Rettungskreuzer Ikarus Band 036 - Schlacht um Vortex Outpost
kämpfen.
»Melody?«
»Schon gut.« Sie richtete sich wieder auf und presste die Handballen
auf die Augen, bis sie Lichter sah. »Ich bin etwas müde, glaube ich.«
»Machen wir noch die paar Hübschen hier, dann ist unsere Schicht eh
zu Ende.«
Melody lag auf der Zunge, dass sie lieber weiter machen würde, aber Ohboy
kannte sie gut genug und antwortete, ehe sie auch nur ein Wort gesagt hatte.
»Lass die anderen auch mal ran, jeder will den Haien eines auf die Nase
geben. Und wir zwei gehen in der schnuckeligen Militärkantine, die auf
der Station neu eröffnet hat, etwas Essen. Soll ein ganz angesagter Schuppen
sein, jeder geht da hin.« Der Zauber wirkte. Melody merkte, wie die Anspannung
von ihr wich, während sie Ohboy zuhörte. »Ich hoffe, wir haben
so viel Glück wie dieser weißhaarige Typ vom Versorgungsstab. Er
hatte eine Nahrungseinheit, die dem Etikett nach im Jahr seiner Geburt eingeschweißt
worden war. Er hat sie trotzdem gegessen. Meinte, das sei ein besonders toller
Jahrgang gewesen ...«
»Ohboy«, unterbrach Melody den Redestrom. Ein leichtes Lächeln
lag auf ihren Lippen, während sie den nächsten Parasiten aktivierte.
»Halt die Klappe.«
Darius Weenderveen bemühte sich um einen unbeteiligten und konzentrierten
Gesichtsausdruck, während er beobachtete, wie die Lastroboter die letzten
Geräte aus dem Raum fuhren. Es war eine Aufgabe für Maschinen, nicht
für Menschen, die zum Teil tonnenschweren und hoch empfindlichen Geräte
durch die Gänge der Ikarus und in den Frachter zu bugsieren, der
sie aufnehmen und verwahren würde. Als der letzte von ihnen lautlos davon
geglitten war, sah sich Weenderveen um. Es erstaunte ihn, wie groß der
Raum wirkte, nun, da alle Gerätschaften aus ihm entfernt worden waren.
Er kannte diesen Effekt von den Appartements, aus denen er im Laufe seines Lebens
ausgezogen war, aber trotzdem überraschte er ihn hier. Die Ikarus ,
das vergaß er zuweilen, wenn er sich darüber ärgerte, dass er
Bauteile und Güter nicht mehr einbauen und verstauen konnte, war kein kleines
Schiff. Die Krankenstation, in der er jetzt stand, war eine der größten
Abteilungen, abgesehen von Maschinenraum und Hangar. Immerhin musste sie nicht
nur den Geräten und Medorobotern sondern auch Stasiskammern und im Notfall
zahlreichen Patienten unterschiedlichster Völker Platz bieten. Jetzt hätte
man in den Räumen problemlos eine Tanzveranstaltung geben können –
allerdings nur, wenn man riskieren wollte, von Doktor Anande erschossen zu werden,
der wie ein vergessenes Möbelstück in der Mitte seines ehemaligen
Reiches stand. Er hatte den Abtransport seiner Geräte mit bemerkenswerter
Ruhe beobachtet – allerdings hatte er, wenn die Gerüchte stimmten,
sich bereits vorher beim Captain ausgetobt. Erfolglos, wie die kahlen Wände
zeigten. Weenderveen konnte nachvollziehen, wie es dem Arzt ging. Wenn sein
Maschinenraum auf diese Weise geplündert worden wäre ... eine grauenhafte
Vorstellung.
Als hätte er den verstohlenen Blick Weenderveens gespürt und seine
Gedanken gelesen, hob Jovian Anande den Kopf und sah den Chefingenieur an.
»Und was werde ich nun tun, wenn sich jemand von uns bei dieser ganzen
Aktion verletzt?«, fragte er mit einer verdächtig ruhigen und sanften
Stimme. »Pusten?«
»Wir bauen alles wieder ein, wenn die Sache vorbei ist«, versicherte
Weenderveen sofort. »Es wird besser als vorher.«
»Ja. Sicher.« Anande sah sich noch einmal um, dann bückte er
sich und hob den Koffer auf, der neben ihm stand. »Aber keine Sorge, ich
habe hier noch ein paar Sprühverbände drin und ein Schmerzmittel.
Das wird sicher reichen.«
»Es ist auch noch eine Stasiskammer da«, wandte Weenderveen ein, bereute
es aber sofort, als ihn Anandes Blick wie ein Skalpell traf. Von allen Leuten
an Bord war es Weenderveen, neben DiMersi und An'ta vielleicht noch, der jetzt
besser den Mund halten sollte, denn letztlich war es ihre Idee gewesen, alles
aus der Ikarus zu entfernen, was irgendwie entbehrlich war, um Gewicht
zu reduzieren. Und mehr noch, ungeachtet des Unmutes von Anande, der Angespanntheit
der ganzen Situation und dessen, was vor ihnen lag, ging es Weenderveen hervorragend.
Das war ein Umstand, den er auf gar keinen Fall zeigen durfte, so lange er neben
der hochsensiblen und instabilen Doktorenmasse stand, wenn er nicht riskieren
wollte, dass sie unkontrolliert
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