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Revelations

Revelations

Titel: Revelations Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Fischer
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weniger massiv als die üblichen Schotts und dementsprechend auch nicht schallisoliert. Angel wurde von Leon eskortiert, der Jiao unmissverständlich zu verstehen gab, dass er sich nicht um diesen Befehl gerissen hatte.
    »Yuen will dich sehen«, brummte Angel frustriert.
    »Sorry«, murmelte Jiao etwas verlegen. »Er ist kein Freund von Veränderungen.«
    Angel nickte ihr schulterzuckend zu und ließ sie vorbei. Kurz darauf schlossen sich die Doppeltüren hinter Jiao. Leon schlug den beiden vor, im Aufenthaltsraum der Wohnsektion auf ihre Rückkehr zu warten. Gleichzeitig bat er sie, die Lounge nicht zu verlassen, und bot ihnen im Gegenzug an, sie nicht auf Schritt und Tritt zu begleiten, nachdem er sie dorthin eskortiert hätte. Angel stimmte den Bedingungen zu und spazierte mit Cassidy aus der Kommandozentrale heraus, zurück durch die unheimlichen Tunnel bis zum Erholungsbereich oberhalb der Küche und dem Speisesaal.
    Das Aquarium reichte tatsächlich über beide Stockwerke hinauf bis zur Decke. Die Außenschotten waren inzwischen geöffnet worden und das Licht des hellblauen Himmels strahlte durch die massiven Fenster, die vermutlich sogar Gewehrkugeln aufhalten konnten. Als sich Angel und Cassidy neugierig den scheuen Fischen näherten, überraschte sie plötzlich eine weibliche Stimme von der Sitzbank gegenüber des Aquariums, der sie offenbar die Sonne gestohlen hatten.
    »Na, hat euch der Alte rausgeworfen?«, fragte die Frau beim Aufstehen und schüttelte den beiden die Hände. »Ich bin Doktor Webb, die wahrscheinlich einzige Ärztin im Umkreis von zehntausend Kilometern!«
    Cassidy erinnerte sich an ihre tiefe Stimme unter dem Mundschutz und dem himmelblau schimmernden, rechten Auge. Die hochgewachsene Frau schien ihren Titel mit großem Stolz zu tragen, was Angel dazu verleitete ihr zu entgegnen, dass sie bis vor kurzem einen äußerst fähigen Chirurgen namens Steven gekannt hatte.
    »Oh ja, ich hab gehört, wie euch die Sicarii direkt in unsere Arme getrieben haben«, pflichtete ihr Dr. Webb bei und biss von einem Schokomuffin ab. »Verdammte Bastarde. Wenn ihr mich fragt, hätten wir denen schon vor Jahren Manieren beibringen sollen!«, nuschelte sie mit halbvollem Mund.
    »Was ist mit Sharon und ihrem Baby?«, wollte Angel wissen.
    »Oh ja, eine schlimme Sache das«, begann die Ärztin zu erzählen, legte ihren Muffin beiseite und steckte sich ihre blonden Haare hoch. »Die verdammte Strahlung hat dem Kind keine Chance gelassen. Ich musste den Embryo entfernen, um eure Freundin zu retten. Ihre Schussverletzung war weitaus schwieriger zu behandeln. Eine Weile stand es wirklich auf Messers Schneide, aber dank der Blutspende deiner jungen Kameradin hier wird sie es überleben.«
    »Und dann werdet ihr sie zum zweiten Mal in die Wüste schicken?«, fragte Angel vorwurfsvoll, was von der respektgewohnten Doktorin mit einem Naserümpfen gewürdigt wurde.
    »Jetzt hör mir mal zu, Fräulein!«, begann sie mit ausgestrecktem Zeigefinger. »Ich habe ihr das Leben gerettet und mich dafür eingesetzt, dass sie wenigstens einen verdammten Monat von mir versorgt wird! Hüte also besser deine Zunge, wenn du mit mir sprichst!«
    So hatte noch nie jemand mit der autoritären Kommandeurin geredet und Cassidy wäre um ein Haar schlichtend eingeschritten; aus Rücksicht auf die ältere Dame. Auch Leon kam sofort herbeigeeilt, um eine eventuelle Eskalation zu verhindern. Stattdessen überraschte Angel sie beide mit einer für ihre Verhältnisse demütigen Entschuldigung und bat offen um Verzeihung für die unbedachten Äußerungen.
    »Schon gut«, beschwichtigte Dr. Webb gönnerhaft und klopfte Leon dabei beruhigend auf die Schulter. »Ich verstehe ja, dass ihr von da draußen rohere Umgangsformen gewohnt seid.«
    Die ganze Zeit hatte Cassidy ihren Blick nicht von Dr. Webbs ungewöhnlichem Auge nehmen können, was von der Ärztin freilich nicht unbemerkt geblieben war.
    »Na?«, neckte sie Cassidy. »Es ist das Auge, oder?«
    Das Mädchen nickte beschämt. Krüppel mit verlorenen Gliedmaßen oder schweren Verbrennungen waren in der Endzeitwelt keine Seltenheit und eigentlich hatten ihr ihre Eltern beigebracht, sie nicht anzustarren. Dr. Webb schien es ihr jedoch nicht übel zu nehmen und fuhr mit stolzer Stimme fort.
    »Das ist ein chirurgisches Augenimplantat, mit dem ich so scharf wie ein Adler sehen kann!«, erklärte sie, holte gleichzeitig ein biegsames Metallstäbchen hervor und zeigte auf den runden,

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