Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Revierkönige (German Edition)

Revierkönige (German Edition)

Titel: Revierkönige (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniela Gerlach
Vom Netzwerk:
zweit anders inszenieren. Sie verbrachten nur die Wochenenden zusammen. Am Samstagabend gingen sie aus, darauf bestand Olaf, da konnte Vera noch so ein Gesicht ziehen. Er machte die ganze Woche diese stupide Arbeit, das brachte ihn so schlecht drauf, dass er androhte, bald depressiv zu werden, wenn er nichts anderes fand oder wenn er sich nicht wenigstens am Samstag mal einen saufen dürfte.
    Dann fuhr Vera an einem Wochenende nach Innsbruck, um einem Kollegen zu assistieren. Sie brauche das Geld, sagte sie, denn die Auftragslage sah wieder mal mies aus. Zudem stand die einzige höhere Rechnung, mit deren Begleichung sie den Monat hätte bestreiten können, aus. Ein Schmuckdesigner, netter väterlicher Typ, zahlte einfach nicht, ließ sich seit zwei Wochen am Telefon verleugnen. So war das mit den netten, väterlichen Typen, die schien sie förmlich anzuziehen. Ihren eigenen Vater hätte sie übrigens nie um Hilfe gebeten, der hätte ihr sowieso nur gesagt, was sie falsch machte, wie man sein musste und wie oder was sie nicht war.
    Als Vera aus Innsbruck zurückkam, ging es ihr sichtlich besser. Er wunderte sich dann sehr, als Vera während des gemeinsamen Abendessens in dem kleinen türkischen Lokal, das kürzlich eröffnet hatte, so viel redete. Sie lief wie eine LP auf 45 Umdrehungen. Sie hatte rote Bäckchen und aß mit sichtlichem Appetit, auch auf 45 Umdrehungen. Sie quasselte, während ihr die Yoghurtsauce am Kinn runterlief. Sie fraß und soff Rotwein in großen Schlucken und hinterher küsste sie ihn beherzt und feucht. Er fragte sich, ob er sich darüber freuen sollte oder ob ihm dieser scharfe Knoblauch-Weinatem nicht doch zu viel war. Dann sahen sie sich die ganze Woche nicht, auch nicht am Wochenende. Vera musste arbeiten, zwei neue Aufträge, ziemlich aufwendig und ziemlich eilig. Jetzt sah man sich nicht mal am Wochenende. Sie wollte auch nicht, dass er abends vorbeikam. Was sollte er denn die ganze Zeit machen?, vier Tage in dem Scheißversand schuften, sich mit diesen Tölpeln abgeben, die einen sowieso nicht akzeptierten, weil man ein „Preiß“ war und keine Leberkässemmeln mochte, und dann nicht mal am Wochenende seine Freundin sehen. Wenn er anrief, war sie kurz angebunden, sie wimmelte ihn ab. Er ließ sich aber nicht abwimmeln. Nach zwei Wochen suchte er sie in ihrem Studio auf.
    Zuerst hatte er sich im Proust ein paar Weißbier getrunken und überlegt, ob er da wirklich hingehen sollte, aber er ging. Als er die Eingangstür zu den Zeiner-Studios öffnete, hatte er bereits das Gefühl, Räumlichkeiten zu betreten, in denen er nichts zu suchen hatte.
    Sie arbeitete oben in Brunos Raum, Bruno war in Rom. Sie sah ihm entgegen. „Hallo. Du hättest vorher anrufen sollen. Ich hab jetzt gar nicht viel Zeit.“
    „Ja, ich weiß, schon seit zwei Wochen. Zwei Wochen, haste dir das mal klargemacht?“
    „Ich hab nun mal Stress im Moment, tut mir leid.“ Sie sagte das ruhig, gar nicht ärgerlich, mit einem Blick, der ihn nicht einschloss.
    „Ej, ich find das nich gut, was du machst. Du musst arbeiten, o.k, versteh ich alles, aber warum darf ich denn nicht mal kommen? Du bist doch abends zu Hause.“
    „Weil ich bis neun oder zehn arbeite. Wenn ich nach Hause komme, leg ich mich gleich ins Bett.“
    „Und was hättest du gemacht, wenn ich jetzt nich das Zimmer vom Ralf hätte?“
    Sie zuckte mit den Achseln. „Das weiß ich auch nicht. Aber momentan hast du das Zimmer ja noch.“
    Er wollte sie. So wie sie vorher war. Er wollte sie küssen und mit ihr schlafen, dann würde er ja wieder gehen, aber nur mal eine Nacht nebeneinander liegen, zusammen aufwachen. All diese ganz normalen Sachen, die man zusammen machte.
    „Kannste dich nich wenigstens eine Stunde freimachen? Können wir nich nur zusammen was trinken gehen?“
    „Ich glaub, du hast schon genug.“
    „Was soll das denn heißen?“
    Ohne zu antworten verstellte sie die Höhe des Stativs, auf dem ihre Kamera steckte. Er sah ihr zusammengezwirbeltes dunkles Haar im Nacken, ihre silbernen Ohrstecker, ihr altes graues T-Shirt, das ihr so gut stand, und ihre abgerissene, weite Jeans, die bei ihr lässig aussah. Diese Lässigkeit und ihre Hübschheit störten ihn auf einmal, sie machten ihn eifersüchtig. „Oder gibt es da was, was du mir vielleicht sagen möchtest?“
    „Hä?“
    „Vielleicht verbringste deine Abende lieber mit einem Kollegen von dir?“
    Sie drehte sich um, ohne die Hand von der Kamera zu nehmen. „Du bist der Letzte,

Weitere Kostenlose Bücher