Rheingau-Roulette
dem Schaden sitzen bleiben.“
Alexandra versuchte die weiteren Fragen zu beantworten, die sich auf mögliche Feindschaften mit anderen Menschen bezogen, aber sie wusste nicht, was sie sagen sollte. Sie hatte keine Feinde. Wohl Menschen, mit denen sie nicht gut zurechtkam. Aber niemand, der ihr wirklich schaden wollte. Oder?
Am heutigen Tag erschienen ihr die Vorwürfe, die sie gestern Abend im Zorn gegenüber Hannes geäußert hatte, selbst so abstrus, dass sie sich schämte, überhaupt auf den Gedanken gekommen zu sein.
Die Polizisten hatten von den Vorfällen mit den Ratten gehört und bewerteten den Einbruch so, wie es auch Alexandra tat. Es ging nicht um Wertsachen. Es ging darum, ihr zu zeigen, dass man Zugang zu ihrem Leben hatte. Sie nahmen die Anzeige auf und versprachen, während ihrer Streife öfter am Haus vorbeizufahren und ein besonderes Augenmerk darauf zu haben. Ansonsten würden sie den Fall besonders beobachten. Mehr würde aber zunächst nicht passieren. Die Ansätze für eine Ermittlung wären zu schwach.
Alexandra hatte nichts anderes erwartet. Sie hätte selbst nicht gewusst, wen sie einer solchen Tat verdächtigen sollte. Und wenn es aus ihrem direkten Umfeld kommen sollte, so war es umso schlimmer, denn es gab niemanden, dem sie so etwas zutraute.
Caro tröstete sie und sprach ihr Mut zu. Die Männer waren praktischer orientiert. Arno wollte sich um ein neues Schloss und den Einbau kümmern und Hannes ging mit ihr zum Haus zurück, damit sie von den Sachen, die heil geblieben waren, ein paar zusammenpacken konnte. Sie würde die nächsten Tage, bis das neue Schloss eingebaut wäre, in seinem Gästezimmer bleiben.
Alexandra spülte den Wischmopp zum zweiten Mal aus, als es an der Tür klingelte.
„Guten Morgen, Küken. Wie fühlst du dich?“
„Ganz gut. Seit dein Mann mir das neue Schloss eingebaut hat, fühle ich mich deutlich sicherer.“ Alexandra wies mit der Hand auf ein unverkennbar neues Türschloss.
„Ich bin stolz auf meinen Mann. Hat er gut gemacht.“ Caro ließ ihre Hand anerkennend über das Metall gleiten.
„Ja, finde ich auch. Aber er hat auch gesagt, selbst das neue Schloss würde bei dieser Tür nicht viel ausrichten. Langfristig muss ich wohl das Geld in eine neue Haustür investieren.“ Sie stand, offensichtlich erschöpft in einer kurzen, an den Rändern ausgefransten Jeans an der Tür. Ihr knappes T-Shirt war staubig und dreckig. Sie lächelte ihre Cousine schwach an.
Caro lächelte zurück. „Wenigstens kannst du schon wieder lächeln.“ Sie war ebenfalls in kurzen Hosen und T-Shirt. „Ich hab was zum Putzen mitgebracht.“ Sie schwenkte in der einen Hand einen Eimer mit Putzmitteln und in der anderen eine Flasche Sekt, die sie anhob.
„Du hast was zum Putzen mitgebracht?“ Fragend griff Alexandra nach dem Sekt und schaute auf das Etikett. „Teurer Stoff!“
„Ich dachte, wenn wir die fiese Arbeit des Reinigens hinter uns haben, genehmigen wir uns einen?“
Alexandra seufzte. „Ich sehe zwei Probleme dabei.“
„Welche?“
„Das erste Problem ist, dass mein Kühlschrank kaputt ist. Und warmer Sekt ist eklig.“
„Okay. Den defekten Kühlschrank hatte ich vergessen. Lässt sich aber mit einem kurzen Gang zu mir nach Hause regeln. Stell ich das Fläschchen eben dort kalt. Das zweite Problem?“
Alexandra grinste. „Ich trinke nicht mehr mit dir! Das gibt immer so ein böses Erwachen!“
Caro lachte. „Das liegt nicht an mir, sondern an deinem hemmungslosen Trinkverhalten.“ Sie machte eine kleine Pause und betrachtete ihre Cousine eingehend. „Wie sieht es denn aus? Hast du schon angefangen?“
„Ja. Wenigstens die Klamotten habe ich schon sortiert. Alles, was noch heile war, gewaschen, alles andere entsorgt.“
„Und? Schlimm?“
„Schlimm genug. Aber nicht so schlimm, wie ich dachte. Ich habe mich mehr über die zusätzliche Arbeit geärgert. Außerdem waren weniger Klamotten zerstört als es zuerst ausgesehen hatte.“ Ihre Lippen verzogen sich. „Keine zerfetzte oder fehlende Unterwäsche, ein Fetischjäger war es nicht. Wenigstens etwas.“
„Hm. Wenn ich ehrlich bin, hätte ich lieber einen Fetischjäger in der Bude gehabt als so einen undefinierbaren Einbrecher. Was sagt denn die Polizei?“
„Noch nichts Neues. Aber sie kümmern sich.“
„Schön. Also los. Dann wollen wir uns auch mal kümmern.“
Das Schlafzimmer roch stark nach Desinfektionsmitteln trotz des geöffneten Fensters. Caro
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