Rheines Gold
vorbei, und - nun, ich bin sicher schuld, dass er länger weilte, als er eigentlich wollte. Sieh, ich... ich bin es nicht sehr gewöhnt, mit Fremden zu sprechen. Aber - nun, die Lage war nicht glücklich. Gallus hat mich zwar aufgenommen, wie es einem Verwandten ansteht, aber er verlangte von mir, ich müsse doch noch eine Ehe eingehen. Er hatte zwei, drei Kandidaten aus seinem Klientel, die er mir beständig anempfahl. Es war mir sehr peinlich. Dein Gatte bekam eine dieser Auseinandersetzungen mit und versuchte, mich daraufhin anzusprechen. Ich muss gestehen, ich schätzte die Lage ziemlich falsch ein. Ich bin sehr ungeschickt in solchen Dingen.«
»Hat er dir einen Antrag gemacht, Fulcinia? Ich könnte es verstehen. Du bist eine gut aussehende Frau von großer Anmut.«
Fulcinia wirkte milde überrascht.
»Aber nein, Rufina. Nein, er hat mir keinen solchen Antrag gemacht, wie du befürchtest. Wie kommst du darauf? Er hat doch mit dir eine außergewöhnlich schöne Ehefrau. Nein, nachdem ich eine Woche lang nachgedacht hatte, sah ich seine Worte in dem Licht, in dem er sie gemacht hatte - als ein Hilfsangebot, mich aus der verzwickten Lage zu befreien, in der ich mich befand. Ich überwand mich also und sprach ihn darauf noch einmal an, als er sich verabschieden wollte. Das verzögerte seine Abreise leider. Denn es gab da Schwierigkeiten, Gallus davon zu überzeugen, dass ich mich seiner Fürsorge zu entziehen wünschte. Fulcinius Maurus hat das wundervoll und diplomatisch in die Wege geleitet, aber es dauerte eben seine Zeit, zumal er es auch geschafft hat, eine günstige Regelung bezüglich meines Vermögens herbeizuführen.« Fulcinia stand ein feines Lächeln in den Augenwinkeln. »Gallus hätte gerne die Hände darauf gehalten.«
»Jetzt hältst du deine Hände darauf.«
»Oh ja.«
Ein wenig verblüfft von der wunderlichen Art dieser Fremden, fragte Rufina dann neugierig nach: »Du... du hast recht lange Zeit benötigt, um Maurus’ Angebot anzunehmen. Hat er damals schon von der Stelle in der Colonia gewusst?«
»Aber nein, die Petronii besuchten wir erst nach meinem Auszug, auf dem Weg zurück nach Rom. Aber dazu habe ich mich schnell entschließen können. Sieh, das Leben auf dem Gut war so erschreckend langweilig. Ich hatte nichts zu tun, nicht einmal das Herdfeuer durfte ich entzünden. Maurus gab mir zu verstehen, hier gäbe es zumindest eine junge Frau mit Kindern, der ich zur Hand gehen könnte, aber als er mir dann von der Therme berichtete, sah ich noch viel weitergehende Aufgaben. Darum entschied ich mich sehr schnell. Eigentlich direkt in dem Augenblick, als er mir davon erzählte. Ich hoffe, du hältst mich jetzt nicht für eine Abenteurerin!«
Rufina konnte nur staunen. Diese würdevolle Dame neben ihr hatte offensichtlich ein ausgesprochen verqueres Bild von sich selbst.
»Aber nein, bestimmt nicht.«
Maurus hatte die Auseinandersetzung mit seinem Vater beendet, und Crassus hatte sich mürrisch damit abgefunden, dass sein Sohn zukünftig Wohnung im Barbarenland nehmen würde.
»Habt ihr euch miteinander bekannt gemacht, Füchschen? Ich hätte es in aller Form tun sollen, aber ihr habt ja gesehen, wie sehr ich meinen Vater wieder enttäuscht habe.«
Rufina sah ihren Mann an und entdeckte keine Spur von schlechtem Gewissen in seinem Gesicht.
»Ich habe Rufina von deinen großmütigen Taten bei Gallus berichtet, Maurus. Aber nun überlasse ich dir den Platz an ihrer Seite. Es scheint, als benötige sie dringend deinen Trost.«
»Aber nein, nicht doch. Rufina ist stets von heiterem Gemüt, Fulcinia.«
»Maurus, du bist ein eigensüchtiger Mann. Siehst du die Trauer nicht, die sie umgibt?«
»Füchschen, hat Fulcinia Recht? Ist etwas passiert? Ich war lange fort, ich weiß. Du wirst dich doch nicht etwa nach mir gegrämt haben?«
»Ein wenig schon, denn ich habe... nun ja, ich habe wieder ein Kind geboren.«
»Rufina!« Maurus setzte sich neben sie auf die Bank und legte den Arm um sie. »Oh Juno Lucina! Eine Folge jener Nacht, in der du mir geholfen hast, den Schatten zu entfliehen? Ich habe ein unheimliches Talent, dir immer wieder aufs Neue Schmerzen zuzufügen, Kleine.«
»Das ist es nicht, Maurus. Nur, weißt du, es war so ein schwacher kleiner Junge. Und... und ich konnte ihn nicht am Leben halten.«
Fulcinia sah, wie sich Maurus’ Miene versteinerte. Sie stand auf und legte ihm leicht die Hand auf die Schulter, dann verließ sie die beiden und gesellte sich zu Crassus, um
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