Revelations
bringen.
»Das sind wahrscheinlich entflohene Häftlinge oder Sklaven. Die greifen uns genauso wie die Sicarii an«, erklärte Jiao. »Allein würde ich einen großen Bogen um sie machen; dafür ist die Luftüberwachung da. Aber wenn ihr wollt, können wir dem Konvoi helfen. Vielleicht beantworten die euch anschließend ein paar Fragen.«
»Wir sollen den Bastarden helfen!?«, rief Dog erzürnt.
»Das sind keine Soldaten«, versuchte Jiao ihn zu beschwichtigen. »Nicht alle eroberten Landstriche werden so verwüstet wie eure Siedlungen. Viele ergeben sich, lange bevor es zu einem Vernichtungskrieg kommt, und versuchen, sich danach so gut es geht zu integrieren.«
»Die könnten also selbst von den Sicarii unterworfen worden sein?«, fragte Cassidy. Angel vermochte bereits deutlich das Mitleid für die vollkommen unterlegenen Händler in ihrer Stimme zu hören.
»Vermutlich«, antwortete Jiao nickend. »Wir sind hier nicht im Heimatgebiet des Imperiums. Das liegt viel weiter im Westen.«
»Dann helfen wir ihnen«, entschied Angel. »Aber ich will beide Seiten befragen können. Also schießt nur, wenn die uns keine Wahl lassen!«
Dog glaubte noch immer nicht, dass er plötzlich seine Feinde verteidigen sollte, allerdings vertraute er dem Urteilsvermögen seiner Gefährtin mehr als seinem eigenen Stolz. Cassidy starrte in einer Mischung aus morbider Faszination und Anspannung über den bevorstehenden Kampf auf den Bildschirm, während sie blind ihr Sturmgewehr entsicherte und den Sicherheitsgurt löste. Jiao zeigte sich angenehm überrascht von Angels Pragmatismus, von der sie eigentlich erwartet hatte, dass sie ihrem fanatischen Hass auf die Zerstörer ihrer Heimat nachgeben würde. Sie ließ den Motor aufheulen und jagte den dreieinhalb Tonnen schweren Geländewagen die Hügelkette hinauf.
Es dauerte nur ein paar Minuten, bis sie die Schreie und Schüsse des Kampfgetümmels vernahmen und kurz darauf von einer Anhöhe auf das Gefecht hinabstürzten. Angel hatte die Landschaft die ganze Zeit mit einem mulmigen Gefühl betrachtet. Die Position war für einen Hinterhalt geradezu prädestiniert. Hohe Gesteinsformationen, enge Straßenverhältnisse mit vielen Winkeln und dutzende Autowracks hinter denen Angreifer ihrer Beute auflauern konnten. Allein wäre sie niemandem derart blind zu Hilfe geeilt und sie hoffte inständig, dass die Luftüberwachung keinen Heckenschützen übersehen hatte.
Der riesige Geländewagen sorgte bereits mit seinem einschüchternden Auftritt für eine kurze Unterbrechung des Kampfes. Banditen und Händler renkten sich gleichermaßen die Köpfe aus, als der schwarze Straßenkreuzer mit einer gewaltigen Staubwolke im Schlepptau hupend und mit blitzenden Scheinwerfern die Straße hinunterpreschte. Die Sicarii erlangten als erste die Fassung zurück und nutzten die Feuerpause, um ihre Waffen nachzuladen.
Jiao kam hinter dem wahllos zusammengewürfelten Konvoi zum Stehen und schloss damit die Flanke, auf die sich die Angreifer zuvor eingeschossen hatten. Nachdem ihre Kugeln nahezu wirkungslos an dem Neuankömmling abprallten und die Händler nicht länger feuerten, stürmten die Banditen kurzerhand mit ihren Baseballschlägern und Brechstangen auf die durchlöcherten Fahrzeuge zu. Angel stieg auf der dem Konvoi zugeneigten Seite aus, beorderte Cassidy als Feuerschutz zu den Sicarii und ließ ihren silbergrauen Kampfstab auf seine volle Länge herausschnellen. Mit einem großen Satz sprang sie über die Motorhaube, erwischte dabei den ersten Angreifer mit den Füßen und einen zweiten mit einer Stabdrehung.
Dog saß auf der gefährlicheren Fahrerseite des Geländewagens, doch das störte ihn nicht im geringsten. Er wartete, bis der erste Wegelagerer an seiner Tür zerrte, und stieß sie mit voller Wucht auf, was den ausgemergelten Mann für einen Moment ins Land der Träume schickte. Der Hüne schnappte sich sofort den nächsten, der mit einer Brechstange auf ihn einzuschlagen versuchte, da knallte es hinter ihm. Der Angreifer heulte getroffen auf und stürzte röchelnd zu Boden. Die Sicarii hatten ihre Jagdflinten neu geladen und nahmen die Banditen im Schutz der Neuankömmlinge wieder aufs Korn. Bevor Dog sich über den gefährlich nah an seiner Hüfte vorbeigerauschten Schuss beschweren konnte, musste er sich schon gegen das erwachte Türopfer wehren, der ihm beinahe ein Messer in die Wade gerammt hätte. Wütend schlug ihm der Hüne die Klinge aus der Hand und schleuderte ihn kurzerhand
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