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Revolution - Erzählungen

Revolution - Erzählungen

Titel: Revolution - Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Ejersbo
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der Straße begegne ich Faizal.
    »Wie geht es meiner Tochter?«, erkundigt er sich. Glaubt er, Halima sei seine Tochter, wenn er nicht für sie sorgen will?
    »Ich brauche Geld für Halima«, sage ich. Faizal macht ein überraschtes Gesicht.
    »Wie willst du an mein Portemonnaie kommen, wenn du aus meinem Haus läufst?«
    »Du hast mich geschlagen«, erwidere ich. Wir sehen uns nicht an.
    »Das war nicht so schlimm.«
    »Du hast mir kein Geld für Halimas Doktor gegeben.«
    »So krank war sie auch wieder nicht.«
    Tsk – ich vermisse dieses Gefühl, als wir uns kennenlernten, aber Faizal vermisse ich nicht.
    »Wiedersehen«, sage ich. Es überrascht ihn, dass ich ihn nicht auf Knien anbettele. Glaubt er, meine Frucht träumt nur von seiner Pumpe? Ich werde ohne ihn besser zurechtkommen.
    Als ich nach Hause komme, beschimpft mich die Tante.
    »Wenn der Mann wieder mit dir reden will, dann hast du freundlich zu sein. Wenn er dich wiederhaben will, ist das gut. Du musst demütig zu ihm gehen. Er kann die Scham abwaschen, mit der du die Familie überzogen hast.«
    Erst bin ich schlecht, weil ich den einen Weg eingeschlagen habe, und wenn ich nun den anderen Weg gehe, ist das auch falsch, nur auf andere Weise. Wie soll ich mich in diesem Wirrwarr zurechtfinden? So kann ich nicht leben, ich muss bei der Tante ausziehen.
    Anna erzählt, dass die Tante sie mit einem jungen Mann verheiraten möchte, der auch zur Kirche gehört.
    »Magst du ihn?«, frage ich sie.
    »Er hat eine gute Arbeit als Busfahrer.«
    »Aber ist er attraktiv?«
    » Tsk «, schnalzt Anna. »Faizal ist ein attraktiver Bursche, aber war er ein guter Mann?« Ich antworte nicht. »Ich will einfach weg aus Majengo und weg von meiner Mutter. Attraktiv ist mir egal, Hauptsache, er arbeitet und behandelt mich anständig.«
    »Ja«, sage ich.
    27.
    Als ich bei mama mtilie Feierabend habe, gehe ich auf die Rengua Road. Beim Kaufmann laufe ich über die Straße und setze mich auf eine Bank. Rogarth ist da. Er spendiert uns eine Limonade aus dem Kühlschrank auf dem Bürgersteig. Jetzt weiß ich auch, was er im Moshi Hotel gemacht hat: Er ist Laufbursche für bwana mkubwa , die ein Mädchen wollen, bei denen aber niemand sehen darf, dass sie sich Früchte kaufen. Rogarth ist nett, ich mag ihn. Gern würde ich mit ihm etwas Schlimmes anstellen, aber Rogarth hat kein Geld. Ich brauche einen Mann mit Geld, damit ich Halima wieder zu mir nehmen kann.
    Viele junge Mädchen arbeiten in Geschäften, Cafés und Bars oder lungern davor herum. Einige von ihnen brauchen nicht zu arbeiten, da ihre Eltern reich sind. Aber alle putzen sich jeden Tag heraus und warten auf einen wichtigen Mann, dem sie gefallen und der sie heiraten will. Im Dorf würden die Eltern ihn finden, aber die Stadt ist ein Dschungel. Ein Mann kann in den feinsten Kleidern und mit einer guten Uhr herumlaufen, und doch ist er eine arme Laus. Ich hab’s mit Faizal ausprobiert – ich glaube nicht mehr daran. Jetzt muss ich mir selbst helfen, allerdings ohne zu wissen, wie.
    Auf dem Heimweg gehe ich ins KNCU -Gebäude und melde mich zum Englischkurs, der jeden Nachmittag stattfindet. Ich müsste das Geld ins Dorf und zu Halima schicken, aber ich bezahle mit meinem ganzen heimlich Ersparten. Niemand weiß von dem Geld, weder Faizal noch die Stiefmutter, die Tante oder sonst jemand.
    Natürlich fragt die Tante: »Wie hast du das bezahlen können?«
    »Es ist umsonst – eine europäische Hilfsorganisation bezahlt die Kosten, damit junge Mädchen, die nicht lange zur Schule gehen konnten, mehr lernen.«
    »Oh, das ist gut«, meint die Tante. Aber es ist eine Lüge, und ich bin jetzt vollkommen mittellos.
    Wenige Tage später beginnt der Kurs. Es ist sehr schwer, aber auch interessant, wieder zur Schule zu gehen. Der Lehrer schreibt etwas auf die Tafel, und ich schreibe es sorgfältig in mein Heft ab; das Schreiben fällt mir schwer, aber der Lehrer lobt mich. Wir sprechen dem Lehrer die Worte im Chor nach, während er sie mit einem Stock auf der Tafel zeigt. Abends lese ich, bis mir die Augen schmerzen, und flüstere die merkwürdigen Laute vor mich hin, um sie mit meinem Mund richtig zu formen.
    28.
    Mir fehlt das Geld für Halima, das ich ins Dorf zu schicken versprochen habe. Es gibt keinen anderen Weg. Am Abend gehe ich zum Kiosk in Majengo und setze mich auf die Bank, um auf Salama zu warten – ich brauche eine Freundin auf der Welt. Und ich warte auch auf Alwyn. An diesem Tag kommen sie nicht.
    Am

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