Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rettungskreuzer Ikarus Band 049 - Schritt vor dem Abgrund

Rettungskreuzer Ikarus Band 049 - Schritt vor dem Abgrund

Titel: Rettungskreuzer Ikarus Band 049 - Schritt vor dem Abgrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sylke Brandt
Vom Netzwerk:
Munition. Und Sprengstoff.« Ein Blick aus großen Augen, ungläubig. »Waffen, Captain!«
     
    Sie brauchte nur ein paar Sekunden. Es war nicht einmal eine Überlegung, nur ein einziger Gedanke, der aus der absoluten Stille sprang, die Bankas Worte ausgelöst hatte.
     
    »Weg hier«, wisperte sie. Und dann, energischer und als Befehl an alle: »Weg! Wir brechen ab! Sofort zurück! Jonas, warne das Beiboot, die sollen abhauen. Abbruch!«
     
    Sie waren schnell, aber nicht schnell genug. Was sie verraten hatte, wusste Lovis3 nicht. Das hier war kein gewöhnlicher Frachter wie die bisherigen, kein Ausflugsschiff, keine übergroße Privatjacht. Keine Ahnung, was sie gefunden hatten – Schmuggler vielleicht. Plünderer. Terroristen. Einen großen Hai. Und er hatte keine Hemmungen zuzubeißen.
     
    »Sie feuern! Sie schießen auf das Beiboot!« Jonas’ Stimme, irgendwo zwischen ungläubig und entsetzt.
     
    Lovis3 sagte nichts dazu, wiederholte nur ihren Befehl.
     
    Das war kein Spiel. War nie eines gewesen, aber sie hatten es vergessen können, solange alles gut ging. Jetzt wurde es ernst.
     
    Erst zwei Leute waren wieder in der Rettungskapsel, als der Mann am Eingang des Lagerraums auftauchte. Er sah sich nur kurz um und stellte keine Fragen. Stattdessen hob er seine Waffe und schoss. Nicht zur Warnung, sondern um zu töten.
     
    Es war so surreal. Lovis3 sah die Einschläge der Energiewaffe – Projektile in der Schwerelosigkeit waren auch nie eine gute Idee –, sah Container schmelzen und schwarz werden. Sie sah auch den Schuss, der Banka am Arm erwischte. Ihr Pad flog wie in Zeitlupe zu Lovis3 herüber, und sie fing es, fast wie im Traum.
     
    Als hätte sie das mit Banka verbunden, wandte der Mann seinen Blick nun ihr zu, und die Mündung seiner Waffe folgte zwangsläufig. Eine endlose Sekunde lang glaubte Lovis3, dass der Fremde nicht schießen würde, solange sie ihn ansah. Konnte man jemanden töten wollen, der einem fest in die Augen blickte?
     
    Aber anscheinend war das gar kein Problem.
     
    Im letzten Moment versuchte sie, zur Seite zu hechten, doch ihre Bewegungen waren langsam. Ihr schien es, als würde sie genau in den Schuss springen. Der Schmerz in ihrer Hüfte war unbeschreiblich, und sie hörte ein seltsames Zischen, vielleicht ihre entweichende Atemluft, vielleicht die Notfallversiegelung des Schutzanzuges. Dann, schlimmer noch, wurde alles taub; sie spürte ihre Beine nicht mehr. Aber ihre Arme, warum auch immer, gehorchten noch ihrem Willen.
     
    Sie stieß sich von dem Container ab, hinter dem sie Deckung gefunden hatte, und glitt auf gerader Linie durch den Raum zur Schleuse. Dabei behielt sie die Stelle, an der der Angreifer stehen musste, genau im Blick, obwohl sie verdeckt war von der Fracht. Das war gut. Wenn sie den Mann nicht sah, konnte er sie auch nicht sehen. Wenn er sie nicht sah, war sie sicher.
     
    Kurz bevor sie in Reichweite der Schleuse war, kam er wieder in ihren Sichtbereich, und er schoss sofort. Seine andere Hand zuckte dabei an den Gürtel, griff nach etwas, was eine Granate sein musste, und hielt mitten in der Bewegung inne. Ja, genau. Granate im eigenen Frachtraum. Wunderbare Idee.
     
    Lovis3 kicherte, hörte sich selber dabei und bekam Angst. Sie musste so sehr unter Schock stehen …
     
    Dann segelten Kisten an ihr vorbei, große und kleine Container, wie gemütliche, aufgedunsene Fische. Sie schwebten einheitlich in die andere Richtung.
     
    Mühsam wandte Lovis3 den Kopf und sah Bent, der alles aus dem nächsten Regal riss, was er greifen konnte, und einen Kasten nach dem anderen in die Schwerelosigkeit warf. Decoys. Er schuf ihr einen schwebenden Schild. Die Container fingen die Schüsse ab, torkelten, schmolzen, stießen gegeneinander, aber es waren so viele, dass nichts zu ihr durchkam.
     
    Sie erreichte die Schleuse aus eigener Kraft, sah noch, wie Bent sich Banka griff und sie ebenfalls mehr warf, als dass er sie trug. Schwerelosigkeit. Praktisch. Dann sprang er selber. Ein Schuss traf ihn in den Rücken. Trotzdem schaffte er es, getragen von seinem eigenen Schwung, bis zu ihr, bis in die Kapsel. Lovis3 fing ihn in ihren Armen auf, starrte in sein Gesicht. Die Augen waren geschlossen, wie das Schott, das hinter ihm zuschlug.
     
    Sie brauchte Jonas keinen Befehl zu geben. Er zündete die Fluchtraketen, die Steuerdüsen, die zweite Rakete, die er für den Notfall montiert hatte. Das Material der Kapsel verzog sich unter der unausgewogenen Beschleunigung.

Weitere Kostenlose Bücher