Rettungskreuzer Ikarus Band 043 - Kasernenwelt
aufzunehmen
– und auf dieser Ebene frühzeitig etwas über die Absichten erfahren.
Wenn die Fremden uns gewogen sind, wissen wir es früher, und wir haben
zumindest eine Chance, Informationen zu sammeln, wenn wir mit ihnen eine Kommunikation
aufbauen können.«
Kolt sah Vrond nachdenklich an. Die Idee hörte sich vage an, aber es gefiel
ihm deutlich besser als herumzusitzen und auf die Ankömmlinge zu warten.
Er war nicht durch einen Hang zur Untätigkeit Administrator dieser Kasernenwelt
geworden.
»Was für eine Delegation schlagen Sie vor?«, fragte er, ehe Damith
seinem offensichtlichen Missfallen Ausdruck geben konnte.
»Nicht mehr als drei Personen«, sponn Vrond seinen Gedanken weiter.
»Jemand von der zivilen Verwaltung, ein Technikexperte und ein Militär.
Wir haben niemanden, der wirklich für sowas ausgebildet ist.«»Nicht
ganz – aber fast«, ergriff nun Kozz wieder das Wort. Ihm schien die
Idee zu gefallen. »Wir nehmen jemand von der Einweisungsabteilung«
Die Einweisungsabteilung war für die Begrüßung und Betreuung
neuer Rekruten verantwortlich. Obgleich alle vom Virus gelenkten Rekruten generell
problemlos waren, hatten viele in der frühen Phase der Infektion gewisse
kulturelle Eigenheiten noch nicht abgelegt. Damit richtig umzugehen, war Aufgabe
der Einweiser.
»Die Kenntnisse der aktuellen Einweiser sind größtenteils theoretisch«,
wandte Damith ein. »Nur einige der Älteren haben noch die letzte Rekrutenzufuhr
miterlebt.«»Aber das ist besser als gar nichts. Wenn also jemand von
der zivilen Verwaltung, dann einer der älteren Einweiser«, beharrte
Kozz auf seiner Idee. Vrond machte eine zustimmende Geste.
Roban Kolt erhob sich abrupt, so dass sich alle Augen unvermittelt auf ihn richteten.
»Ich habe nicht die Absicht, tatenlos herumzusitzen«, bekräftigte
er entschlossen. »Daher werden wir sofort die Raumfähre klarmachen
und eine Delegation entsenden. Ich schlage Wion Shalk vor, den Chef der Einweisungsabteilung.
Ich erwarte von Ihnen Vorschläge für einen Militär. Und ich werde
einen technischen Experten der Verwertungsabteilung nominieren.«
Waren die Einweiser für die Integration neuer Rekruten in die Kasernenwelt
verantwortlich, so hatten die Verwerter die Aufgabe, neue Technologie der Transportschiffe
in die Infrastruktur der Kasernenwelt zu integrieren.
Selbst Damith hatte dem nichts mehr entgegen zu setzen.
4.
»Okay, was haben wir?«
Anande hatte halb zu sich, halb zu den anderen gesprochen. Er, An'ta und Trooid
kauerten in einem Wartungsschacht, unbeobachtet von den Infizierten, um sich
in Ruhe zu besprechen. Dass es an Bord dieses hoffnungslos überfüllten
Raumschiffes überhaupt einen Ort gab, an den man sich zurückziehen
konnte, betrachtete er als ein kleines Wunder. Die Luft war heiß und stickig.
An'ta hatte berichtet, dass die Lebenserhaltungssysteme auf Volllast arbeiteten,
aber mit der Masse der biologischen Verbraucher an Bord überfordert waren.
Es reichte gerade so, sie am Leben zu erhalten. Doch alle stanken wie die Schweine,
waren verdreckt und verschwitzt. Niemand litt mehr darunter als die Grey, die
sonst für eine schon fast antiseptische Sauberkeit bekannt war. Doch An'ta
war professionell genug, um ihre permanente Abscheu und den immer wieder in
ihr aufsteigenden Ekel unter Kontrolle zu halten. Es gab aber sicher niemanden
an Bord dieses Schiffes, der sich mehr nach einer langen Dusche sehnte.
Anande konsultierte sein Aufzeichnungsgerät. »Die Entwicklung der
Infizierten geht rasch voran«, dozierte er halblaut. »Ihre Verhaltensweisen
ändern sich auf subtile Art und Weise. Am Anfang wollten alle nur fort,
als sie vom Wanderlust-Virus befallen worden waren. Jetzt scheint es so, als
würde der Virus genetisch gespeichertes Informationsmaterial mit zunehmender
Geschwindigkeit in seine Wirte lassen. Da wäre zum einen die Sprache, das
war der erste Schritt. Die Linguisten werden an ihr große Freude haben,
denn sie ist eine perfekte Kunstsprache, die von zahlreichen Organen produziert
werden kann und damit eine recht große Bandbreite an Lebensformen in ihren
Variationen abdeckt. Eine echte lingua franca , die jeder versteht und
jeder aussprechen kann. Beeindruckend. Und dann jetzt auch noch Ideologie.«»Ideologie?«,
hakte An'ta mit etwas schwacher Stimme nach.
»Oh ja. Ich habe viele Gespräche belauschen können. Die Inhalte
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