Rheines Gold
die Mädchen nach!«
»Wo sind die Pferde?«
»Vor dem Südtor. Kennst du den Weg zu Halvors Dorf?«
»Ich werde ihn finden. Wir nehmen die Straße nach Bonna. Etwa zwei Meilen vor Waslicia müssen wir einen Seitenweg nehmen.«
Sie schritten energisch aus, und bald hatten sie das Gräberfeld vor der Stadt erreicht. Hier, ein wenig abseits der Straße, hatte Burrus zwei stämmige Pferde an einen Baum gebunden.
»Ich reite nicht gerne auf diesen Viechern!«, brummte er und schwang sich ungeschickt auf den Rücken des einen. Rufina musste einen Grabstein missbrauchen, um auf das ihre zu kommen. Dann ritten sie los.
Es war noch immer trüb, und einmal wurden sie sogar von einem kurzen Schauer durchnässt. Doch kurz vor der Mittagsstunde, als sie schon den Karrenweg durch die Felder eingeschlagen hatten, kam die Sonne durch. In der Ferne sahen sie, wie sich über Baumwipfeln Rauch kräuselte, und Rufina sagte die ersten Worte, die sie seit Beginn des Rittes miteinander wechselten: »Da vorne ist es wohl schon. Ich erinnere mich, das Dorf ist von Wald umgeben.«
Burrus knurrte nur und trieb sein Pferd an.
Rufinas Erinnerung trog sie nicht, kaum eine Meile weiter erreichten sie die germanische Ansiedlung mit ihren strohgedeckten Häusern, Pferchen, Scheuern und Ställen. Die Frauen, die ihren häuslichen Tätigkeiten nachgingen, starrten Rufina neugierig an, und ein Alter kam auf sie zugehumpelt.
»Was wollt ihr?«, fragte er barsch.
»Ich muss zu Halvor. Ist er hier?«
»Nein.«
»Wo finde ich ihn?«
»Nirgends. Verschwindet.«
Der Mann drehte sich um und wollte weggehen. Rufina, noch immer voller Sorge und Ungeduld, wurde wütend.
»Bleib stehen!«, fauchte sie den Alten an, doch der warf ihr nur einen verächtlichen Blick über die Schulter zu.
Burrus stieg vom Pferd, und ging drohend auf ihn zu. Rufina zollte dem alten Mann widerwillig Respekt. Er zeigte keine Angst vor dem bulligen Gladiator. Sie glitt ebenfalls vom Pferd und mischte sich ein. Ihre Sprachkenntnisse waren nicht eben gut, aber Burrus machte Anstalten, sich in einer sehr universellen Art verständlich zu machen. Er hatte den weißhaarigen Germanen am Hals an der Tunika gepackt.
»Burrus, wir werden mehr erfahren, wenn wir höflich fragen. Lass ihn los.«
»Er ist unhöflich, Patrona.«
»Lass - ihn - los!«
Unwillig ließ er von dem Mann ab, und der betrachtete Rufina mit neu erwachtem Interesse.
»Du bist kein Mann.«
»Nein. Wo ist Halvor?«
»Was willst du von ihm?«
»Nachrichten bringen.«
»Mh. Oben an der Weide. Zäune ausbessern.«
Rufina verstand eher den Richtungshinweis als die Tätigkeit, aber sie dankte dem Mann und versuchte, wieder auf ihr Pferd zu kommen. Grinsend sah der Alte ihr zu, aber nach zwei vergeblichen Versuchen nahm er ihren Fuß und gab ihr einen Schwung, sodass sie oben landete.
»Danke.«
Sie fanden Halvor und drei weitere Männer in der angegebenen Richtung. Sie waren dabei, mit schweren Hämmern Zaunpfähle in den Boden zu schlagen. Halvor drehte sich um, als er sie kommen hörte, und schien einen Moment alarmiert. Die Art, wie er sein Arbeitsgerät in der Hand hielt, ließ sie vermuten, er könnte damit mehr als nur Holzpflöcke bearbeiten.
»Halvor, lass den Hammer sinken! Ich bin es, Aurelia Rufina.«
»Ein wenig verändert, kleine Domina. Warum bist du gekommen?«
»Ist er hier?«
Halvor sah sie offen an.
»Ja.«
»Den Göttern sei Dank.« Vor Erleichterung wäre sie fast vom Pferd gerutscht. »Ist er unverletzt?«
»Nicht ganz.«
»Kann ich zu ihm?«
»Könntest du schon. Aber ich fürchte, er wird böse mit dir sein. Du hättest nicht herkommen dürfen.«
»Das lass mein Problem sein. Wo finde ich ihn?«
»Ich begleite dich.«
Halvor gab den Männern ein paar Befehle und setzte sich mit langen Schritten in Bewegung. Er brachte sie zu einer Scheune am Rande des Dorfes.
»Stellt die Pferde hier rein, sie finden dort ihr Futter. Wer ist dein Begleiter?«
»Burrus, ein Freund von Maurus. Er beschützt mich.«
Die beiden Männer nickten einander zu.
»Er schläft oben, kleine Domina. Er war die ganze Nacht unterwegs. Willst du ihn wirklich stören?«
»Ich habe wichtige Nachrichten für ihn.«
»Na gut. Die Leiter hinauf, irgendwo im Heu.«
Rufina trat leise in die Scheune und stieg die hölzerne Leiter empor. Durch die Ritzen und Spalten der Bretterwände drang ein wenig Licht, und sie entdeckte in einer Mulde im trockenen Heu ein dunkles Bündel. Maurus lag, in eine
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