Rheingau-Roulette
Band, die vorzugsweise Musik der Rolling Stones spielten und hin und wieder einen Joint rauchten. Auf den Sommerpartys, die seit Jahren regelmäßig in immer gleichen Abständen im Freundeskreis stattfanden, spielten sie meist gegen Ende der Veranstaltung und bei erhöhtem Alkoholspiegel der Gäste auf. Oft kamen die Rockklassiker zu Gehör, Doros Version von Joplins ‚Mercedes Benz’ hatte Kultstatus. Wenn der Alkoholspiegel höher als gewöhnlich lag, wurden deutsche Schlager mit spontan veränderten Texten gesungen, unter der begeisterten Zustimmung der Gäste. Mittlerweile beendeten sie solche Feten in der Regel mit einer Auswahl deutscher Schlager.
„Willst du Kaffee oder Tee?“, Doro beugte sich zu Alexandra, „oder doch lieber einen Schnaps?“
„Danke, Kaffee bitte. Den Schnaps erst, wenn ich die Kuchen im Bauch habe und mich rollen kann!“
Alexandra hob ihre Kaffeetasse Doro zum Eingießen entgegen.
„Soll ich euch helfen?“
„Nein, danke. Fritz und ich haben alles im Griff. Sag mal, du bist doch Logopädin, nicht wahr?“
Alexandra nickte. Dorothea setzte sich neben sie. „Ich wollte dich etwas fragen. Etwas Berufliches. Mein Sohn Michael hat, glaube ich, einen kleinen Sprachfehler.“
„Warst du schon beim Kinderarzt mit ihm?“
„Ja, aber du weißt ja, wie Ärzte sind. ‚Wird sich schon verlaufen, warten Sie erst mal ab.’ Aber mir wäre es lieb, wenn du mal drauf gucken könntest. Das heißt, wenn es dir nichts ausmacht.“
„Nö, macht es nicht. Aber ich kann dir eben nur sagen, was das Problem ist, verordnen muss der Kinderarzt dann trotzdem.“
„Vielen Dank, das hilft mir schon weiter. Ich revanchiere mich dann gelegentlich.“ Doro nickte ihr zu.
Alexandra überlegte einen Moment. „Ich hätte da ein Problem, bei dem du mir vielleicht wirklich helfen könntest.“
„Ja?“
„Ich suche jemanden, der mir im Garten hilft. Jemand, der ein Händchen für die Gestaltung hat und nicht nur die groben Arbeiten macht. Aber die auch. Kennst du jemanden?“ Alexandra grinste. „Caro ist ja auch nicht soooo talentiert.“
„Hm.“ Dorothea runzelte nachdenklich die Stirn. „Ich wüsste da schon jemanden. Allerdings ist die Dame schwanger und wird sicher nicht so viel rackern wollen. Ich kenne das Grundstück von Liesels Haus. Da muss man schon ziemlich zufassen, um Grund rein zubringen.“
„Du sagst es. Und“, Alexandra zeigte ihre beiden Daumen, „die sind einfach nicht grün. Ich bin mit diesem Garten hoffnungslos überfordert. Wäre ja schön, wenn es grünt und blüht, aber ich habe überhaupt keine Ahnung, was man wo und wann pflanzt, wie es nachher wirkt und ob es schön aussieht. Ich weiß noch nicht mal, ob das, was ich da letztens rausgezupft habe, wirklich Unkraut war oder nicht doch die eine oder andere kostbare Pflanze.“
„Stella.“ Doro nickte. „Da kann dir nur Stella weiterhelfen. Sie ist eine begnadete Gartengestalterin. Aber, wie gesagt, schwanger. Hochschwanger, soweit ich weiß. Und sie macht Gartengestaltung nur als Hobby.“ Doro erhob sich.
„Weißt du was? Ich habe sie jetzt schon länger nicht gesehen, aber in zwei Wochen feiert doch Caro wie immer die erste Gartenparty des Jahres. Stella kommt bestimmt, jedenfalls, wenn das Kind noch nicht da ist. Dann kann ich sie dir vorstellen und du kannst sie fragen.“
Am anderen Ende der Kaffeetafel machte ihr Fritz Zeichen, dass sie sich weiter um die vollen Kaffeetassen der Taufgesellschaft kümmern sollte.
„Michael ist mit den anderen Kindern im Garten. Es ist der Kleine mit den dunklen Locken und der großen Klappe!“
Doro nahm die Thermoskanne und verschwand in die Küche.
Als Alexandra auf der Suche nach Michael in den Garten trat, fühlte sie sich, als ob sie einen Schlag mit dem Hammer gegen den Kopf bekommen hätte. Diese Hitze. Im Wohnzimmer war es dank geschlossener Fensterläden kühl und dämmrig und nachdem sich die Kinder in den Garten verdrückt hatten, war der Lärmpegel der normalen Gesprächstemperatur erwachsener Menschen gewichen. Hier draußen im Garten verlief sich das Geschrei der Kinder. Arno hatte einen Pool mit Sonnensegel aufgebaut und alle Kinder hatten sich so schnell wie möglich ihrer Klamotten entledigt und tobten nackt oder halbnackt im Wasser herum. Um den Pool herum stand zentimeterdick das Wasser auf dem Boden. Alexandra zählte. Drei Kinder von Arno und Caro, Charlotte, Josefine und Natascha. Dann waren da noch drei Kinder, die
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