Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Revelations

Revelations

Titel: Revelations Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Fischer
Vom Netzwerk:
auszumalen. Ohne Jesse hätte sie vermutlich einen Nervenzusammenbruch erlitten.
    Der Morgen stellte für alle drei die herbeigesehnte Erlösung ihres halbwachen Alptraums dar. Nach einem kurzen Frühstück aus Zwieback und zum zweiten Mal aufgebrühten Teebeuteln steuerte Angel den schweren Humvee in den unheimlichen Black Forrest hinein. Insgeheim war Cassidy froh, den Geländewagen in dem Massengrab nicht selbst fahren zu müssen, ließ aber trotzdem schmollend Kritik an der Entscheidung verlauten.
    Den ganzen Tag über stand Caiden im Geschützturm; jederzeit bereit einen eventuellen Hinterhalt zu vereiteln, während seine Schwester durch die Heckklappe nach heimlichen Verfolgern Ausschau hielt. Angel wählte diesmal eine alternative Route und vermied die vorzeitlichen Hauptverkehrsadern. In dem lückenlosen Ascheteppich auf den Nebenstraßen hätten andere Fahrzeuge oder Wanderer deutliche Spuren hinterlassen und würden sie so vor möglichen Fallen warnen. Diese äußerst langsame Art des Reisens vergrößerte natürlich auch das Risiko sich zu verirren, weshalb Angel regelmäßige Pausen zur Orientierung einlegte.
    Die zähen Stunden der unbequemen Fahrt forderten einen hohen Tribut. Millionen von kleinsten Aschepartikeln ließen die Augen tränen und brannten im Hals. Angel ertappte sich dabei, wie sie ihre Augen immer länger geschlossen hielt und manchmal erst im letzten Moment die Kurve bekam. Sie musste etwas unternehmen, um die lähmende Stille zu lindern.
    »Hier soll es passiert sein«, sagte sie zur Nachmittagszeit und blickte Ausschau haltend aus den Fenstern. Der Humvee kämpfte sich gerade durch ein in Flammen aufgegangenes Sägewerk, das der Feuersturm bis auf die Grundmauern niedergebrannt hatte. Nur die schweren Maschinen hatten dem Brand trotzen können und ihre verkohlten Sägeblätter erhoben sich wie Mahnmale aus den Ruinen.
    »Was denn?«, fragte Cassidy.
    »Hier hat Cole angeblich die Bewohner von Black Forrest getroffen.«
    »Hier leben Menschen!?«, wunderte sich Caiden und steckte dazu seinen Kopf durch das Turmluk.
    »Mh-hm«, nickte Angel. »Nachdem Dog ihn aus den Vultures verbannt hatte, musste er Black Forrest durchqueren, um unser Territorium zu verlassen, bevor ihn seine Späher einholen würden.«
    »Wieso hat Dog ihn eigentlich rausgeworfen?«, fragte Caiden.
    »Das ist eine lange Geschichte«, wiegelte Angel ab. »Viel wichtiger ist, dass er mit gebrochenen Beinen und leerem Tank unterwegs war. Angeblich haben ihn die Menschen von hier wieder gesund gepflegt und vor den Vultures geschützt, bis er seinen Weg fortsetzen konnte.«
    »Dann scheinen die doch ganz nett zu sein«, sagte Caiden und entspannte sich etwas am Dachgeschütz.
    »Mh-hm«, bestätigte Angel seine Einschätzung und schwieg, bis Cassidy sich von der Rückbank nach vorn lehnte und ihr Bruder ebenso neugierig durch das Dach blickte. »Naja ... die wollten von ihm eine gewisse ... Bezahlung. Nur sind die Bewohner von Black Forrest Überlebende des großen Feuers, das diese Gegend zerstört hat.«
    »Wie haben die das geschafft?«, wunderte sich Cassidy.
    »Vielleicht gibt‘s hier alte Bunkeranlagen«, vermutete Caiden.
    »Niemand weiß, wie sie überlebt haben. Darüber sprechen sie nicht. Aber man erkennt sie sofort, denn sie sehen aus ...« Angel holte so tief Luft, wie es ihre gereizten Lungen gestatteten, und zeigte aus dem Fenster. »... wie der Wald selbst. Schwarze, verkohlte Haut und aschfarbenes Haar. Ihre Kleidung hat sich in ihr Fleisch gebrannt, so dass sie sie seit Jahrzehnten nicht ablegen konnten. Wer sie einmal gesehen hat, beschreibt sie als bis zur Unkenntlichkeit entstellte Kreaturen. Als Monster, wie sie nur aus einem grausamen Märchen stammen können. Darum waren sie mindestens ebenso froh, dass Cole sich in ihrem Wald verirrt hatte, wie er, dass ihm jemand half. Um seine Schuld zu begleichen, musste er ...« Angel unterbrach ihre Erzählung abermals und schluckte schwer, als würde sie es kaum übers Herz bringen, Coles dunkelstes Geheimnis auszuplaudern. »Musste er mit jeder ihrer hässlichen Frauen ein Kind zeugen, damit ihre zukünftige Generation ein besseres Leben außerhalb dieses unheimlichen Massengrabs führen könnte.«
    Weder Cassidy noch ihr Bruder gaben einen Laut von sich. Beide blickten fassungslos auf die missgebildeten Bäume am Wegesrand und versuchten sich auszumalen, wie die Bewohner von Black Forrest aussahen. Als sie ihre Gedanken weitertrugen und sie schon fast bei

Weitere Kostenlose Bücher