Rettungskreuzer Ikarus Band 045 - Wächter des Imperiums
und aus sicherer Entfernung die Sprengladungen unten in der Kraftwerksebene zünden, damit diese Station nicht in die falschen Hände geriet.
Nachdem sein Atem und sein Puls wieder etwas zur Ruhe gekommen waren, ging er weiter. Er war nur froh, dass er sich den Weg eingeprägt hatte, den sie zuvor gekommen waren. Er folgte der Rampe, die ihn in das nächsthöhere Stockwerk der Anlage führte. Kurz darauf erreichte er den Kontrollraum, von dem Sl!arnic gesagt hatte, dass er der Überwachung der Flugbewegungen im Luftraum von Rynyda I diente. Jetzt aber waren die Arbeitsplätze wieder zum Leben erwacht: Alle Bildschirme waren nun eingeschaltet und zeigten die gleiche Darstellung, die schon Sl!arnic auf dem Monitor im Kraftwerk aufgerufen hatte – mit einem entscheidenden Unterschied: Es befanden sich jetzt deutlich weniger Schiffe im Orbit und alle Icons hatten die gleiche Farbe.
»Korroda!«, murmelte Dilligaf. Die Flotte der Ts!gna hatte die Schiffe des Raumcorps entweder völlig vernichtet oder die Unterlegenen waren rechtzeitig geflohen. Dilligaf hoffte Letzteres und fürchtete Ersteres. Wie auch immer der Verlauf der Schlacht gewesen sein mochte, mit einer feindlichen Flotte in der Umlaufbahn würde es noch schwieriger sein, den Planeten wieder zu verlassen.
Seine Gedankengänge wurden jäh unterbrochen, als er ganz in der Nähe ein schabendes Geräusch hörte. Im nächsten Moment spürte er einen starken Luftzug. Das Tor, durch welches die Rashh Udayyin und Sl!arnic die Stufenpyramide betreten hatten, war wieder geöffnet worden.
Erleichtert machte Dilligaf zwei Schritte auf den Ausgang zu – und blieb wie angewurzelt stehen. Den Korridor herab näherte sich ihm eine Prozession, deren Anblick ihm das Blut in den Adern gefrieren ließ: Drei Dutzend Wachroboter und eine Handvoll Ts!gna-Krieger kamen mit entsicherten Waffen auf ihn zu. Der Söldner ließ die Schultern hängen. Es war vorbei. Die Gegner standen zwischen ihm und dem rettenden Ausgang und allein hatte er keine Chance gegen eine derartige Übermacht.
Dann aber wurde sein Entsetzen noch größer, als er erkannte, dass die Wächter und die Ts!gna von zwei weiteren Neuankömmlingen begleitet wurden, die am Ende der Kolonne marschierten. Die eine davon war ein grotesk aussehendes Wesen, das allem Anschein nach nicht natürlichen Ursprungs war. Das Gesicht des Mannes aber, der neben ihm ging, kannte Dilligaf nur zu gut; schließlich war auf die Ergreifung des flüchtigen Schwerverbrechers Noel Botero eine beträchtliche Belohnung ausgesetzt und es gab wohl niemanden im Kreise der Schwarzen Flamme, der den Steckbrief des verrückten Wissenschaftlers nicht gesehen hatte. Dilligafs Gedanken rasten. Wenn Botero sich mit den Ts!gna verbündet hatte, wenn er gar die Kontrolle über diese Anlage erlangte, konnte er frei über die Ressourcen der Kallia verfügen. Er würde Zugang zu Armeen und Waffen haben, die seit Jahrtausenden auf ihren Einsatz gewartet hatten – und er würde an Stelle der Kallia über sie gebieten und ihnen seinen Willen aufzwingen. Und da Botero dem Vernehmen nach unsterblich war, stand der Galaxis im Falle seines Sieges eine Schreckensherrschaft bevor, die im wahrsten Sinne des Wortes eine Ewigkeit dauern würde.
Manchmal, dachte Dilligaf, lief das gesamte Leben auf eine einzige richtige Entscheidung hinaus. Eine Sekunde konnte den Unterschied zwischen Sieg oder Niederlage ausmachen. Die letzten siebzig Jahre hatten ihn auf diesen einen Moment vorbereitet und so zögerte er nicht, das Richtige zu tun. Botero musste aufgehalten werden, und Dilligaf war der Einzige, der in der Lage war, das zu tun. Seine linke Hand betätigte den an seinem Gürtel befestigten Auslöser und viele Hundert Meter unter ihm begann eine verhängnisvolle Kettenreaktion.
Dilligaf bemerkte nicht mehr die Geschosse der Wachroboter, die seinen Körper trafen. Er hörte nicht mehr das Fauchen der Ts!gna, die wütend über ihn herfielen. Und er bekam nicht mehr mit, dass die Explosion des Kraftwerks einen Feuersturm und eine Druckwelle auslöste, welche die völlige Vernichtung der Stufenpyramide mit allem, was sich darin befand, zur Folge hatte.
Epilog
»Es sieht schlecht aus, Captain Sentenza.« Sally McLennane kam wie üblich ohne Umschweife zur Sache. Das Bild der Corpsdirektorin auf dem Brückenbildschirm der Ikarus sprach Bände. Die Frau sah in diesem Moment noch älter aus, als sie ohnehin schon war. McLennane wirkte unendlich müde und
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