Rheingau-Roulette
Andrea erzählte gerade etwas über ihren Job, als sie von einem lauten Blöken unterbrochen wurden. Irritiert blickte Andi um sich. „Was ist das? Haben wir ein Schaf in der Küche?“
Alexandra kicherte und hob ihre nassen Hände. „Kannst du mal an mein Handy gehen und schauen wer anruft? Müsste auf dem Display stehen. Handy liegt in der Handtasche.“
„Aber klar. Ich mache nichts lieber als in fremden Handtaschen wühlen. Warte mal.“
Andrea kramte in Alexandras kleiner Handtasche nach dem Telefon. „Ein Schaf als Klingelton. Ich fasse es nicht. Was ist das hier, ein Taschenvibrator?“ Sie zog einen kleinen stabförmigen Gegenstand aus der Tasche.
Alexandra grinste. „Du blöde Nuss. Lass den Lippenstift in Ruhe und guck endlich aufs Handy, sonst ist der Anruf weg.“
„Dann war´s nicht wichtig ... So, hier: Krankenkasse Lübben steht hier.“
„Nimm ab, ich trockne mir die Hände.“
„Guten Tag, hier ist die Assistentin von Alexandra ...“, Andi hielt das Handy an die Brust gedrückt. „Alex, wie heißt du mit Nachnamen?“
„Rabe! Gib her.“ Alexandra schmiss das Handtuch in die Ecke und griff nach dem Telefon.
„Moment.“ Andrea flötete ins Telefon. „Einen Augenblick bitte, ich verbinde mit Frau Rabe.“ Sie reichte das Telefon an Alexandra weiter.
„Rabe, guten Tag. Ich hatte um Rückruf gebeten, weil ich gern mit Herrn Prinz sprechen möchte, der die Praxiszulassungen für Heilmittelerbringer bearbeitet. Ja, danke, ich warte.“
Alexandra drehte sich zu Andrea um.
„Hast du ein Papier und Stift dabei?“
„Wenn es etwas gibt, das Pharmareferenten immer dabei haben, dann sind das Stifte.“ Andrea kramte in ihrem Beutel und holte einen Firmenstift und einen kleinen Block aus ihrer Handtasche.
„Bitte. Leider nur die Klebezettelvariante, die anderen habe ich im Auto.“
Alexandra nickte ins Telefon. „Ja, vielen Dank, wann ist er wieder im Haus? ... bis auf weiteres erkrankt. Ach so. Gibt es eine Krankheitsvertretung? Können Sie mir den Namen und die Durchwahl sagen? Ja, ich höre: Herr Berger, und die dreizehn ist die Durchwahl?“ Sie schrieb hastig den Namen und die Nummer auf den kleinen Block. „Vielen Dank, auf Wiederhören“.
Sie sah auf den Zettel und stöhnte. „Oh nein! Nicht schon wieder dieser Arsch!“
„Wer hat einen Arsch?“ Neugierig sah Andrea auf den Zettel.
„Dieser Sachbearbeiter ist ein Arsch. Seit Wochen nervt der mich. Der hat keine Ahnung, keinen Plan, aber Macht.“ An diesen miesen Typen wollte sie jetzt nicht denken. Wütend schmiss Alexandra den Zettel in ihre Handtasche.
Andrea hatte in der Zwischenzeit die Gläser fertig gespült und summte leise einen alten deutschen Schlager vor sich hin.
„Du kannst ja singen“, stellte Alexandra überrascht fest. „Pass auf, dass Thessmann dich nicht hört, sonst wirst du sofort in seinen Gospelchor zwangsverpflichtet.“
Andrea lächelte. „Hat er es bei dir auch schon probiert?“ Sie kramte in ihrer Handtasche. Die blonden kurzen Haare leuchteten fast weiß durch die Sonne, die grell durch das Küchenfenster schien. Ihr schmales asymmetrisches Oberteil aus hellblauer Seide betonte ihre blauen Augen und ließ sie leuchten.
„Für einen Pfarrer sieht er verdammt gut aus!“ Sie zog einen Lippenstift aus der Tasche und zog ihre Lippen in einem zarten Rosé-Ton nach. „Ich glaube, es laufen im Ort schon Wetten, welche von den ledigen Müttern sich ihn unter den Nagel reißen wird.“
Alexandra lachte. „Und, mit wem rechnest du?“
„Mit dir!“ Andrea sah sie mit einem heiteren Blick an.
Alexandra schüttelte den Kopf. „Keine Chance. Du weißt doch, ich bin noch bedient vom letzten Kerl. Aber was ist mit dir?“
Andrea lächelte. „Dito. Erst mal bedient. Prinzipiell bin ich Frischfleisch im Ort ja immer zugetan. Aber er ist nicht mein Typ. Leider. Zu ... na, sagen wir mal: zu bodenständig? Hm, nein. Das ist falsch ausgedrückt. Vielleicht eher anständig.“ Sie nickte bekräftigend.
„Genau, ich glaube, er ist zu anständig, eben so richtig Pfarrer-mäßig, wenn du verstehst, was ich meine. Das ist nicht meine Wellenlänge, ich hab´s lieber so ein bisschen ... schmutzig.“ Sie grinste. „Ich kann mir dreckigen Sex mit Thessmann einfach nicht vorstellen, egal wie viel Mühe ich mir gebe. Du etwa?“
Alexandra fiel ihr letzter Tanz mit Thessmann ein, der sich schmutziger als jeder andere Tanz der vergangenen Wochen angefühlt hatte.
„Du unterschätzt ihn. Er ist
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