Rheines Gold
Frühjahr genügend Beute finden, um die Nähe der Menschen zu meiden. Dann wollte er selbst den Topf plündern. In der Zwischenzeit gab es Abwechslung genug. Er entledigte sich seiner Stiefel und der wollenen Überkleider und setzte sich auf die Bettkante. Vorsichtig schob er eine Decke aus weichem Marderfell beiseite und betrachtete das goldene Vlies, das sich zwischen den Schenkeln seiner Geliebten ausbreitete. Sie frönte nicht, wie die vornehmen Römerinnen, der Sitte, sich alle Körperhärchen sorgsam auszuzupfen, und zur Abwechslung empfand er das an ihr als überaus erregend. Er würde ihr ein goldenes Geschmeide schenken, beschloss er. Es würde sie noch williger machen.
Sie schlummerte ruhig, doch als er sacht mit den Fingern die blonden Locken teilte und das zarte, noch von den Spielen des langen Nachmittags rosige Fleisch rieb, stöhnte sie wollüstig auf.
4. Kapitel
Nichts als Ärger
Halte nun durch und sei hart!
Der Schmerz kommt dir einmal zustatten.
Oft hat bitterer Trank Leidenden Stärkung gebracht.
OVID, AMORES
Der Haushalt erwachte mit dem Krähen des Hahnes zum Sonnenaufgang. Rufina schlug die weichen Decken zur Seite und stand ein wenig schlaftrunken auf, um die Läden vor den Fenstern zu öffnen. Der Morgen war noch kühl, und feuchter Nebel verhüllte die Gebäude der Nachbarschaft. Aber die Bewohner der Colonia machten sich bereit, das neue Tagwerk zu beginnen. Schritte schlurften über die Steine, Türen knarrten und klappten, gegenüber schob der Bäcker einen Tisch auf die Straße, auf dem er bald seine Backwaren aufschichten würde. Der Geruch von Holzfeuer und frischem Brot wurde herangeweht und verdrängte den zarten Duft der taufeuchten Veilchen, die die Blumenhändlerin auf Moos gebettet in flachen Körben in ihrem Hof stehen hatte. Der musikalische Esel des Fischhändlers sang seine morgendliche Arie, die in einem atemlosen Ahh-i-Ahhh endete. Gutmütig ließ er sich von seinem Herren dann vor den Karren spannen. Er brachte ihn zum Rheinhafen, um den frischen Fang abzuholen. Zwei Elstern zankten sich beredt um etwas, das die Nacht auf dem Pflaster hinterlassen hatte, vielleicht eine tote Maus oder einen aus dem Nest gefallenen Jungvogel.
Die kühlfeuchte Luft ließ Rufina schaudern, und eilig machte sie mit kaltem Wasser Toilette. Das Wohnhaus hatte ein eigenes, kleines Bad, nur eine Wanne, ein Becken und zwei Latrinen. Manchmal benutzte sie die Einrichtungen des Badehauses vor den Besuchern, aber an diesem Morgen hatte sie es eilig. Sie warf sich eine frische Tunika über und legte eine warme, braune Wollstola an. Ihre Haare entwirrte sie energisch mit der Bürste. Im Februar hatte sie die langen Flechten abgeschnitten und am Grab ihres Mannes geopfert. Ihre Locken reichten ihr nun wieder bis auf die Schultern, doch für einen fraulichen Knoten tief im Nacken waren sie noch bei Weitem zu kurz. Mit einigen Wollbändern, die sie so hineinflocht, wie Fulcinia es ihr gezeigt hatte, bändigte sie die Haare schließlich, sodass sie ihr nicht in die Stirn fielen. Bis zum Abend würde diese adrette Frisur zwar nicht halten, aber am Vormittag kam der Pachteintreiber, und ihm wollte sie mit dem gebührenden Auftreten begegnen. Bevor sie jedoch ihre üblichen Pflichten im Haus in Angriff nahm, war ihr erster Gang in die Thermen. Sie musste einfach sicher sein, dass die Becken heute gesäubert und rechtzeitig gefüllt wurden.
Die drei Frauen, die die Räume in Ordnung zu halten hatten, waren bei der Arbeit und reinigten die Liegebänke im Tepidarium. Höflich grüßten sie die Patrona und versicherten, alles gehe seinen gewohnten Gang. Die blauen Fliesen des Kaltwasserbeckens glänzten sauber und leuchteten wie das Meer im Sonnenschein, sprudelnd ergoss sich das klare Wasser aus den Rohren. Auch das große Warmbadebecken war schon halb gefüllt, wenn auch das Wasser noch kalt war, denn die Heizer würden ihre Arbeit erst beginnen, wenn sie die Asche vom Vortag ausgeräumt und den Holzvorrat des Tages griffbereit vor dem Praefurnium aufgestapelt hatten. Dass sie damit beschäftigt waren, ließ sich aus dem Rumpeln und den dumpfen Schlägen der Äxte entnehmen, die die Scheite in handliche Stücke spalteten.
In dem großen Becken allerdings befanden sich wieder einmal Fremdkörper. Diesmal auf dem Wasser.
»Phönizier greifen die Colonia an?«
»Barbaren aus dem Norden, Mama!«
Maura und Crispus ließen zwei hübsch geschnitzte Holzschiffchen segeln, sie selbst mit geschürzten
Weitere Kostenlose Bücher