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Rheines Gold

Titel: Rheines Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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kümmern.«
    Die Gattin des Statthalters war inzwischen zum Stammgast geworden, und Rufina erkannte in ihrem Umkreis auch die junge Valeria Gratia und die silberblonde Oda. Die Tochter des Stadtrates ließ sich im warmen Wasser des Beckens treiben, der Germanin bürstete eine Dienerin die Haare aus, während Sabina noch unschlüssig am Beckenrand stand. Rufina wusste inzwischen, wie gerne sie an ihren Gewohnheiten festhielt, und dazu gehörte, dass sie sich, bevor sie das Caldarium nutzte, regelmäßig massieren ließ. Jede Abweichung vom geregelten Ablauf machte die Gattin des Statthalters unsicher. Darum winkte sie Rufina freudig zu, was wegen der Tücher, die sie um sich drapiert hatte, aussah, als ob ein junges Vögelchen mit den Flügeln schlug.
    »Wie schön, dass du vorbeikommst, Rufina! Bitte, bitte kümmere dich um mich, ich hörte eben, deine Masseurin sei erkrankt.«
    »Ich erfuhr es eben erst, Sabina. Natürlich werde ich für sie einspringen.«
    »Schön, schön, Rufina«, zwitscherte sie, scheuchte ihre Dienerin fort und flatterte in den Salbraum voran. Dort streifte sie die Tücher ab und bettete sich gemütlich auf eine Liege. Die meisten Frauen waren auf ihrem Badrundgang schon bis zum Schwitzraum vorgedrungen, und so waren sie alleine im Tepidarium. Rufina nahm ein Tiegelchen mit duftender Salbe und verteilte sie auf dem Rücken der molligen Frau. Mit gleichmäßigen, sanften, aber dennoch festen Bewegungen massierte sie ihr Nacken und Schultern, während Sabina genussvoll die Augen schloss.
    Und dann war da plötzlich ein kühler Luftzug - ein jäher Schmerz, Funken vor den Augen - und dann Dunkelheit.

13. Kapitel
    Böses Erwachen
    Du hast freilich kein Recht,
ein frei geborenes Mädchen unter Verschluss zu halten;
diese Furcht möge auf Völker fremder Herkunft beschränkt sein.
    OVID, AMORES
     
    Rufina wachte auf und fühlte sich entsetzlich. Es dauerte einige Zeit, bis sie die Gründe dafür herausfand. Das eine war ein schmerzender Kopf, das andere ein Knebel in ihrem Mund, ein scheußlicher, rauer Stofffetzen. Dann drückten sie kratzige Seile, die ihre Füße zusammengebunden hielten, und auch ihre Hände, stellte sie fest, waren gefesselt. Zu allem Überfluss lag sie auch ungemütlich zusammengerollt in einem schwankenden Korb, der mit einer Lage Stroh ausgelegt war. Sie schloss wieder die Lider, denn jede Bewegung verursachte ihr Übelkeit und Flimmern vor den Augen. Doch nach und nach gelang es ihr, das Unwohlsein zu besiegen, und sie fing an, sich in der ungewohnten Situation zu orientieren.
    Ich muss einen Schlag auf den Kopf bekommen haben, überlegte sie. Das Letzte, woran sie sich erinnerte, war der Salbraum. Den hatte sie auf jeden Fall unfreiwillig verlassen, denn als sie sich bemühte, durch das grobe Flechtwerk hindurchzuspähen, erkannte sie grüne Blätter, die vorbeizogen. Sie lauschte auch intensiv und nahm Vogelstimmen wahr. Dazu regelmäßige Schritte und gelegentlich ein leises Schnaufen. Vorsichtig bewegte sie sich etwas und fand eine Stelle, von wo aus sie den in braunes Tuch gehüllten Rücken eines Mannes erkennen konnte. Auf der anderen Seite gab es ein ledernes Wams, das eine kräftige Brust bedeckte. Daraus schloss sie, der Korb müsse an zwei Stangen hängen, die die beiden Männer geschultert hatten. Das war eine gängige Methode, um Jagdbeute und schwere Lasten zu transportieren.
    Dutzende von Gedanken gingen Rufina durch den schmerzenden Kopf, keiner davon war sonderlich klar. Sie hatten wohl die Stadt verlassen. Aber es war noch heller Tag, die Sonne schien hoch zu stehen. Sehr lange konnte sie nicht ohne Besinnung gewesen sein. Eine Weile ließ sie sich schaukeln und bemühte sich, weiter nachzudenken. Ob Meles sie hatte entführen lassen, um sie auf sein Landgut zu bringen? Er hatte am Tag zuvor noch einmal seine Werbung vorgebracht, und sie hatte unmissverständlich abgelehnt. Irgendwie erschien ihr diese Idee absurd. Er war mit Sicherheit nicht in heißer Liebe zu ihr entbrannt, dazu hatte er zu sehr den Ruf, ein Lebemann zu sein. Es gefiel ihm womöglich, jetzt, da er über eine Villa vor der Stadt verfügte, sie dort als fähige Herrin zu sehen. Denn dass sie ein großes Haus führen konnte, hatte sie mit der Therme ja bewiesen. Aber das rechtfertigte gewiss nicht den Aufwand, sie mit Gewalt dorthin schleppen zu lassen. Ein paar andere wirre Ideen lohnten nicht der Verfolgung, aber dann plötzlich kam Rufina ein furchtbarer Gedanke. Er war grauenhaft,

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