Rheines Gold
ungehalten über die Schulter. Er hatte einer Versammlung auf dem Forum beigewohnt und dazu dieses offizielle Gewand angelegt. Bei jener Veranstaltung war er unseligerweise, wie Rufina fand, Lampronius Meles begegnet, der sich bei ihm beklagte, sie habe sein Ansinnen endgültig abgelehnt.
»Ja, ja, du maßt dir an, die Thermen zu führen. Und du hast den Edelschnepfen erlaubt, ihre Floralia hier zu feiern, während die Männer sich im Rhein waschen konnten.«
»Hoffentlich haben sie sich keinen Schnupfen geholt!«
»Du kannst es dir nicht erlauben, sarkastisch zu sein. Wenn du wirklich etwas vom Geschäft verstehen würdest, hättest du dieses lukrative Angebot nicht ausgeschlagen.«
»Mein lieber Schwiegervater, auch du wirst zugeben, ein Gastmahl unter Frauen läuft nach gesitteteren Formen ab als eine Orgie unter Männern. Ich möchte nicht, dass meine Therme als Ort bacchantischer Saufereien oder wüster Hurerei bekannt wird. Das ist mein Geschäftsprinzip.«
»Lampronius Meles ist ein kultivierter Mann, es wird nicht zu Ausschreitungen kommen.«
»Sicher trägt Meles eine Tünche von Kultur, seinem Klientel und seinen Bekannten mangelt es aber daran.«
»Jupiter fulgur! Wenn sie zu ausgelassen werden, dann lass sie die Schäden bezahlen. Aber sorg endlich dafür, dass wieder Geld in der Kasse klingelt!«
»Sie wollen in die Nacht hinein feiern, Schwiegervater, und das heißt, ich kann auch den folgenden Tag nicht öffnen.«
»Und? Lass sie auch dafür zahlen. So macht man Geschäfte.«
Rufina schwankte. Meles hatte ein generöses Angebot gemacht. Er hatte es auch auf sehr charmante Weise getan. Sie war sicher, er würde sogar mehr zahlen, wenn sie die Schwierigkeiten schilderte, die seine Feier im normalen Betrieb verursachte. Er war ein reicher und großzügiger Mann. Andrerseits wollte sie den Ruf, eine anständige Badeanlage zu führen, nicht ohne Not aufgeben. Mit Gewissheit würde es bei dem Fest nicht beim Essen und Trinken bleiben. Außerdem war es ihr, anders als bei der Feier der Frauen, hier nicht möglich, hin und wieder nach dem Rechten zu sehen. Obwohl...
»Na, gut, Crassus, ich werde es mir noch mal überlegen. Aber wenn ich zustimme, dann wirst du meine Aufgabe übernehmen und darauf achten, dass es zu keinen Ausschreitungen kommt.«
Crassus grinste sie an.
»Natürlich werde ich das tun, meine Liebe. Ich werde sogar kostenlos für dich arbeiten.«
»Ja, aber nur, weil du kostenlos Meles’ Wein saufen kannst.«
»Giftzunge!«
Als Lampronius Meles am kommenden Tag wieder vorsprach, erklärte sich Rufina bereit, ihm die Thermenanlage für seine Veranstaltung zur Verfügung zu stellen, und, wie erwartet, war er auch bereit, den Verdienstausfall am Folgetag und alle eventuell auftretenden Schäden zu bezahlen.
Mit einer gewissen Genugtuung machte Rufina am Abend Kassensturz und fand nun schon nach einem Drittel des Monats Mai einen Überschuss vor. Sie legte die nötigen Münzen für den Pachteintreiber beiseite und achtete darauf, diesmal wenigstens einige größere Geldstücke dafür zu wählen. Die Löhne würde sie diesmal pünktlich zahlen können, und sie rechnete für Paula ein kleines Extra hinzu.
Doch das Unbehagen bezüglich des Festmahls legte sich nicht - und ihr Gefühl sollte sich bestätigen.
Zwar fing es am späten Nachmittag recht friedlich an. Köche und Bäcker brachten Körbe voll Speisen herbei, die im zum Triklinium umgestalteten Ruheraum aufgetischt werden sollten, Cyprianus hatte mehrere Fässer ausgezeichneten Importwein auf den Gestellen hinter seiner Theke aufgebaut und füllte ihn in zweihenklige Krater ab, um ihn darin mit Kräutern und Honig zu mischen. Die Blumenfrau hatte Efeukränze geflochten, die aufgesetzt die Kopfschmerzen in Folge der Trunkenheit verhindern sollten, Musikanten hatten sich eingefunden und stimmten ihre Instrumente, und zwei von Meles’ Sklaven schoben die Liegebänke um die rechteckigen Tische. Die Gäste, in legerer Tunika und Sandalen, trafen nach und nach ein. Einige sah Rufina zum ersten Mal in dieser Therme, andere kannte sie, so etwa den Duumvir Sidonius mit einigen seiner Freunde. Rufina begrüßte sie in der Eingangshalle, und Crassus, durchdrungen von seiner Wichtigkeit, führte die Gäste durch die Räumlichkeiten. Später zog sie sich dann zurück und beobachtete das Treiben nur noch von dem Fenster im oberen Stockwerk ihres Wohntraktes aus. Viel sehen konnte sie nicht, doch der Lärm war letztlich ein ausreichender
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