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Rheines Gold

Titel: Rheines Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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der Boden war matschig geworden. Mühsam stand sie auf und reckte sich. Sie musste weiter, eine andere Alternative gab es nicht. Umkehren war ausgeschlossen, und einfach liegen bleiben konnte sie auch nicht. Also stapfte sie weiter entlang dem Wasserlauf, doch mit schwindender Hoffnung, noch an diesem Tag auf die Straße zu stoßen.
    Sie fand sie auch am folgenden Tag nicht. Am Nachmittag war sie so erschöpft, ihre Füße waren so wund und blutig, dass sie sich einfach in das Laub legte und sich die Decke über den Kopf zog.
    Sie erwachte, weil ein warmer Atem ihr Ohr streifte. Ein Atem, der nicht besonders vertrauenerweckend roch. Sie schlug die Augen auf und sah in die goldenen Augen eines großen, grauen Wolfes, der sein mörderisches Gebiss zeigte.

14. Kapitel
    Veneralia, das Fest der Venus
    Ich aber klatsche dir Beifall, schmeichelnde Venus,
und deinen bogenkundigen Söhnen;
Göttin, nicke zustimmend zu meinem Vorhaben
und lass meine neue Gebieterin ein Einsehen haben
und sich lieben lassen.
    OVID, AMORES
     
    Der Herr und sein Diener hatten Rom Ende März nach einer stürmischen Überfahrt erreicht. Doch die Rollen waren nun vertauscht, was bei jenen, die sie kannten, weniger Verwirrung hervorrief. Wie die Jagdhunde verfolgten sie die Fährte, die sie in Massilia aufgenommen hatten. Ein paar gefällige Damen, nicht gerade Dirnen, sondern gelangweilte Ehegattinnen, die durchaus einen schönen Männerkörper zu schätzen wussten, konnten, bei vorsichtiger Befragung, schon weiterhelfen. So zeigte es sich, dass jener Militärtribun, der mit seinem Gold in Schwierigkeiten geraten war, tatsächlich nach Rom zurückgekehrt war. Nach schicklicher Zeit hatte er das Amt eines Ädilen übernommen und sich dabei mehr durch Freigebigkeit und allgemein gewährte Gefälligkeiten ausgezeichnet als durch Kompetenz.
    Eine weitere interessante Spur führte zu einem Goldschmied, der ebenfalls für seine Gefälligkeit bekannt war. Er hatte eine luxuriös eingerichtete Hinterstube für besondere Geschäftsanbahnungen.
    »Ja, ich habe natürlich eine kleine Auswahl ägyptischer Skarabäen hier, wenn der Herr an so etwas interessiert ist. Sehr hübsch, aus blauem Stein. Ich importiere sie von einem Edelsteinschnitzer in Alexandria.«
    »In Gold hast du keine?«
    »Nein, Herr. Goldschmuck aus Ägypten ist zu teuer. Und wird hier auch nicht nachgefragt.«
    »Obwohl es einige sehr ansprechende Arbeiten geben soll, habe ich mir sagen lassen. Ich sah unlängst ein paar sehr hübscher Statuen.«
    »Geschmackssache. Götter, die Katzen- oder Krokodilsköpfe tragen, wirken doch recht ungewöhnlich.«
    »Das ist allerdings wahr. Diese Ausländer hängen einer wunderlichen Religion an. Ich hörte, sie glauben sogar, der Mensch lebe nach dem Tode weiter, und sie bewahren daher seinen Leichnam auf.«
    »Sie konservieren ihn, das ist richtig. Morbides Verhalten, wenn du mich fragst, Herr.«
    »Sicher eine recht kindliche Vorstellung, nicht?«
    »Könnte man so sagen. Vor allem, weil sie den Gräbern ja auch noch allerlei Hausrat mitgeben, damit die Verstorbenen im Jenseits nicht auf ihre gewohnte Bequemlichkeit verzichten müssen.«
    Der Herr lachte wissend.
    »Ja, ja, die Bequemlichkeit. Stell dir vor, sie sollen ihnen sogar Rufer mitgeben, die an Stelle der Toten ›Hier!‹ schreien, wenn die Götter sie zu den fälligen Arbeiten aufrufen.«
    »Ja, ja, die Usheptis. Ich habe auch davon gehört. Wirklich ein lustiges Völkchen, die Ägypter.«
    »Ich denke, sie finden es sehr wenig lustig, wenn jemand diese Figuren aus den Gräbern entfernt, nicht wahr?«
    »Die Angehörigen würden sicher sehr ungehalten darauf reagieren.«
    »Vermutlich weniger wegen des Materialwertes als wegen der Aufgabe der Usheptis, denke ich.«
    »Da denkst du richtig, Herr. Jeder, der in den Besitz derartiger Figuren gelangt, sollte sie tunlichst den Blicken der Öffentlichkeit entziehen.«
    Ein paar Goldstücke lagen unter der Hand des Herrn, auch den Blicken der Öffentlichkeit, nicht aber denen des Goldschmieds entzogen.
    »Sehr hübsch allerdings sind die geflügelten Frauengestalten, die die Särge bewachen, nicht wahr?«
    »Die ägyptischen Frauen sollen wahre Schönheiten sein, sagt man. Ihre Göttinnen werden sie noch übertreffen.«
    »Daher formt man sie wohl aus Gold. Ich habe mal von einer Gruppe von vier Göttinnen gehört...«
    »Ja, Selket, Nephthys, Neith und Isis sind es angeblich, die sich um den Toten versammeln.«
    »Was würdest du mit

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