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Revelations

Revelations

Titel: Revelations Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Fischer
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gewesen und wurden nun mit drastisch reduzierten Ressourcen weiterentwickelt. Zuchtprogramme wie das riesige Aquarium erfreuten sich ebenfalls großer Beliebtheit, aber auch unterschiedlichste Obst- und Gemüsesorten gediehen von Jahr zu Jahr besser in den hermetisch abgeriegelten Biosphärensegmenten. Ganz zu Schweigen vom Kaffeeanbau, der oberste Priorität genoss. Die Bewohner stellten sogar wieder hochentwickelte Medikamente her, die bei den Sicarii als nahezu unbezahlbare Handelsware galten.
    Des Weiteren versuchten die Akademiker, möglichst viel von ihrem Wissen an ihre Nachkommen weiterzugeben. Auf den Gängen der Biosphäre tummelte sich eine komplette Schulklasse von Kindern, die meisten davon bereits in der dritten Generation seit dem globalen Zusammenbruch. Besonders die jüngeren zeigten großes Interesse an den Neuankömmlingen, da sie die Basis so gut wie nie verlassen durften. Sie wurden jedoch von ihren Eltern dazu angehalten, keinen Kontakt mit Angels Team aufzubauen.
     
    ***
     
Cassidy ließ sich nach dem gemeinsamen Mittagessen von Jiao durch die Biosphäre führen. Mit Ausnahme der McKnight Air Force Base war der Komplex die einzige Hightech-Konstruktion der alten Welt, die sie je zu Gesicht bekommen hatte. Schon ein funktionierender Fahrstuhl faszinierte sie mindestens ebenso, wie der funkenschlagende Zauberkasten namens Mikrowelle, dessen Funktionsweise ihr Jiao nun endlich erklärte.
    In Begleitung durfte Cassidy sogar einige der abgesperrten Bereiche der Biosphäre betreten. Voller Stolz zeigte Jiao ihr eines der Gewächshäuser am nördlichen Ende der Anlage, in dem Gemüsesorten wie Gurken oder Paprikas von künstlichen UV-Lampen bestrahlt und computergesteuerten Bewässerungsanlagen versorgt wurden. Eine komplette Halle mit achtstöckigen Pflanzenkästen galt allein dem Kaffeeanbau.
    Neben den Gewächshäusern zeigte sie Cassidy auch den Zoo, wie Jiao das Segment zur Nutztierhaltung nannte. Zweihundertfünfzig Hühner teilten sich das dreißig Meter lange und fünfzehn Meter breite Modul mit einer Handvoll Ziegen. Den Hühnern standen dabei drei abgedunkelte Ställe mit genügend Schlafstangen und Nestplätzen zur Verfügung, in denen sie laut Jiao mit großer Regelmäßigkeit Eier legten. Vom Auskehren und Säubern abgesehen, kümmerte sich Amy den ganzen Tag lang um die Tiere. Die Hühner beschäftigte sie, indem sie kleine Früchte über eine Rüttelanlage in kniehohen Heuhaufen versteckte oder einen Kopfsalat von der Decke hängen ließ, zu dem die Tiere hochsprangen, um Stücke herauszureißen. Hin und wieder hielt sie den Hühnern auch einen Spiegel vor die Nase, mit dem sie sich stundenlang auseinandersetzen konnten.
    Die Ziegen durften sich an einer Striegelstation nach Belieben verwöhnen lassen, die wie eine Miniaturautowaschanlage aussah. Zusätzlich hatten fleißige Arbeiter ein halbes Dutzend alter Betonrohre und Kabeltrommeln aus Holz mit Durchmessern von bis zu drei Metern ausfindig gemacht und im Ziegengehege zu einem Spielplatz zusammengebaut. Es gab sogar eine vier Meter lange Rutsche, die in einem sicheren Heuhaufen endete und besonders von den Zicklein gern genutzt wurde.
    Über das Belüftungssystem und die automatischen Fensterschotten hatten die Tiere immer frische Luft und einen geregelten Tagesablauf. Zwei große Heizstrahler sorgten für warme Plätze zum Sonnen und Ausruhen. Bei Streitigkeiten oder Verletzungen konnte Amy sofort einschreiten und das in Bedrängnis geratene Tier mit ihren Greifarmen in Sicherheit bringen, bis die alarmierten Tierpfleger zur Stelle waren. Generell schien sich die künstliche Intelligenz äußerst liebevoll um das Vieh zu kümmern. Jiao war überzeugt, dass sie nicht nur aufgrund ihrer Programmierung, sondern auch aus eigenem Antrieb mit den Tieren spielte. Manchmal redete sie sogar mit ihnen, schimpfte mit störrischen Ziegenböcken oder zu raffgierigen Hühnern, die ihren Artgenossen nichts abgeben wollten.
    Zu Beginn sahen die Bewohner das Vieh lediglich als nützliche Nahrungslieferanten an und behandelten sie entsprechend. An den Wänden stapelten sich noch immer ein paar alte Geflügelkäfige, in denen die Hühner kaum Bewegungsspielraum hatten. Mit Schaudern erinnerte sich Jiao an ihre Kindheit zurück, in der sie ihren Vater anbetteln musste, den Tieren ein komplettes Modul zur Verfügung zu stellen. Heutzutage erachteten es selbst die konservativsten Wissenschaftler als völlig selbstverständlich, dass auch kurzlebige

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