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Rheingau-Roulette

Rheingau-Roulette

Titel: Rheingau-Roulette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sia Wolf
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Alexandra konnte sich nicht entschließen, seinen Kuss zu erwidern. Nachdenklich und leicht amüsiert sah Thessmann sie an. „Du siehst mich an, wie das Kaninchen die Schlange.“
    „Naja, du bist der Pfarrer!“
    „Würdest du einen Kuss in Betracht ziehen, wenn ich nicht der Gemeindepfarrer wäre?“, fragte er leise.
    „Die Frage stellt sich doch nicht, oder? Du bist es. Und was macht ein Pfarrer ohne seine Schäfchen?“
    Er lächelte. „Du unterschätzt mich schon wieder. Ich bin nicht nur Pfarrer. Ich bin Theologe. Und meinen Abschluss habe ich cumma sum laube gemacht.“
    Sie musste lachen. „Cumma sum laube?“
    Thessmann nickte bekräftigend und grinste. „Na klar. Hat einer meiner Chormitglieder stolz erzählt.“
    Alexandra war amüsiert. „Du erzählst deinen Chormitgliedern, mit welcher Auszeichnung du dein Studium beendet hast?“
    „Nein. Nicht wirklich. Oder eher: nicht absichtlich. Der Kirchenvorstand hat es bei dem Einführungsgottesdienst erwähnt. Und das ist bei einem Chormitglied besonders hängen geblieben.“
    „Also, Herr Pfarrer. Lassen Sie uns rekapitulieren. Sie sind also Theologe mit Auszeichnung, leiten einen Chor mit Sängern, die neben guten Stimmen auch noch ein Down-Syndrom haben, und versuchen Gemeindemitglieder am Gartentor zu verführen.“
    „Weibliche Gemeindemitglieder. Um genau zu sein.“
    „Sonst noch was?“
    Thessmann nickte. „Ja. Die Berliner Kirche bearbeitet mich schon, seitdem ich hier die Pfarrstelle übernommen habe. Ich soll die kirchentheoretische Ebene in Berlin ein wenig verjüngen.“
    Alexandra sah ihn nachdenklich an. „Das ändert nichts an den Tatsachen. Reine körperliche Anziehung reicht nicht aus, um eine Beziehung darauf zu gründen, das sollte dir eigentlich klar sein.“
    „Wenigstens gibst du die körperliche Anziehung zu!“
    Seine Hände flirteten mit ihrem Körper. Er hatte sie seit dem Kuss nicht losgelassen. Mit großer Zärtlichkeit knabberte er ihr Ohr an. Die behutsamen Spuren seiner Berührungen kennzeichneten den Weg Ihrer Erregung. Es war schwer, ihm zu widerstehen. Sie seufzte leise. Vielleicht musste sie das auch nicht. Warum auch. Er war erwachsen, ungebunden, ebenso wie sie auch. Alexandra ließ sich treiben, verwöhnt von kundigen Händen und zarten Lippen. Ein Umgebungsgeräusch schreckte sie aus der Versuchung, seinem Werben nachzugeben.
    „Harald. Harry.“ Sie drehte den Kopf zur Seite und beendete den Kuss, den er ihr geraubt hatte. „Harry, bitte!“
    „Was? Soll ich den Wagen holen?“
    Das Kichern, das sie überrollte, beendete abrupt die hocherotische Situation, in der sie sich befanden. Auch Thessmann konnte sich dem Kichern von Alexandra nicht entziehen. Als sie sich beruhigt hatten, fragte sie: „Du hast nicht wirklich ernsthafte Ambitionen, oder?“
    Thessmann schaute sie nachdenklich an. „Und wenn doch? Würde es etwas ändern?“
    „Nein. Harald, du bist ein toller Mann. Aber ...“
    „Aber ein Pfarrer? Wolltest du das sagen? Du hast Angst vor meinen Konfirmanden!“
    Alexandra lachte. „Nein.“
    „... den alten frommen Damen, die mich alle anbaggern werden, weil der Pfarrer als Projektionsfläche für die unerfüllten erotischen Phantasien dient!“
    „Du hast Erfahrungen mit der Erotik alter Damen?!“
    „Sieht man doch, sonst hätte ich dich jetzt nicht im Arm!“
    Sie gab ihm grinsend einen kleinen Schubs, konnte sich aber nicht aus der Umarmung befreien. Sie sahen sich freundlich schweigend an. Thessmann räusperte sich.
    „Alex ..., hast du ..., ich meine ..., bist du anderweitig engagiert?“
    Alexandra schüttelte verneinend ihre Locken. Leicht strich sie ihm über den Arm. „Ich bin nicht verliebt in dich.“
    Er sah sie an und rieb sich die Haare aus der Stirn. „Das ist ein Argument.“
    „Tut mir leid.“
    „Muss es nicht.“ Er grinste. „Ich kann ja dran arbeiten. Wusstest du, dass neben meinen unbestreitbar vorhandenen Fähigkeiten als Verführer, die du ja eben erlebt hast, auch noch eine charmante Begleitung zu kulturellen Veranstaltungen, ein Bodyguard und sogar ein Frauenversteher in mir stecken?“
    Er hatte während dieser Unterhaltung seine Arme wieder enger um Alexandra geschlossen und seine unmittelbare Nähe erzeugte in ihr ein warmes Gefühl von Geborgenheit. Seine Stimme wurde leiser und sein Mund kam wieder näher an ihre Lippen. Sie war versucht, seinem Werben erneut nachzugeben. Seine Lippen lagen schon fast auf ihren, als sie mit rauer Stimme

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