Rhavîn – Gesang der schwarzen Seele 2 (German Edition)
Lichtpunkten bedeckt waren.
„Hier ist es wunderschön“, stellte Auriel fest und ließ sich seufzend am Flussufer nieder. Langsam schlüpfte sie aus ihren Stiefeln, raffte ihre schwarze Hose nach oben und tauchte die erhitzen Füße in das eiskalte Nass. Erschrocken über die unerwartete Kälte stieß sie pustend die Luft aus, spürte aber schon im gleichen Moment, wie die Frische und die Bewegung des Wassers ihre Lebensgeister weckten und für Erquickung sorgten.
Rhavîn sammelte Fallholz ein, um es ein Stück entfernt vom Waldrand aufzuschichten. Nachdem er genügend trockene Äste und Zweige gesammelt hatte, entzündete er den Stapel. Bald brannte ein loderndes Feuer, das Wärme und wohliges Licht spendete.
Alsdann lehnte sich der Dunkelelf in der Nähe des Feuers an einen Baumstamm, verschränkte die Arme vor der Brust und wandte den Blick zu Boden. Er stützte das rechte Bein angewinkelt an den Stamm des großen Laubbaums. Das Haar fiel ihm über die Schultern. Der Schmuck, der seine Strähnen verzierte, stieß klirrend aneinander. Dunkle Schatten fielen über Rhavîns tätowiertes Gesicht und malten groteske Linien auf seine blasse Haut.
Mit einem Mal fühlte sich der Sícyr´Glýnħ seltsam. Ein düsteres Gefühl bohrte in seiner Brust, lockte und verführte ihn. Rhavîn spürte eine wohlige Wärme in seinem Inneren aufflammen. Er fühlte sich behütet und von sicheren Schwingen getragen – als sei er gerade heimgekehrt. Ein finsterer Glanz erstrahlte in seinen Augen. Die vertrauenerweckende Herzlichkeit, die er bis gerade verströmt hatte, verschwand in dem Schatten, der den Ni´kyrtaz einzuhüllen begann. Gänsehaut rieselte über Rhavîns Rücken, eine Welle der Glückseligkeit ergoss sich wie ein Wespenschwarm durch seine Adern. Rhavîn war verwirrt. Er wurde völlig unvermittelt von Rastlosigkeit erfüllt. Seine Finger zuckten, er schürzte die Lippen. Alles in ihm drängte nach Blutvergießen, mit einem Mal sehnte sich der Dunkelelf nach Tod, Leid und Hass.
Er wusste nicht, was er denken sollte. Die vertrauten Gefühle ließen sein Herz schneller schlagen, sie erinnerten ihn an Crâdègh nyr Vilothyl, seine Heimat, und die Treue zu seinem Fürsten.
Rhavîn erschauderte, als er das Antlitz seines Herrn vor sich sah, seine überwältigende Macht spürte. Ein Raunen kam ihm über die Lippen, sein Körper wurde von einem gierigen Beben erfüllt.
Es ist die Finsternis an diesem Ort , dachte er und biss die Zähne zusammen, bis sie knirschten. Die Dunkelheit ergreift Besitz von mir, ich kann es fühlen. Aus allen Himmelsrichtungen sickert die dunkle Macht in meinen Körper. Wie ein Sturm peitscht sie durch meine Adern, drängt in mein Herz, fesselt meine Gedanken. Rhavîn verdrehte die Augen. Seine Knie begannen zu zittern. Er fühlte sich der dunklen Macht ausgeliefert, spürte die Sehnsucht in sich aufkeimen, sich der finsteren Magie vollends auszuliefern. Es ist nicht die Magie meines Fürsten, das spüre ich. Dennoch ist die Kraft mächtig und anziehend. Wer auch immer diesen Ort zu einem Hort der Finsternis erkoren hat, wusste, wie er meine Seele verlocken kann. Dieser wohlige Duft, der den Wald umhüllt, seine wundervollen Geräusche, die trauliche Aura, die mich mit einer innigen Umarmung umschließt. Ich fühle mich, als sei ich blind gewesen, gefangen und orientierungslos. Doch jetzt bin ich zurückgekehrt zu meinen Wurzeln. Es ist ein unübertreffliches Gefühl! Lange fühlte ich mich nicht so kraftvoll wie heute. Rhavîn fauchte, Finsternis glitzerte in seinen schwarzen Augen. Er starrte unverwandt auf den Boden. Vor sich sah er nichts als finstere Ströme.
„Rhavîn.“ Der Dunkelelf hörte gedämpft seinen Namen. Er erwachte aus den Träumereien. „Rhavîn!“ Wie durch dichten Nebel drang die helle Stimme an seine Ohren, sie klang besorgt.
Der Meuchelmörder blickte auf. In seiner Nähe, am Feuer sitzend, erkannte er Auriel. Die Hexerin hatte ihre Stiefel wieder angezogen, hüllte sich fröstelnd in ihren langen Umhang. Der zuckende Schein des Feuers tanzte über ihr feinzügiges Gesicht.
Auriel musterte das Gesicht des Mannes, den sie liebte. Sie erschauderte, als sie eine nie gekannte Eiseskälte in seinen tiefschwarzen Augen entdeckte. Rhavîns Gesicht war von einer ihr unerklärlichen Härte gezeichnet, sein Blick wirkte fremd und entrückt. Zwar musterte er sie, doch schien er durch die Hexerin hindurchzusehen. Angst stieg in Auriel auf, schnürte ihr die Kehle zu. Sie
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