Revelations
Berichten von Steven, hatte die gebrochenen Rippen jedoch bisher nie selbst zu Gesicht bekommen. Entsprechend neugierig starrte er auf die Projektionswand. Dr. Webb hätte aber vermutlich auch einen geröntgten Affen aufhängen können, ohne dass ihm der Unterschied aufgefallen wäre.
»Kann man da noch was machen?«
Die blonde Ärztin, die ihn immerhin um einen halben Kopf überragte, wippte mit ihrem hochgesteckten Haar hin und her, als würde sie das Für und Wider gegeneinander abwägen. Sie blickte Jurij fragend an, der nach kurzer Überlegung etwas zurückhaltend nickte.
»Jein«, sagte sie behutsam und zeigte auf die Bruchstellen. »Wir müssten deinen Brustkorb öffnen, diese drei Rippen erneut brechen oder zersägen, das Knorpelgewebe entfernen und sie anschließend mit einem Gitternetz aus Knochengranulat fixieren, um sie sauber zusammenwachsen zu lassen.«
Cole stockte der Atem. Bei ihren Worten lief er kreidebleich an, was Dr. Webb und ihren Assistenten zu einem süffisanten Schmunzeln verleitete.
»Das machen wir natürlich alles unter Vollnarkose.«
Als sich sein schockierter Gesichtsausdruck noch immer nicht veränderte, ergänzte Jurij mit seinem russischen Akzent, »Du wirst dabei schlafen!«
»Und ... wie lange dauert das?«
»Na so vier bis sechs Stunden«, spekulierte die Ärztin.
Nun entspannte sich Cole zum ersten Mal und verschränkte die Arme vor seinem geschundenen Oberkörper.
»Ihr könnt das so schnell zusammenwachsen lassen?«, fragte er beeindruckt. Als Jugendlicher war er monatelang mit großen Schmerzen durch die Abwasserkanäle seiner alten Stadt gekrochen, bis er endlich wieder aufrecht zu stehen vermochte. Er hatte von den Wundern moderner Medizin gehört und würde den beiden die Behauptung wohl ohne weiteres abnehmen, wenn Dr. Webb nicht im selben Moment die Tränen vor Mitleid über den unwissenden Barbaren gekommen wären.
»Ich hab natürlich nur von der Operation geredet!«, erklärte sie. »Anschließend wirst du dich gut einen Monat neben eure Freundin legen und kaum bewegen dürfen.«
»Einen Monat!«, platzte es aus Cole heraus. »Völlig unmöglich!«
»Ich bin Ärztin«, erwiderte Dr. Webb mit resigniert verschränkten Armen. »Ich sage meinen Patienten nur, wie es um sie steht. Was sie daraus machen, liegt bei ihnen selbst.«
Cole griff nach seiner Uniform und war schon in Begriff, die Krankenstation wieder zu verlassen, da rief ihn Dr. Webb zurück, öffnete ihren Arzneisafe und holte einen himmelblauen Inhalator hervor.
»Bei Atemnot am Mund ansetzen, tief einatmen und dabei drücken. Dann kriegst du wieder Luft.«
Cole sah das unbekannte Geschenk argwöhnisch an und probierte es zur Sicherheit auf der Stelle aus.
»Da sind nur hundert Ladungen drin!«, tadelte ihn die Ärztin mit erhobenem Zeigefinger. »Und hör auf zu rauchen! Das macht die Sache nur noch schlimmer!«
Anschließend scheuchte sie ihn aus ihrer Krankenstation und ließ von Jurij nacheinander die anderen Teammitglieder holen, denen sie eine hervorragende Gesundheit bestätigte, abgesehen von unzähligen Blessuren und leichten Fällen von Unterernährung. Nach einer genaueren Begutachtung von längst verheilten Schusswunden räumte sie ein, dass Dr. Steven trotz seines barbarischen Lebensstils ein erstklassiger Chirurg gewesen sein musste, was laut Jiao einer kleinen Erschütterung von Dr. Webbs Weltbild gleichkam. Kim gab im Laufe ihrer Behandlung jedoch zu, dass Steven oft an den unsterilen Operationsmethoden verzweifelt war, aufgrund derer er häufiger Patienten verloren hatte, als durch die eigentlichen Verletzungen.
Nach dem Ende der Untersuchungen wich Cole den ganzen Tag kaum von Sharons Seite. In den Bergen waren die beiden zu mehr als Freunden geworden, doch mit seinen Aufklärungsmissionen und ihrem Gesundheitszustand hatten sie nie lange Zeit für sich allein gefunden. Nun sah er es als seine Pflicht an, der noch zerbrechlicher als zuvor wirkenden Rangerin beizustehen. Auch Jiao gesellte sich zu Sharon, wann immer Cole eine Pause einlegte. Sobald er jedoch zurückkehrte, verließ sie die Krankenstation wieder.
***
Angel entschied sich, den Nachmittag im Erholungsraum zu verbringen. Sie zweifelte sehr daran, dass sie am nächsten Tag einfach so in die sicariianische Provinz fahren konnten und Auskunft erhalten würden. Nach der anstrengenden Gebirgsüberquerung wollte sie sich daher zumindest einen Tag der Ruhe gönnen.
Zu ihrer freudigen Überraschung teilte
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