Rhavîn – Gesang der schwarzen Seele 2 (German Edition)
mit grimmigem Ausdruck in den Wald hinein.
„Sie sind tot“, raunte der Dunkelelf mit dunkler Stimme. Er stieß sich von dem Ast ab und landete lautlos auf dem laubbedeckten Boden. „Ich konnte ihr Geknurre nicht mehr ertragen.“
Auriel ließ sich von dem Meuchelmörder hinunterhelfen. Als auch sie festen Boden unter den Füßen hatte, fragte sie fröstelnd: „Meinst du denn, wir können weitergehen? Denkst du, der Weg ist sicher?“
„Nein“, gab der Dunkelelf überzeugt zurück. „Dieser Wald wird erst wieder sicher sein, wenn sich die finstere Magie zurückgezogen hat, die ihn in ihrem Bann hält.“ Als er dann das ängstliche Gesicht seiner Geliebten sah, fügte er mit beruhigender Stimme hinzu: „Ich werde dich mit meinem Leben schützen, da mag kommen, wer will. Sei unbesorgt, solange ich an deiner Seite bin, Auriel.“
„Danke.“ Die Hexerin lächelte tapfer. Dann nickte sie Rhavîn zu, um ihm begreiflich zu machen, dass sie bereit war, weiterzugehen.
Gemeinsam stiegen sie über die Leiber der toten Wölfe hinweg, um ihren Weg fortzusetzen. Rhavîn hielt seine Teydraga mit eingelegten Bolzen schussbereit, während Auriel ihren Zaubererstab krampfhaft in den Händen hielt.
Die Schwere der finsteren Magie in diesem Wald schien die zarte Hexerin zu erdrücken. Auriel hatte das Gefühl, als würde die Düsternis des Waldes ihre Gedanken manipulieren und ihren Geist verwirren.
„Finsternis lenkt unsere Schritte, Rhavîn“, murmelte sie, als sich zum wiederholten Mal einige große Bäume direkt vor ihren Augen verschoben und ineinander verwuchsen, um den Reisenden den Weg zu versperren. „Die Dunkelheit, die in diesem einst so hübschen Wald regiert, vernebelt unsere Sinne und zwängt uns, Richtungen für richtig zu halten, die falsch sind und uns im Kreis führen. Am Ende werden wir uns bei den toten Finsterwölfen wiederfinden. Wir werden niemals aus dem Wald herausfinden und nie den richtigen Weg.“
„Du irrst dich“, widersprach Rhavîn zuversichtlich. Aufmunternd drückte er Auriels Hand. „Du bist ein Mensch, Auriel. Ich aber bin ein Kind der Nacht. Ich bin geboren aus Finsternis und trage die Dunkelheit dieses Waldes in meinem Herzen. Ich habe eine schwarze Seele und niemals wird mich meine Heimat in die Irre leiten.“ Der Sícyr´Glýnħ blickte Auriel verwegen an. Selbstsicher erklärte er: „Die finstere Magie, die uns umgibt, nimmt mich als eines ihrer Kinder wahr. Nur dich erkennt sie als Feind, da du ein Náiréagh bist. Eine schwarze Hexerin zwar, aber eine Hexerin auf dem Weg in das Licht.“
„Der Wald wird mich vernichten wollen“, flüsterte Auriel plötzlich verstehend. „Er wird mich mit seiner ganzen Härte zu Fall bringen wollen.“
„Doch solange du in meiner Nähe bist, wird die Finsternis, die ich ausstrahle, wie ein Schild fungieren und dich schützen“, gab Rhavîn liebevoll zurück.
„Mich, ja.“ Auriel seufzte. Die junge Frau stieg mit langsamen Schritten über eine große, moosbewachsene Wurzel hinweg, die sie an den Knöcheln zu fassen suchte, aber durch einen gezielten Schuss Rhavîns zischend in sich zusammenfiel. „Aber was wird aus Kentaro? Mein Gefährte, mein Freund ...“ Die Hexerin schluckte hörbar und drehte nervös den langen Priesterstab zwischen den Fingern. „Ich werde ihn vielleicht nicht wiedersehen.“
„Vielleicht wird die finstere Magie auch von ihm Besitz ergreifen ...“ Rhavîn schwieg. Er empfand kein Mitleid für das Tier, doch schmerzte ihn der Anblick seiner Geliebten, deren hübsches Gesicht kummervoll verzerrt war. Der Dunkelelf wusste, dass seine Gefährtin in den vergangenen Tagen viel Leid hatte ausstehen müssen und sorgte sich um ihr Wohlergehen.
Ich hoffe, sie ist stark genug, um meinen Auftrag an meiner Seite bis zu seinem Ende durchzuführen , dachte er betrübt. Allerdings bin ich mir nicht sicher, wie sie das Ende aufnehmen wird ...
Schweigend eilten sie durch den Wald, beobachtet von Tausenden Augen und verfolgt von einer Vielzahl kaum wahrnehmbarer Wesen geboren aus schwarzer Magie. In jedem Baum und in jeder Pflanze schien ein finsterer Dämon zu stecken, dessen einziges Ziel es war, Rhavîn und Auriel aufzuhalten und ihrer schnellen Reise ein Ende zu setzen.
Während die Hexerin die Enge und den Hass deutlich spürte, die wie unsichtbare Finger an ihr zerrten, fühlte sich Rhavîn in diesem Wald ebenso wohl, wie in seiner Heimat. Er war finstere Magie und dunkle Energieströme in seiner Umgebung
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