Rhavîn – Gesang der schwarzen Seele 1 (German Edition)
Kräfte sein.“ Auriel nahm das Kristallgefäß an sich und verschloss es sorgfältig.
„Das werde ich.“ Rhavîn deutete mit dem Bolzen in der Hand auf das Töpfchen. „Ich nehme nicht an, dass du es auch versuchen möchtest?“
Auriel schüttelte den Kopf. „Vielleicht später.“
„Wie du möchtest.“ Rhavîn reichte der Hexerin den Bolzen. „Bedien dich.“
Auriel hielt sich an den heißen Met, den Schierlingssud verschmähte sie vorsichtshalber. Zwar wäre sie neugierig auf seine Wirkung gewesen, doch fürchtete sie, Vernunft oder Besinnung zu verlieren.
War die Hexerin zunächst zornig auf Rhavîn, von dem sie erwartete, dass er in Kürze berauscht einschlafen würde, verflog ihr Ärger bald, als sich ihr Verdacht als falsch herausstellte.
Der Sícyr´Glýnħ blieb wach und klaren Geistes. Außer den Schnitten in seiner Haut gab es für Auriel keinerlei Anzeichen, die darauf hindeuteten, dass der Dunkelelf die giftige Substanz konsumiert hatte.
Er war gelöst und freundlich, redselig und guter Dinge. So ließ er sich ohne Schwierigkeit dazu verleiten, Auriel von seiner Vergangenheit in Crâdègh nyr Vilothyl zu erzählen.
Rhavîn schockierte Auriel mit Berichten von seiner harten und grausamen Ausbildung zum Meuchelmörder. Zwar gebrauchte er das dunkelelfische Wort Ni´kyrtaz, doch erfuhr Auriel bald, dass Rhavîns Behauptung, er sei ein Waldläufer, gelogen gewesen war. Da sie sehr interessiert war, mehr über Rhavîns Vergangenheit zu erfahren, erzählte er viele Details. Er verschwieg ihr weder, dass er der beste Schüler seines Lehrmeisters gewesen war, noch dass er ihn nach dem Ende der Ausbildung ermordet hatte – das Ergebnis einer Jahre dauernden Rivalität.
Rhavîn berichtete von der besonderen Fähigkeit der Ni´kyrtaz-Magie. Er erläuterte Auriel, dass dies die höchste Kunst der Meuchelmörder war, die nur von wenigen erlernt und beherrscht werden konnte. Er war stolz darauf, bereits in sehr jungen Jahren schwere Fähigkeiten außergewöhnlich gut beherrscht zu haben und darauf, seinen Lehrmeister geschlagen zu haben, obwohl dieser einst der beste Ni´kyrtaz Crâdègh nyr Vilothyls gewesen war.
„Sieh her!“ Rhavîn wies auf seine linke Hand, drehte sie mehrmals hin und her und wies auf eine deutlich sichtbare Narbe, die sich mitten auf Handfläche und Handrücken darstellte und die Hand zu durchdringen schien.
„Was ist geschehen?“ Auriel blickte ihr Gegenüber interessiert an.
Rhavîn berichtete der jungen Frau, dass er als Kind häufig sehr hitzköpfig auf Niederlagen reagiert hatte. Dann erzählte er von einer Situation während seiner Ausbildung: „Ich wollte damals unbedingt den Umgang mit Wurfmessern beherrschen. Ich wollte der Beste sein und übte Stunde um Stunde an einem einzigen, kleinen Detail. Mein Lehrmeister allerdings verstand meinen Ehrgeiz falsch und hielt mein Streben nach Perfektion für ein Zeichen, dass ich seine Anleitung nicht verstanden habe. Er glaubte, ich sei noch nicht bereit, diese schwierigen Übungen zu absolvieren. So befahl er mir, mit dem Messerwerfen aufzuhören, doch diese Strafe konnte ich nicht akzeptieren.“
„Hat er dich verletzt?“, fragte Auriel. Sie nahm einen Schluck vom Met. Ihre Wangen glühten.
Rhavîn schüttelte den Kopf, nachdenklich rieb er über die Narbe in seiner Hand.
„Ich habe mir das Wurfmesser durch die Hand gestochen, in der Hoffnung, Tanrikae, meinen Lehrer, davon zu überzeugen, wie wichtig es mir ist, die Kunst des Messerwerfens zur Perfektion zu bringen.“
„Und?“ Auriels Lippen bebten. In diesem Augenblick erinnerte sie sich an längst vergangene Rituale, bei denen Angehörige ihres Zirkels viel Blut vergossen hatten. Die Hexerin fragte sich, ob sie Rhavîns Selbstverletzung faszinierend oder abscheulich finden sollte. „Wie hat dein Lehrmeister reagiert?“
„Ich habe meinen Willen bekommen!“ Rhavîn zwinkerte Auriel zu und lächelte siegessicher.
Er erzählte von dem Dunkelelfenreich Cethel-Thán-Dûr und speziell von dem Leben in Crâdègh nyr Vilothyl, der Festung Lhagaîlan daé Yazyðors. Er berichtete davon, dass es weder Käse noch Schinken in der Festung seines Fürsten zu essen gab, da sich die Dunkelelfen keine Tiere hielten, die diese Erzeugnisse produzieren konnten. Auf die Nachfrage, was die Dunkelelfen denn aßen, berichtete Rhavîn, dass vielfach Dämonen- und Menschenfleisch gegessen wurde – neben dem traditionellen schwarzen Reis und Insekten.
„Wir züchten Dämonen,
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