Rettungslos
Schlimmes, Mutti. Anouk hat nur etwas Husten, ich behalte sie sicherheitshalber ein paar Tage zu Hause.«
»Du meinst also, ich brauche nicht zu kommen? Ich komme aber wirklich gern, das weiÃt du, Lisa. AuÃerdem musst du ja auch mal weg, zum Einkaufen beispielsweise.«
»Dann nehme ich Anouk mit oder lasse sie kurz allein. Groà genug ist sie ja inzwischen.«
»Das sehe ich anders«, sagt ihre Mutter resolut. »Die Sechsjährigen mögen heutzutage schon sehr weit sein, aber ich halte es trotzdem für unverantwortlich, das Kind allein zu lassen.«
Unter anderen Umständen hätte Lisa sich auf eine Diskussion eingelassen, aber jetzt scheint es ihr sinnvoller, ihrer Mutter zuzustimmen. »Nein, auf keinen Fall. Du hast ja recht, Mutti. Es kann alles Mögliche passieren.«
Kreuger verschränkt die Arme vor der Brust und grinst breit. Lisa ignoriert ihn und hört mit halbem Ohr ihrer Mutter zu.
»Ich könnte ja im Lauf der Woche bei euch vorbeischauen, mal sehen. Kommt Menno denn?«
Lisa holt tief Luft. »Das weià ich nicht«, sagt sie dann leichthin. »Er hat zurzeit viel zu tun.«
»Er hat andere Verpflichtungen, meinst du wohl.« Bitterkeit schwingt in ihrer Stimme mit, und Lisa weià genau, was nun kommt.
»Mutti, ich muss Schluss machen«, sagt sie schnell. »Ich erwarte Besuch und muss vorher noch aufräumen und mich um die Wäsche kümmern.«
»Wer kommt denn?«
»Meine Freundin Julia, die kennst du ja.«
»Ach«, klingt es leicht beleidigt. »Julia kommt dich also besuchen, aber deine eigene Mutter willst du nicht â¦Â«
»Ich lege jetzt auf«, fällt Lisa ihr ins Wort. »Wir sehen uns in ein paar Tagen. Aber ruf vorher an, ja?«
Bevor ihre Mutter sagen kann, sie wolle noch rasch ihre Enkeltochter sprechen, bricht Lisa das Gespräch ab.
Kreuger flucht. »Warum hast du so schnell aufgelegt? Womöglich kommt die Alte jetzt her!«
Lisa erklärt ihm geduldig, genau das habe sie verhindert, indem sie sagte, ihre Freundin Julia komme, denn ihre Mutter könne sie nicht ausstehen.
»Und wenn ich Anouk den Hörer gegeben hätte, hätte sie sich mit Sicherheit verplappert«, fügt sie hinzu.
Das leuchtet Kreuger offenbar ein, denn er nickt. »Gut, in Ordnung.«
»Ich habe doch gesagt, dass ich dir keine Schwierigkeiten mache.«
»Sehr vernünftig von dir.«
»Aber was habe ich davon?« Lisa erschrickt über ihren energischen Tonfall und fährt rasch fort: »Ich meine, ich wüsste gern, woran ich bin, wie lange du noch bleiben willst, zum Beispiel.«
»Wieso, hast du mich etwa schon satt?« Kreuger beugt sich vor und sieht sie herausfordernd an. »Das finde ich aber nicht nett von dir, Lisa. Wir haben es hier doch ganz gemütlich, oder?«
»Schon, aber â¦Â«
Unvermittelt steht er auf und zerrt Lisa vom Stuhl. Er ist ganz nahe, und seine Augen funkeln bösartig.
»Klar haben wir es gemütlich«, beeilt Lisa sich zu sagen. »SchlieÃlich haben wir ja so manches gemeinsam.«
Würde die Angst nicht überwiegen, wäre es interessant
zu beobachten, wie Aggressivität urplötzlich in Hilflosigkeit umschlagen kann.
»Ich habe sie doch geliebt«, sagt er leise. »Und du ⦠du bist ihr so ähnlich ⦠du â¦Â«
Zu ihrer Bestürzung beugt er sich langsam zu ihr, sein Mund kommt näher. Die Stoppeln am Kinn, die unreine, leicht fettige Haut â all das sieht Lisa wie in VergröÃerung vor sich. Sie nimmt seinen Geruch wahr, Ãbelkeit steigt in ihr auf.
Auf einmal spürt sie seine Hände. Erst auf den Schultern, dann gleiten sie in einer flieÃenden Bewegung abwärts zu ihren Brüsten, verharren einen Moment und beginnen dann zu kneten.
Ihr ist, als stünde sie splitternackt in der Küche. Ihr gesamtes Selbstwertgefühl ist dahin. Ihr Körper pumpt Adrenalin, spornt sie an, ihn wegzustoÃen, ihm das Knie in die Weichteile zu rammen, die Finger in seine Augen zu stechen.
Aber Lisa rührt sich nicht, sie ist vor Entsetzen wie gelähmt. Was für eine bizarre Situation! Sie steht in ihrer Küche und muss es ertragen, dass ein fremder Kerl ihr die Hand unter den Pulli schiebt und ihre Brust aus dem BH schält. Seine andere Hand liegt auf ihrem Po, presst sie an sich, und im nächsten Moment spürt sie seinen Mund auf ihrem.
Unwillkürlich
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