Rezepte Gegen Liebeskummer
nahe kommt, registrieren wir unsere eigenen Schutzvorkehrungen vielleicht gar nicht. Doch dieser Zaun zieht sich wie ein unsichtbarer Ring um einen herum, und sobald die Gefühle zu eng, zu vertraut und zu gefährlich werden, weil sie an alte, schmerzhafte Erfahrungen andocken, macht es »Autsch«. Dann tut es für beide Seiten weh – sowohl für denjenigen, der sich schnell hinter seine Schutzmauern zurückzieht, als vor allem auch für den anderen, der gerne einen Schritt weiter und tiefer in die Verbindung gegangen wäre. Doch da sich diese beiden Menschen ja aus einem bestimmten Grund so magisch angezogen haben, lohnt es sich, einmal hinter die Kulissen zu gucken, wie solch ein Typus beschaffen ist und welchen Anteil wir selbst an diesem unglücklichen Spiel haben.
Der tragische Romantiker
Egal ob männlich oder weiblich: Ich nenne Menschen, die diese fiktiven Einladungen bevorzugt aussprechen, die tragischen Romantiker. In der Filmgeschichte hat man ihnen ein ganzes Genre gewidmet, das man »Film Noir« nennt. In diesen eher düsteren Filmen trifft immer ein netter, anständiger Typ, bevorzugt Privatdetektiv, auf eine geheimnisvolle Schöne, die meist in einem dubiosen Milieu arbeitet und in düstere Machenschaften verstrickt ist. Der Held verfällt dem Charme und Sexappeal der unbekannten Schönheit. In dem Wunsch, diesem aus seiner Sicht unschuldig gefallenen Engel aus dem Sumpf herauszuhelfen, bringt er seine ganze Existenz, sogar sein Leben in Gefahr.
Leider endet das dramatische Spielchen fast immer gleich: Die angebetete Traumfrau entpuppt sich als skrupellose Ränkeschmiedin, die jedoch am Ende des Films, Sekunden vor ihrem Ableben – natürlich in den Armen unseres Helden – alle Verfehlungen bereut und mit einem erlösten und unschuldigen Lächeln von dannen scheidet. Und der Held ist sich von nun an sicher: Nie wieder wird er solch eine wunderbare und einzigartige Liebe finden!
Wen wundert’s, wenn im Vergleich dazu das nette und natürliche Mädel, auf das er einige Filmszenen später trifft, bei ihm nicht die geringste Chance hat. Das Mädchen legt sich zwar mächtig ins Zeug und gesteht ihm seine Liebe. Aber es hilft alles nichts – unser Held bleibt verschlossen und leidet beharrlich an der Sehnsucht nach seiner dahingeschiedenen Traumfrau. Erst wenn das liebende Mädchen traurig und entmutigt das Feld räumt und der Held sie Monate später glücklich Hand in Hand mit einem anderen sieht, kann auch er sich seine Gefühle für sie eingestehen. Denn jetzt besteht ja keine Gefahr mehr, dass er diese Liebe leben und den Banalitäten des Alltags aussetzen muss. Nun darf er wieder sehnsuchtsvoll zurückblicken und sieht voller Selbstmitleid seine selbst aufgestellte These bestätigt: »Ich bin einfach nicht fürs Glück geschaffen.«
Auf diese Weise treibt er es munter weiter und mutiert dabei oft zu einem ähnlichen Herzensbrecher wie seine verstorbene Traumfrau. Und wenn er nicht gestorben ist, dann jagt er noch heute traurig suchend durch den Großstadt-Dschungel …
Solche tragischen Helden tauchen in allen Kostümierungen und natürlich auch in weiblicher Gestalt auf. Fatalerweise wissen sie meist nicht, dass sie sich ihre Filmrollen immer selbst aussuchen. Im wirklichen Leben kommt es (zum Glück!) nicht gleich zum Tod der großen Liebe, sondern »nur« zu einem schmerzhaften Trennungserlebnis, dem dann im Laufe des Lebens noch viele weitere Herzensbrüche folgen können. Trotz des immensen Schmerzes aber wird das Objekt der ersten großen Liebe glorifiziert und in einen unantastbaren Schrein gestellt. Und so irren die tragischen Romantiker jahrelang auf verschlungenen Beziehungspfaden umher, ohne jemals wirklich anzukommen.
Regelmäßig – und zwar stets nachdem der Beziehungsalltag eingekehrt ist, wenn es zu nahe und zu verbindlich wird – entsteht das Gefühl, sich wieder einmal mit dem falschen Menschen zusammengetan zu haben, wieder am falschen Platz zu sein und niemals wirklich verstanden zu werden. Auf die daraufhin eintretende unausgesprochene Distanz reagiert der Partner dann prompt mit dem Wunsch nach mehr Öffnung und einer klaren Entscheidung, erzeugt dadurch beim anderen über kurz oder lang ein Gefühl der Enge und Unfreiheit und – schwuppdiwupp – ist der tragische Romantiker entschwunden. Kurz danach schwelgt dieser erneut tragisch / einsam in Erinnerungen an die vielen Freundschaften, in denen er sein Glück vergeigt hat. Dabei dramatisiert er gerne seine
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