Rhavîn – Gesang der schwarzen Seele 2 (German Edition)
zugegebenermaßen die dunkle, wird von den Zauberern der Sícyr´Glýnħ angezapft. Sie wird das Yílwagh genannt“, gab der Dunkelelf zurück. „Ein anderer dieser Pfade, die Ailunién, ist der grüne Weg, den meine Feinde beschreiten. Die Elfen gebrauchen die Ailunién, um gegen ihre Feinde und gegen uns vorzugehen. Und in meinen Augen ist es immer gut, sich über die Waffen zu informieren, mit denen man konfrontiert werden kann.“
„Du hast recht, Rhavîn!“ Auriel bewunderte den hübschen Mann. Seine gesamte Körperhaltung, sein Gang und jeder seiner Blicke drückten für sie sein umfangreiches Wissen, seine Stärke und die Macht aus, die er in seiner Heimat besaß. Sie verehrte ihn für seine kühle Mentalität und sein aufmerksames Wesen, das ihr das Gefühl verlieh, beschützt und behütet zu sein.
Immer öfter glaubte Auriel, Orte wiederzuerkennen, die sie bereits in ihren Träumen gesehen hatte. Sie fühlte sich, als würde sie diesen Wald kennen, als habe sie ihn schon oft durchwandert. So wusste sie ebenso wie Rhavîn, obwohl sie nie zuvor an diesem Ort gewesen war, dass Dragelund nicht mehr weit sein konnte.
Noch lagen zwar etliche Meilen vor ihnen, ausgedehnte Wege durch Wälder und Weiten, doch würde es nicht mehr lange dauern, bis die beiden den Sitz des Jarls erreichen und Rhavîns Auftrag abschließen würden.
Und wenn Rhavîn den Brief seines Fürsten übergeben hat, werden wir endlich frei sein. Frei und allein – nur wir beide , frohlockte die Hexerin. Frohe Erwartungen erfüllten ihr Herz. Sie drängte den Dunkelelfen, noch schneller zu laufen.
Allmählich ging der Tag dem Ende zu, der Abend dämmerte. Schon sank die Sonne am Horizont und gab den Himmel frei für ein wunderschönes Schauspiel aus roten und violetten Farbtönen. Wie schillernde Wellen sonnten sich große Wolkenberge in den vergehenden Strahlen. Der dunkelnde Abendhimmel tauchte den Wald in eine zwielichtige Atmosphäre aus Licht und Schatten. Sie hüllte die kahlen Bäume in mystischen Glanz.
Noch hatte Kentaro nicht zu Auriel zurückgefunden und die Hexerin wähnte, dass sie ihren tierischen Gefährten nicht wiedersehen würde.
„Lass uns bitte eine Rast einlegen“, bat die Hexerin nach Stunden des Gehens völlig außer Atem. Ihre Beine zitterten, ihr Körper bedeutete ihr, dass er sich nach Ruhe sehnte. Lange würde sie die schnelle Wanderung nicht mehr durchhalten können. „Ich bin völlig erschöpft. Außerdem muss ich etwas essen.“ Auriel blickte drein wie ein junger Hund. „Ich kann unmöglich weitergehen.“
„Gut.“ Rhavîn legte den rechten Arm um die Schultern der jungen Zauberin. Mit der Armbrust in der Linken wies er zwischen den dunklen Bäumen hindurch. „Sieh, Auriel. Dort hinten ist ein Fluss, dort werden wir uns niederlassen.“
„Wenn uns der Wald nicht auch noch diesen Weg versperrt.“ Die Hexerin lachte matt. Wie viele Umwege hatten sie an diesem Tag schon zurücklegen müssen und wie oft umkehren, um nach Wegen zu suchen, die nicht von der Boshaftigkeit des Waldes versperrt waren? Auriel wusste es nicht mehr. Sie spürte nur, dass sie nicht länger die Kraft besaß, sich weiterhin von der finsteren Magie in die Irre führen zu lassen. Sie ahnte, dass sie ohne Rhavîn niemals wieder aus diesem Gefängnis aus Pflanzen und Magie herausfinden würde, und folgte ihm dankbar über die letzten Schritte Unterholz hinweg.
Nur wenige Augenblicke später erreichten die beiden einen etwa zehn Schritte breiten Fluss, der sich quirlig wie ein silbernes Seidenband durch den Wald schlängelte. Sein Verlauf wurde von zahlreichen Kurven gezeichnet, sodass er in beiden Richtungen schon nach wenigen Schritten außer Sicht geriet. Aus dem Strom ragte eine Vielzahl moosbewachsener Felsen heraus, zwischen denen das Wasser schäumende Strudel bildete, oder über die es plätschernd hinwegschnellte, um sich in kleinen Wasserfällen in tiefer liegende Teile des Flusses zu ergießen.
Dort, wo Rhavîn und Auriel an das Ufer des Flusses traten, hatte sich eine breite Lichtung gebildet. Zwischen flacheren Steinen am Ufer wuchsen zarte Gräser, duftende Kräuter und allerlei Unterholz. Auch auf der gegenüberliegenden Seite des Ufers drängte die Natur urwüchsig und wild in Richtung des Wassers.
Die letzten Strahlen der untergehenden Sonne spiegelten sich in dem klaren Wasser des Flusses wider. Sie wurden gleißend in alle Richtungen reflektiert, sodass die Bäume und Steine nahe des Ufers mit hellen
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