Revelations
Tage machen sollte. Angel hatte ihr gegenüber einen Plan angedeutet, war aber nicht ins Detail gegangen.
»Willst du ein Spiel spielen?«, hallte plötzlich Amys Stimme durch den leeren Raum, so dass Kim vor Schreck zusammenzuckte.
»Ich ... eigentlich ...«
Ihr fehlten die Worte. Sie war mit ihren Gedanken bei Johnny gewesen und es nicht gewohnt, ohne Vorwarnung, wie etwa einer sich öffnenden Tür, angesprochen zu werden.
»Ich habe gehört, dass ihr gerne Karten spielt!«, flötete Amys Stimme fröhlich aus den Lautsprechern. Auf dem Bildschirm des Schreibtischs erschienen Spielkarten, die von ihr gemischt und verteilt wurden. »Du fängst an!«
Nun packte Kim die Neugierde. Sie rappelte sich vom Bett auf und setzte sich auf den Bürostuhl, um das Bild besser erkennen zu können. Es war nicht ihre erste Begegnung mit Computern, daher verstand sie schnell, wie sie die Karten mit ihrem Finger auf dem Bildschirm bewegen musste. Nach ein paar Minuten hatte sie das gesamte System begriffen und verlor kurz darauf vollkommen ihr Zeitgefühl. Amy schien sie anfangs bewusst gewinnen zu lassen und steigerte mit der Zeit den Schwierigkeitsgrad, bis Kim sich nur noch auf ihre Karten konzentrieren konnte und dabei Johnny und ihre Probleme für eine Weile vergaß.
***
Faith hockte unterdessen stundenlang unbemerkt im Schatten einer der gewaltigen Säulen und musterte die vorbeigehenden Biosphärenbewohner. Sie konnte niemanden entdecken, der Scarlet auch nur annähernd ähnelte. Gemeinsam mit Caiden berichtete sie seiner Schwester am späten Nachmittag von ihrer Vermutung, dass Jade sie aufgrund ihrer für tot erklärten Meisterin hierher entsandt hatte.
Gleichzeitig bestätigte sie Jiaos Erzählungen von den Handelsinteressen der Sicarii, warnte sie aber im selben Atemzug davor, aufzufallen. Der Versuch, aus Mitleid einen Sklaven zu befreien, dürfte ungeahnte Folgen nach sich ziehen, ebenso wie fehlender Respekt gegenüber dem Imperium. Jades Amulett könnte ihnen zwar aus vielen bedrohlichen Situationen heraushelfen, würde jedoch von den Bacchae nicht unbemerkt bleiben. Außerdem war es Cassidy nach wie vor unmöglich, Angel davon zu erzählen, ohne ihre Quelle preiszugeben.
Caiden und Faith gingen den Biosphärenbewohnern so gut wie möglich aus dem Weg. Sie nahmen die Treppe, anstatt den Fahrstuhl zu blockieren, setzten sich im Speisesaal ganz nah an die Tür, um die guten Plätze am Aquarium freizulassen, und beschäftigten sich lediglich mit Büchern aus der für sie freigegebenen Bibliothek. Niemand sollte Notiz von der Bacchae nehmen. Im Gegenzug versprach Cassidy, in Arnac für Faith Augen und Ohren offenzuhalten.
***
Dog entdeckte während seiner eigenen Erkundungstour den Trainingsraum, wo er Leon zu einem Boxkampf herausforderte. Sergej diente ihnen als Schiedsrichter über satte zwölf Runden. Dabei genügte es Dog nicht, den zehn Jahre jüngeren Soldaten mehr als einmal beinahe auf die Bretter zu schicken. Wann immer eine Runde beendet war, warf er Leon vor, dass ihn das Leben in der vollklimatisierten Biosphäre schwachgemacht hätte und er ohnehin nicht gegen einen abgehärteten Barbaren wie ihn gewinnen könnte.
Am Ende gewann Dog nach Punkten, hätte aber auch keine weitere Runde durchgehalten. Das hinderte ihn natürlich nicht daran, den restlichen Tag lang mit seinem Sieg zu prahlen.
***
Dr. Webbs Angebot des medizinischen Check-ups wurde von allen Teammitgliedern außer Faith genutzt, die um ihr verräterisches Tattoo auf dem Rücken fürchtete. Kims Schrapnellsplitterwunde hatte sich entzündet, weil sie während der anstrengenden Bergtour immer wieder aufgerissen war. Butch erhielt so viele Schmerzmittel, dass er das zusammengenähte Loch in seiner Hand kaum noch spürte.
Cole lehnte die Untersuchung zunächst ab, da er seine Rippenbrüche als persönliche Schwäche betrachtete, die er nur ungern mit anderen teilte. Nur Steven aus Silver Valley hatte ihn bisher genauer untersuchen dürfen, da er sich auch nach dem Zusammenbruch des Gesundheitssystems noch an die ärztliche Schweigepflicht gebunden fühlte. Als Dr. Webb davon erfuhr, versicherte sie ihm, dass sie und Jurij denselben Eid geleistet hatten. Daraufhin willigte Cole ein und ließ sich zum ersten Mal in seinem Leben röntgen.
»Meine Güte«, hauchte die Ärztin beim Betrachten der Bilder. »Wie lange ist das denn her?«
»Achtzehn Jahre«, antwortete Cole brummig. Er kannte sein Handicap aus den
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