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Rheines Gold

Titel: Rheines Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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verschlissene Decke eingehüllt, in tiefem Schlaf. Vorsichtig ging sie neben ihm auf die Knie und betrachtete ihren Mann. Er trug wieder die alte, schäbige Kleidung, und ihr Herz zog sich zusammen, ihn so abgerissen vorzufinden. In seinem kurz geschnittenen krausen Haar hatten sich einige Hälmchen und Nadeln verfangen. Es gab kleine, eng anliegende Ohren frei, aber an seiner Schläfe war ein Streifen Blut geronnen. Er berührte beinahe die geraden, schwarzen Brauen. Sie und auch die schön geschwungenen, vollen Lippen mochten wohl das Gesicht seiner Mutter geziert haben, doch die scharf geschnittene Nase hatte er eindeutig mit Crassus gemein. Er lag auf der Seite, und seine rechte Hand umfasste das Heft eines Dolches, aber an den Knöcheln war die Haut aufgeschürft. Es war zwar ein tiefer, aber kein ruhiger Schlaf, in den er gesunken war, denn dann und wann zuckte ein Nerv in seinem Gesicht, so als müsse er selbst im Traum noch höchste Wachsamkeit entwickeln.
    Rufina bedauerte es, ihn zu wecken, doch sie hob schließlich die Hand, um ihm über die Wange zu streicheln. »Maurus!«, flüsterte sie.
    Er war sofort wach, sprang auf, bereit, sein Leben teuer zu verkaufen. Dann erkannte er sie. Erstmals in ihrem Leben erlebte sie ihn außer sich vor Wut.
    »Rufina! Bist du wahnsinnig!«
    Sie erhob sich ebenfalls, hielt seinem zornigen Blick stand und fauchte ebenso wütend: »Ja, wahnsinnig vor Angst!«
    »Was suchst du hier?«
    »Dich. Maurus, ich habe schon einmal nächtelang auf dich gewartet. Das halte ich nicht noch mal durch!«
    »Du hättest dir denken können, dass ich aufgehalten wurde.«
    »Das hat man mir damals im Februar auch versucht einzureden.«
    »Jupiter tonans, weißt du nicht, in welcher Gefahr du schwebst?«
    »Doch, Maurus. Ich weiß auch, in welcher du schwebst.«
    Sie funkelten einander an, und plötzlich wurde Maurus’ Gesicht wieder ruhig. Es kräuselte sogar ein kleines Lächeln seine Mundwinkel.
    »Irgendwann wird Crispus einmal so aussehen wie du jetzt, Füchschen. Ein aufgebrachter, renitenter Lausebengel.«
    Rufina sah auf ihre Kleidung herunter und grinste zurück.
    »Es ist praktisch, weißt du. Auf einem Pferd.«
    »Du bist hergeritten?«
    »Zusammen mit Burrus.«
    »Setz dich. Alle guten Geister haben dich also doch noch nicht verlassen.«
    Sie fanden nebeneinander auf der Decke Platz, und Rufina nahm Maurus’ geschundene Hand in die ihre.
    »Du hast dich geschlagen.«
    »Ja.«
    »Tut dir der Kopf weh?«
    »Ja.«
    Sie zog ihn zu sich in den Schoß und untersuchte mit feinfühligen Fingern die blutverkrustete Stelle. Die Wunde selbst war nicht schlimm, aber es hatte sich eine Beule gebildet. Er seufzte leise, als sie darüber fuhr.
    »Tue ich dir weh?«
    »Nein, es ist angenehm. Du hast kühle Hände.« Er ließ sich ihre Behandlung einen Augenblick lang mit geschlossenen Augen gefallen, dann setzte er sich wieder auf und sagte: »Ich habe ausgesprochenen Murks angerichtet diese Nacht.«
    »Erzählst du es mir?«
    »Bleibt mir wohl nichts anderes übrig.«
    »Ich habe auch Neuigkeiten für dich. Aber erst du.«
    »Ich habe den Seiler aufgesucht, Eghilds Bruder. Ich wollte Näheres über den Überfall wissen. Es muss dieselbe Bande sein, die vor zwei Jahren hier ihr Unwesen trieb.«
    »Was hat dich dazu gebracht, dich nach ihnen zu erkundigen?«
    »Meine Überlegung. Es war ein Versuch, eigentlich nur eine Vermutung, ein schwacher Verdacht. Aber als du sagtest, sie nähmen den Goldwäschern die Beute ab und verlangten Tribut, kam mir der Gedanke, sie würden das sicher nicht aus eigenem Antrieb tun. Die Burschen, die ich damals kennen gelernt habe, waren reichlich tumbe Gesellen. Ein Mann wie Meles aber könnte sie verwenden. Ich wollte also mehr über sie erfahren, und von Eghilds Bruder bekam ich einen Hinweis, wo sie sich hauptsächlich herumtreiben. Ich lauerte ihnen auf und hatte sogar Glück. Es waren ihrer drei, und sie hatten irgendetwas erbeutet. Jedenfalls trugen sie Säcke auf dem Rücken. Ich folgte ihnen, doch nicht leise genug. Einer entdeckte mich, und ich wurde in ein Handgemenge verwickelt. Ich bekam einen Schlag auf den Kopf und war für einen Moment bewusstlos. Danach waren sie und ihre Beute wie vom Erdboden verschluckt. Ich habe den Rest der Nacht die Umgebung abgesucht, aber keine Spur von ihnen gefunden.«
    »Wo war das denn?«
    »Ewa drei, vier Meilen nordwestlich von hier, kurz vor dem Aquädukt.«
    »Du hattest wirklich eine anstrengende Nacht.«
    »Ja -

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