewissheit, die Bedingungen jederzeit zweifelsfrei
erkennen zu können, so absurd dies auch erscheinen mochte.
Doch bis jetzt hatte er nichts anderes zu tun, als einem schweigsamen Gouverneur
dabei zuzuschauen, wie er schwieg.
Hozz konnte es ihm kaum verübeln. Gul wusste ziemlich genau, was da auf
der dreidimensionalen Projektion passierte, dies war der 17. Angriff seiner
Amtszeit und eindeutig einer der schwereren. Soweit es einem Nichtmilitär
möglich war, hatte der Gouverneur militärische Erfahrungen und Kenntnisse
sammeln können, in Jahren endloser Sitzungen und Besprechungen mit Flottenoffizieren,
die ihm erklärten, was möglich und notwendig war. Eigentlich bedurfte
es eines Verbindungsoffiziers wie Hozz nicht und er hätte es vorgezogen,
an Bord der C-4935 seinen Job als stellvertretender taktischer Offizier
zu erfüllen. Doch sein Dienstplan hatte ihn anders eingeteilt und natürlich
war die Wahrscheinlichkeit, im Bunker des Gouverneurs den Angriff zu überleben,
ungleich höher als auf der Brücke eines Taktischen Wachbootes, das
jedem Hairaumer hoffnungslos unterlegen war.
Hätte Hozz Hände gehabt, die schwitzen konnten, so wäre die kleine
Box des Geheimdienstchefs bereits mit einem feuchten Film überdeckt gewesen.
So ruhte sie in einem der zahlreichen Transportbehälter des Exoskeletts
und wartete auf ihren Einsatz, was auch immer das bedeuten möge.
»Es hat angefangen«, murmelte Gul. Hozz' Blick heftete sich auf die
Projektion, die ineinander konvergierende Angriffsvektoren der Outsider und
der Abwehrflotte zeigte. Kleine blaue Lichtpunkte zeigten den Beginn von individuellen
Kampfhandlungen. Als die Projektion plötzlich mit Wolken aus winzigen weißen
Pfeilen übersät war, wusste Hozz, dass die automatischen Forts ihre
Fernwaffen abgefeuert hatten. Unter ihrem Mantel beschleunigten nun auch die
leicht verwundbaren Jagdmaschinen auf den Gegner zu. Sie hatten nur eine Chance,
wenn sie ihr Feuer mit den auftreffenden und detonierenden Raketen koordinierten,
ansonsten waren sie für die Schutzfeldtechnologie des Feindes viel zu schwach
bewaffnet. Im Grunde waren derart kleine Kampfeinheiten schon lange obsolet.
Sie wurden nur noch deswegen hergestellt, weil sie preiswert waren, und die
größeren Werften alle bereits völlig überlastet.
Die Imperiale Flotte war zahlenmäßig überlegen. Doch Hozz wusste,
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