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Revolution - Erzählungen

Revolution - Erzählungen

Titel: Revolution - Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Ejersbo
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schicken. Von dem Geld kann meine Tochter anständige Kleidung und Essen bekommen, damit sie stark wird. Mit bwana Mbuya habe ich eine Chance ergriffen. Möglicherweise wird sich diese Chance nun als schlecht erweisen. Ich muss abwarten.
    37.
    Der Strom ist ausgefallen. Ich sitze am Fenster und schaue in die Dunkelheit – die Scheinwerfer von ein paar Autos werfen ein kurzes Licht auf die Häuser und Menschen; Moshi ist zu einer Geisterstadt geworden. Ich vermisse Halima sehr. Ich versuche, eine Zigarette aus der Packung zu rauchen, die bwana Mbuya hat liegenlassen, aber sie schmeckt schlecht. Alles ist schlecht.
    Warum will dieser Mann mit mir zusammen sein? Es ist seltsam. Doch so seltsam auch wieder nicht, ich weiß es ja. Ich bin gut in diesem Job, weil ich nicht so schlechte Manieren habe wie eine malaya oder ein Barmädchen aus Majengo. Der Mann sieht in mir das nette Mädchen vom Dorf. Natürlich und erotisch, hilfsbereit, kein dreckiges Mundwerk. Ich lasse meinen bwana mkubwa vergessen, dass er bezahlt. Mbuya versteckt mich und redet sich ein, dass er sich meiner annimmt, weil er ein guter Mann ist – ich bin unschuldig und naiv und brauche seine Hilfe.
    Als wir im Mount Meru Hotel in Arusha waren, hat Mbuya den Leuten gesagt, ich sei seine Sekretärin. Damals verstand ich nicht, dass alle wissen, was das bedeutet: ein Stück Fleisch für den Mann, mit dem er spielen kann, bis er sich langweilt und etwas Neues findet.
    Nie wirst du sehen, dass ein Mann wie Mbuya sich ein Mädchen in einer Bar von Majengo kauft. Er sieht sich nicht als jemanden, der fürs Pumpen bezahlt. Andere sollen ihn auch nicht so sehen. Aber er ist schlimmer. Er hat mich zu einer malaya gemacht, ohne den Handel direkt zu vollziehen. Und er hat mein Leben in ein Gefängnis verwandelt – ohne ihn habe ich kein Zuhause.
    38.
    Die Glocken haben aufgehört zu läuten, als ich ankomme; ich habe in der Nacht schlecht geschlafen und bin kaum aus dem Bett gekommen. Die letzten Gläubigen sind auf dem Weg in die Kirche, nur die Tante steht draußen und wartet auf mich.
    »Willst du in die Kirche?«, fragt sie mich.
    »Ja, natürlich.«
    »Ich höre schlimme Dinge über dich. Wenn sie wahr sind, gehörst du nicht in die Kirche.«
    »Was für schlimme Dinge?« Ich versuche, ein unschuldiges Gesicht zu machen, aber es läuft mir kalt den Rücken hinunter, obwohl die Sonne scheint.
    »Diese Worte kann ich nicht in den Mund nehmen«, sagt die Tante. »Wenn es wahr ist, bist du verdammt.«
    »Ich weiß nicht, was du hörst. Und wenn du es mir nicht erzählst, kann ich dir nicht sagen, ob es stimmt.«
    »Ich habe einen Brief für dich bekommen, aus dem Dorf.«
    »Ja? Hast du ihn dabei?«
    »Nein, ich habe ihn dort abgeliefert, wo du wohnst.«
    »Bei … Salama?«
    »Ja, bei diesem grässlichen Mädchen. Aber ich glaube nicht, dass du dort wohnst. Ich höre andere Dinge.«
    »Aber, ich wohne da, du kannst sie fragen.«
    »Sie erzählt nur Lügen. Für Lügner hat Gott einen besonderen Raum in der Hölle«, sagt die Tante und dreht sich um – geht auf die Kirche zu. Dann bleibt sie stehen und sieht sich nach mir um. Anna ist nicht bei ihr. Vielleicht ist sie bereits in der Kirche. Und ich will auch nicht fragen, wo Anna ist. Ob ihr möglicherweise etwas passiert ist. Wenn ich nicht mit hineingehe, wäre das so, als würde ich meine Schuld zugeben. Ich folge der Tante. Direkt an der Tür hält sie mich zurück und zeigt auf die letzte Bankreihe.
    »Du sitzt hier. Und hinterher verschwindest du sofort. Annas zukünftige Schwiegereltern sollen dir nicht begegnen, bevor ich nicht weiß, ob die Gerüchte wahr sind.«
    Ich höre nicht, was der Pastor sagt. Wie kann ich verhindern, dass die Tante alles entdeckt?
    Nach der Kirche gehe ich sofort zu Salama, obwohl ich keine Lust habe, mir ihre Fragen anzuhören, warum ich noch immer im Hotel wohne, obwohl der Monat bereits vergangen ist, von dem bwana Mbuya gesprochen hat.
    » Tsk «, schnalzt Salama. »Ich sehe ihn mit einer anderen Frau und frage die Leute. Die Frau ist aus seinem Dorf, aus der Sippe seiner toten Frau, und sie ist bereits so gut wie in sein Haus gezogen.«
    Was ist mit mir – bin ich denn nur ein Loch, in das man pissen darf?
    »Meine Tante hat gesagt, dass sie einen Brief für mich abgeliefert hat.«
    »Ach ja.« Salama holt ihn. Ich öffne den Brief sofort. »Steht drin, wie es deiner Tochter geht?«
    »Warte mal«, antworte ich, denn lesen fällt mir noch immer schwer. Meine Stiefmutter

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