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Revelations

Revelations

Titel: Revelations Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Fischer
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Schutz hinter dem Bett. Plötzlich bewegte sich die Liege jedoch wie von Geisterhand, wurde mechanisch surrend in die Wand gesogen und raubte dem erschrockenen Mädchen ihre Deckung. Barfuß tapste sie zu dem weißen Ledersofa und kauerte sich daneben zusammen.
    »Ich wollte dich nicht erschrecken«, entschuldigte sich die ungewöhnlich klingende Stimme, als käme sie aus einem Funkgerät.
    »Wo bist du?«, fragte Cassidy verunsichert und lugte vorsichtig hinter der Couch hervor.
    »Diese Information ist für dich nicht zugänglich«, hallte es aus den Lautsprechern.
    Cassidy verstand kein Wort. Dann aber entdeckte sie das hellgraue Gesicht auf dem Bildschirm. Es wirkte wie das einer Frau, jedoch völlig künstlich und nicht wie die Übertragungen der Kameras aus der verfluchten Militärbasis. Sie schien weder einen Körper noch Haare zu besitzen, dafür hellblau leuchtende Pupillen ohne Iris, die eher an Leuchtdioden als an menschliche Augen erinnerten.
    »Wer bist du?«, fragte Cassidy verdutzt und traute sich dabei ein Stückchen hinter dem Sofa hervor.
    »Ich bin die künstliche Intelligenz der Ian-Hawk-Biosphäre«, antwortete das Gesicht. »Mein Name ist Amy.«
    »Und wo bin ich?«
    »Du befindest dich im Quartier von Zhang Jiao, Sektion A, Ebene zwei. Sie hat dich nach deiner Bluttransfusion hierherbringen lassen, damit du dich außerhalb des Quarantäneblocks erholen kannst.«
    »Wie geht es Sharon? Hat sie es geschafft?«
    Das Gesicht erstarrte für einen Moment, die hellblauen Augen begannen unregelmäßig zu blinken und im Hintergrund liefen hunderte Zeilen unidentifizierbarer Datensätze über den Bildschirm.
    »Die Vitalzeichen der Patientin liegen innerhalb normaler Parameter. Doktor Karen Webb hat die Schusswunde geschlossen. Das Projektil, ihr linker Lungenflügel und der tote Embryo wurden entfernt. Die letale Dosis der Verstrahlung wurde nicht erreicht. Ihre Prognose ist positiv. Genesungszeit ein bis drei Monate.«
    In diesem Augenblick öffnete sich die Zimmertür und verschwand mit einem dumpfen, metallischen Aufprall in der Wand. Inzwischen erschrak Cassidy nicht mehr bei jedem unbekannten Geräusch, sondern starrte neugierig in den vergleichsweise dunklen Korridor mit seinen unverkleideten Rohren und kalten Metallgitterböden. Sie fühlte sich wie Alice im Wunderland. Fliegende Schlachtrösser, aus denen ohrenbetäubende Geschütze feuerten, Betten, die von den Wänden verschluckt wurden, Computerbildschirme, die mit ihr sprachen. Als sie gerade den Kopf in den Flur stecken wollte, erschien die asiatische Pilotin in der Tür und wäre beinahe mit ihr zusammengestoßen.
    »Entschuldigung!«, rief Jiao ihr amüsiert entgegen. »Amy hat mir gesagt, dass du aufgewacht bist. Wie geht's dir?«
    »Ihre Vitalzeichen liegen innerhalb normaler Parameter«, antwortete die Computerstimme.
    »Danke!«, erwiderte Jiao und rollte mit ihren Augen in Richtung Monitor. »Aber dich hab ich nicht gefragt!«
    Das Gesicht auf dem Bildschirm zog die Mundwinkel nach unten, drehte sich beschämt aus dem Blickfeld und schaltete sich anschließend selbst ab.
    »Amy ... so hab ich das nicht gemeint!«, fügte Jiao hinzu, doch das Display blieb schwarz.
    Cassidy sah den beiden verständnislos zu. Unterhalb der verfluchten Militärbasis hatte sie bereits mit einem Computer Bekanntschaft geschlossen und wusste aus Gesprächen mit ihren Kameraden, wofür die Hightech-Maschinen vor dem globalen Zusammenbruch genutzt worden waren. Sie hatte jedoch noch nie von künstlichen Intelligenzen gehört, ganz zu schweigen davon, dass man sie beleidigen konnte.
    »Jetzt wird sie wieder eine Fehlfunktion meines Kühlschranks simulieren«, grummelte Jiao frustriert und wendete sich anschließend ihrem Gast zu. »Karen meinte, du wärst ziemlich unterernährt. Nach der Blutsaugerei musst du unbedingt etwas essen. Auf der Couch liegen neue Klamotten für dich. Zieh sie an und lass uns gehen!«
    Über den Flur verteilt lagen beidseitig zwölf Schotten zu weiteren Quartieren, getrennt durch den drei Meter breiten Korridor aus Metallgittern. Auf jeder Seite des langgezogenen Komplexes befand sich ein kreisrunder Zylinder, der Cassidy an die langen Stelzen erinnerte, die, von außen betrachtet, die gesamte Anlage aufgespießt hatten. In der Mitte führte eine Gittertreppe mit knallrot gestrichenem Geländer hinunter zur ersten Ebene. Zwei Arbeiter in blauen Overalls waren mit Schweißarbeiten an einem Verbindungsstück beschäftigt. Jiao warnte

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