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Rheingau-Roulette

Rheingau-Roulette

Titel: Rheingau-Roulette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sia Wolf
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freundlich, aber distanziert an. „Ich bin der Notnagel, wenn ich Arno eben richtig verstanden habe.“
    „Hallo Notnagel“, lächelte Alexandra etwas unsicher zurück. „Ich heiße Alex und ich kann nicht tanzen!“
    „Hört sich ja an wie bei den Anonymen Alkoholikern.“ Mit leisem Spott klang die kühle Stimme an ihr Ohr.
    Alexandra war amüsiert. „So fühle ich mich unter diesen virtuosen Tänzern rechts und links neben mir auch.“
    „Virtuose Tänzer?“ Er sah sich unter den Tanzenden um. Die Ironie in seiner Stimme war unverkennbar. „Ja, wenn man orientierungsloses Rumzappeln für einen lateinamerikanischen Standardtanz hält, dann vielleicht. Siehst du die Dame rechts neben mir?“ Er deutete auf eine Frau, die in atemberaubend hohen Schuhen auf der Tanzfläche umher stöckelte. „Sie macht die ganze Zeit Rumba-Schritte, während wir hier eigentlich einen stinknormalen Foxtrott tanzen.“
    „Tun wir das?“ Irritiert sah Alexandra auf ihre Füße.
    „Hm. Ich jedenfalls schon.“ Seine Mundwinkel waren amüsiert nach oben gezogen und Alexandra ging auf seinen scherzhaften Tonfall ein.
    „Kannst du die Tanzschritte wirklich unterscheiden?“
    „Nein. Nicht wirklich. Aber virtuos sieht das Gezappel der Dame nicht aus, das musst du doch zugeben, oder?“ Er tanzte eine Drehung und Alexandra musste sich Mühe geben, seinen Schritten zu folgen. Sie sah neugierig zu der Frau hin und versuchte die Unterschiede in der Schrittfolge zu ergründen. Die Haltung der Frau wirkte steif, aber das unterschied sie nicht von ihrer eigenen Haltung, die zunehmend verkrampfter wurde.
    „Ich merke gerade, du bist tatsächlich etwas störrisch“, sagte Hannes lächelnd. „Da muss ich wohl deutlichere Richtungszeichen geben“, und er verstärkte sanft den Druck seines Armes, der um Alexandras Taille lag.
    „Es ist eigentlich viel zu warm zum Tanzen.“ Alexandra schwitzte und es war ihr unangenehm, dass Hannes fühlen musste, wie ihre Hand von Schweiß feucht wurde.
    „Du hast Recht. Wir werden uns also in Richtung der Getränke bewegen, das ist der direkte Weg über die Tanzfläche.“ Ohne eine Antwort abzuwarten, steuerte Hannes ihren Tanz auf den Thekenbereich zu. Alexandra nutzte die Gelegenheit und betrachtete Hannes verstohlen.
    Er hatte kurze, braune Haare, die leicht mit Gel frisiert waren und igelig vom Kopf abstanden. Das Gesicht war oval, die Nase gerade, die Lippen schmal und leicht spöttisch nach oben geschwungen. An seiner Oberlippe war eine kleine zarte Narbe erkennbar. Nein, George Clooney war es definitiv nicht, mit dem sie hier tanzte. Die Augen waren dunkel, aber die Farbe konnte sie nicht erkennen. Sie tippte auf Braun. Sein Blick war auf die Tanzfläche gerichtet, scheinbar um einen tanzbaren Weg zur anderen Seite zu finden. Gerade, als Alexandra versuchte, seine Augenfarbe zu ergründen, richtete er seinen Blick auf sie. Hastig sah sie zur Seite. Sie wollte ihn nicht zu offensichtlich anstarren. Sie hätte ihr Interesse kaum richtig begründen können.
    „Tut mir leid, dass ich dich so anstarre. Meine Cousine hat mir von dir und den Frauen, die dir hinterher jagen, erzählt und ich wollte nur mal sehen, wie ein brandenburgischer Weiberheld so aus der Nähe aussieht!“ 
    Sie musste sich das Kichern bei dieser Vorstellung verbeißen. Das war jedenfalls nicht die passende Ansprache. Und sie hatte Befürchtungen, dass er so einen dämlichen Spruch möglicherweise als plumpe Anmache interpretieren könnte. Das wäre erst recht peinlich. Also doch lieber heimliche Blicke.
    „Du tanzt lieber links als rechts herum, stimmt´s?“ Hannes machte eine schnelle Drehung nach rechts und Alexandra fühlte, wie ihre Füße aus dem Takt gerieten.
    „Tut mir leid, aber mir liegt es nicht so, wenn der Mann die Führung übernimmt.“
    „Ah! Eine widerspenstige Tänzerin! Ich sehe schon, Arno hat mir einen schweren Auftrag erteilt!“ Mit geübtem Schwung führte er Alexandra über die Tanzfläche. „Das ist eine Herausforderung nach meinem Geschmack. Eine Frau, die sich nicht führen lassen will.“
    Alexandra schaute ihn kritisch an. Meinte er das jetzt ernst oder ironisch? Sein Blick war intensiv auf sie gerichtet und sie konnte sich nicht klar werden, wie er den Satz meinte. Sie wurde unsicher.
    „Na ja, so richtig widerspenstig bin ich gar nicht. Nur nicht so blöd, jedem Schritt eines Mannes blind hinterher zu laufen. Daraus folgt, dass man sich nicht so einfach über die Tanzfläche schieben

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