Rheines Gold
festgesteckter Decke irgendeine rege Bewegung festzustellen war. Zum anderen traten drei hünenhafte Begleiter verlegen von einem Fuß auf den anderen. Rufina erkannte Halvor und vermutete in den beiden anderen Männern Angehörige seines Clans.
»Ah, Aurelia Rufina, da bist du ja!«, rief Silvian aus.
Rufina war nicht sonderlich begeistert, den barschen Baumeister wiederzutreffen, aber sie riss sich zusammen und schaffte es mit einiger Höflichkeit, seinen Gruß zu erwidern.
»Baumeister Silvian, ich grüße dich. Kommst du, um ein Bad zu nehmen?«
»Das auch, aber als Erstes wollte ich dir das für deine Kinder geben.«
Er deutete auf den Korb, und ein wenig erstaunt sah Rufina ihn an. Eine solche Geste hatte sie von ihm nicht erwartet.
»Du kennst Maura und Crispus doch gar nicht.«
»Ich weiß aber, du hast einen Jungen und ein Mädchen.«
»Dann will ich sie holen lassen.«
Einer der kleinen Jungen, die immer darauf warteten, Botengänge zu erledigen, wurde ins Wohnhaus geschickt, um die Kinder zu holen. Kurz darauf trafen sie in Begleitung von Fulcinia ein. Maura und Crispus starrten neugierig auf den Korb, Fulcinia hingegen stand, wie es ihre seltsame Art war, unauffällig im Hintergrund und hielt die Lider züchtig gesenkt.
Wenn sie auch im engen Kreis der Familie selbstsicher auftreten konnte, so scheute sie jetzt doch wieder den Kontakt mit Fremden, vor allem mit Männern. Sie wagte weder Blicke noch Worte mit ihnen zu wechseln. Es schien, als würden die Besucher sie nicht bemerken.
»Diese beiden hier sind es?«, fragte Silvian freundlich, und Rufina legte den beiden Kindern die Hände auf die Schultern, um sie vorzustellen.
»Das ist der Baumeister, der für die Wasserleitung zuständig ist, Lucillius Silvian. Die anderen sind Halvor und seine Freunde.«
Höflich begrüßten beide Kinder die Männer, und wenn die drei Germanen auch von ihrem Aussehen überrascht waren, so zeigten sie es nicht. Dann aber konnte Crispus seine Neugier nicht mehr unterdrücken.
»Was ist in dem Korb?«, wollte er wissen und beugte sich über die zappelnde Decke.
»Zwei kleine Waldkatzen, die ihre Mutter verloren haben. Wir haben sie heute Mittag in einem hohlen Baumstamm gefunden. Sie haben so jämmerlich geweint. Wir haben es nicht über uns gebracht, sie zu ersäufen«, erklärte Halvor. »Der Baumeister meinte, sie würden euch Freude bereiten.«
»Oh, Mama, dürfen wir die behalten?«
»›Ich fürchte die Danaer auch dann, wenn sie Geschenke bringen.‹«
Begeistert klang Rufina nicht, aber Silvian grinste sie zustimmend an.
»Ja, ja, es ist ein Geschenk, das Verantwortung von euch verlangt, Kinder. Ihr werdet sie füttern müssen. Mit klein geschnittenem Fleisch vielleicht oder mit einem Ei.«
»Und bedenkt«, fügte Halvor mit einem breiten Lächeln hinzu, »die Katzen sind heilige Tiere. Unsere Göttin Freia, die eurer Venus gleicht, liebt sie sehr. Sie ziehen den Wagen, mit dem sie durch die obere Welt reist.«
»Oh, das ist hübsch, das will ich mir merken!«, antwortete Maura und schenkte dem großen Germanen einen strahlenden Blick, der ahnen ließ, dass sie dereinst die Männer zu ihren Füßen liegen haben würde.
Rufina zuckte mit den Schultern, die Freude wollte sie den Kindern nicht nehmen. »Behaltet sie, aber ihr müsst auch für sie sorgen. Ich habe keine Zeit, auch noch zwei Katzenkinder aufzuziehen. Ihr beide reicht mir! Und jetzt verschwindet.«
Mit einem Jubellaut ergriff Maura den Korb und zerrte Crispus hinter sich her.
Rufina verwandelte sich von der gestrengen Mutter wieder in die freundliche Geschäftsfrau und fragte die Einheimischen: »Ihr seid ebenfalls gekommen, um die Annehmlichkeiten des Bades zu genießen?«
Silvian antwortete für sie: »Ja, Aurelia Rufina, das sind sie. Doch Halvor und seine beiden Freunde besuchen das erste Mal eine solch kultivierte Stätte.«
»Dann will ich Nasus bitten, ihnen die einzelnen Räumlichkeiten und ihre Nutzung zu erklären. Wenn ihr Leintücher und Schaber benötigt, findet ihr alles an den Verkaufsständen. Auch wenn ihr Hunger und Durst verspürt, wird euch Erfrischung geboten. Wenn es irgendwelche Unklarheiten gibt, scheut euch nicht, mich rufen zu lassen.«
Sie winkte den Bademeister herbei und wandte sich dann an Silvian.
»Noch einmal möchte ich dir danken, Baumeister, dass du gestern so zuvorkommend warst.«
Silvian schien die triefende Ironie ihres Tonfalls nicht zu bemerken, sondern blieb gelassen stehen. Rufina
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