Rhanmarú - Das tote Land (German Edition)
Nein, das ist nichts für
mich.«
Die Jugendlichen grinsten.
»Wie konnten Sie sich nur dazu bereit erklären?«, fragte Holly kopfschüttelnd.
»Ich hatte die Wahl zwischen eurem Ringlord und dem Wasserverlies. Wenn ich
an eure Angewohnheit, gleich grob zu werden, denke, habe ich vielleicht nicht die
richtige Wahl getroffen«, klagte er. »Aber sagt! Ich war ein guter Schauspieler,
nicht wahr?«
»Ja, ganz toll«, lobte Erma ungeduldig. »Können wir jetzt gehen? Wenn wir
sofort aufbrechen, sind wir morgen Vormittag da.«
»Sofort aufbrechen?«, stieß Damian entsetzt aus. »Mit diesem schweren
Schwert?«
Lennart nahm es ihm lächelnd ab. Er brachte es nicht fertig, böse auf den Mann
zu sein.
»Hättet Ihr mich wirklich so übel verletzt?«, fragte Damian ihn.
»Vermutlich nicht. Das hätte mich zumindest sehr gewundert. Aber manchmal
bin ich auch über mich selbst erstaunt.«
Aeneas sah aus dem Fenster. In der Ferne sah er Rauch aus einem Berg steigen.
Er meinte, sich an etwas erinnern zu müssen, aber ihm fiel nicht ein, an was.
Ailina betrat den Raum. »Kommst du? Es ist so weit. Wir werden jetzt den
Bund eingehen.«
Er nickte. Sie waren gestern zusammen geritten, hatten getanzt und lange
Gespräche geführt. Er meinte, sie sein ganzes Leben zu kennen. Das Komische war
nur, er konnte sich kaum an sein eigenes Leben erinnern. Die Burg und ihre
Bewohner kamen ihm vertraut und fremd gleichermaßen vor. Seine Braut war sanft
und schön, aber jedes Mal, wenn er sie sah, wunderte er sich, dass sie so klein war.
Sie betraten einen Raum mit Wandmalereien und Holzbänken. Ein uralter
Mann, hager und groß, mit lederner Haut und spärlichem weißen Haupthaar wartete
an einem Kupferkessel, aus dem Flammen züngelten.
Ailina lächelte Aeneas an. »Bist du bereit, mein Geliebter?«
»Nein, das ist er nicht«, erklang Ermas wütende Stimme von der Tür.
Ailina wirbelte erschrocken herum. Im Raum erschienen Aeneas‘ Freunde
zusammen mit Damian und Lynnea.
Der Ringlord sah die Eindringlinge lange an. Irgendwie kamen sie ihm bekannt
vor.
»Ihr stört die Zeremonie?«, zischte der Alte.
Lynnea trat vor und verneigte sich ehrfurchtsvoll, bevor sie erklärte: »Großvater,
diese Trauung darf nicht durchgeführt werden. Der Bräutigam hat keinen
freien Willen, er ist mit einem Zauber belegt und kann den Bund nicht wirksam
eingehen.«
Ihre Schwester starrte sie wütend an. »Du weißt gar nicht, was du angerichtet
hast. Wie kannst du nur so unbedacht handeln?«
»Entferne den Zauber«, befahl Erma. »Sofort!«
»Stimmt, was Lynnea sagt?«, fragte der Alte.
An Stelle von Ailina antwortete Lennart: »Das kann man doch sehen. Wir sind
Freunde, und er erkennt uns nicht.«
»Nimm den Zauber von ihm«, kommandierte ihr Großvater.
Sie ging zum Ringlord und reichte ihm eine Phiole. »Trink!«
Er trank, schüttelte sich und sah sie verwirrt an, bevor er sich weiter umsah.
»Ich glaub, ich hab gerade geträumt. Sehr seltsam! Was tun wir hier?«, murmelte
er und rieb sich die Schläfen. Noch wirkte er ziemlich benommen.
Seine Verlobte ging durch den Raum, löste Ailinas Hand von seinem Arm und
gab ihr eine klatschende Ohrfeige.
»Erma?!«, stieß der Ringlord überrascht aus.
Die Jugendlichen kicherten vergnügt.
Ailina starrte ihre Widersacherin zornig an. »Du glaubst doch nicht, dass er
dich noch will, wenn er die letzten Tage mit mir verbracht hat?«, fragte sie giftig.
»Glaub nicht, dass er sie vergessen hat! Er wollte den Bund mit mir eingehen. Freiwillig!«
Aeneas wollte sich gerade Erma zuwenden, als er plötzlich herumwirbelte und
dem Alten riet: »Macht das nicht noch mal! Das kann ich gar nicht leiden.«
Der ignorierte ihn, sah stattdessen Ailina an und brüllte: »Du dumme Gans! Das
ist der falsche Mann. Nur wegen deines Zaubers habe ich das nicht früher
erkannt.«
Die starrte ihn entsetzt an. Erma war fast nach Lachen zumute. Der Alte sah
von einem zum anderen. Ein Kälteschauer überlief die Rhan.
»Behaltet Eure Magie für euch«, drohte der Ringlord und machte einen Schritt
auf ihn zu. Plötzlich sank er mit einem Aufstöhnen bewusstlos zu Boden.
»Aeneas!« Erma rannte zu ihm hin.
Ailina und Lynnea kreischten gleichzeitig: »Großvater!«
Die Jugendlichen wollten sich auf den verrückten Alten stürzen, wurden aber,
genau wie die Schwestern und Damian mit einer Handbewegung an die Wand
geschleudert. Ungelenk rappelten sie sich hoch und starrten
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