Rettungskreuzer Ikarus Band 045 - Wächter des Imperiums
Kakophonie.
Dann herrschte plötzlich eine unheimliche Stille.
Botero sah ungläubig auf die Uhr. Seit dem Auftauchen der schwarzen Kampfroboter war weniger als eine Minute vergangen. Zögernd näherte er sich wieder der Lichtung.
Von den vier Landungsbooten des Raumcorps waren nur noch ausgebrannte Wracks übrig, aus denen fettige schwarze Rauchwolken quollen. Das Geländefahrzeug, welches vor der Stufenpyramide gestanden hatte, sah aus, als wäre es von der Faust eines Riesen zerdrückt und in den Boden gestampft worden. Überall auf dem Schlachtfeld lagen die Körper und Körperteile von Marineinfanteristen, Ts!gna-Kriegern und Wachrobotern. Für einen Moment dachte Botero schon, es gäbe überhaupt keine Überlebenden des Massakers, bis er bemerkte, dass sich einige der Ts!gna noch regten und auf unsicheren Beinen in Richtung des Gebäudes staksten. Begleitet wurden sie von den verbliebenden Robotern, von denen sich zwei nun auf stark verbogenen Gleisketten vorwärts bewegten.
Botero legte die Stirn in Falten. Die Überlebenden der Schlacht waren dabei, im Inneren der Festungsanlage zu verschwinden. Wenn sich die steinernen Tore erst einmal hinter ihnen geschlossen hatten, würde es für ihn sehr schwierig werden, das Kommando zu übernehmen. Er fasste einen folgenschweren Entschluss.
»Komm mit, Vince.« Er stand auf und winkte sein Geschöpf zu sich. Der Homunkulus folgte ihm gehorsam, als er aus dem Wald hervortrat und sich den Ts!gna und den Robotern zu erkennen gab. »He! Ihr da!«
Die termitenartigen Wesen blieben überrascht stehen und drehten sich zu ihm um.
Botero hob die Hände. »Ich bin unbewaffnet«, sagte er in einem ruhigen Tonfall. Er wusste zwar nicht, ob die Aliens ihn verstanden, aber dass von leeren Händen keine Bedrohung ausging, würden sie wohl verstehen. Und tatsächlich, als er näher kam, bildeten sie eine Gasse und ließen ihn passieren. Schließlich standen er und Vince vor einem lädierten Kampfroboter, dessen Fotorezeptor ihn von oben bis unten musterte.
Botero sah seine neuen Untertanen selbstbewusst an. »Bringt mich zu eurem Anführer.«
Dilligaf hatte erst beim Verlassen der Kraftwerksebene bemerkt, dass sein Handgelenk gebrochen war. Sl!arnic musste ihn in dem Moment verletzt haben, als er ihm die Waffe entrissen hatte. Erst als sein Adrenalinspiegel wieder abgeflacht war, hatte er das schmerzhafte Klopfen in seiner rechten Handwurzel registriert und den offenen Bruch bemerkt, durch den Teile seines Unterarmknochens hervortraten. Hier und jetzt konnte er seinen lädierten Arm nicht einmal schienen. Er konnte nur hoffen, dass er es ohne Zwischenfälle bis zu dem draußen geparkten Truck schaffte, wo ein Vorrat Schmerzmittel und Verbandsmaterial auf ihn wartete.
An einer Weggabelung blieb er stehen und lauschte. Kein Laut war zu hören. Nicht einmal in der Ferne klickten irgendwo Gleisketten. Für einen Moment überlegte er, ob er zurückgehen sollte, um die Drohne und ihre Steuereinheit aus Cumshaws Rucksack zu holen. Dilligaf seufzte schwer und schüttelte den Kopf. Der Gedanke, noch einmal in den Leitstand zurückzukehren, wo die grausam entstellten Leichen seiner beiden ältesten Freunde lagen, war unerträglich. Er verdrängte die Erinnerung an sein Versagen und ihren Tod und ignorierte die Schmerzen, so gut es ging. Mit zusammengebissenen Zähnen ging er weiter.
Eine halbe Stunde später war die Schwellung in seinem rechten Handgelenk nicht mehr zu übersehen. Keuchend schleppte er sich um die nächste Biegung des Korridors und fand sich zu seiner Erleichterung in der Kommandozentrale der Station wieder. Von hier war es nicht mehr weit bis zu dem Kontrollraum für die orbitale Überwachung , und dahinter lag bereits der Ausgang, vor dem der Geländewagen der Rashh Udayyin parkte. Er hatte es fast geschafft.
Auch hier war wiederum keiner der Wächter des Imperiums zu sehen und zu hören. Dilligaf lehnte sich schwer atmend gegen eine Wand. Er war schweißgebadet. Die Schmerzen waren inzwischen so groß geworden, dass sie bis in die Schultern ausstrahlten. Seine Finger konnte er schon lange nicht mehr fühlen. Dilligaf akzeptierte die Schmerzen als Strafe dafür, dass er seine Kameraden im Stich gelassen hatte. Hätte er schneller reagiert, wären Cumshaw und Sixpack vielleicht noch am Leben.
Er blinzelte die Tränen fort. Es half alles nichts. Was geschehen war, war geschehen. Er konnte jetzt nichts weiter tun, als den Weg zurück zur Scoville zu finden
Weitere Kostenlose Bücher