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Rheingau-Roulette

Rheingau-Roulette

Titel: Rheingau-Roulette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sia Wolf
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meinte, ich wäre schuld. Woran auch immer. Außerdem bin ich der Einzige, der noch nüchtern ist und fahren kann. Also, wenn du den Anruf bemerkst, ich entschuldige mich formal und ganz höflich und du sagst mir jetzt, wo ich dich abholen kann. Alex?“
    Alexandra schnaubte. „Blödmann.“
    Der vierte und letzte Anruf auf der Mailbox war wieder von Caro. „Schatz, wie schön, dass du in guten Händen bist. Hannes hat mich angerufen und mir gesagt, dass du unter der Dusche stehst. Genieß den restlichen Abend mit ihm. Ach ja. Sändi und Thessmann sind getrennt nach Hause gegangen. Nur falls es dich interessiert. Tschüssi!“
    Alexandra legte das Handy wieder in die Handtasche. Seufzend ließ sie ihren Kopf nach hinten in die Kissen sinken und stierte in Gedanken an den vorherigen Abend an die Decke.  Es half nichts. Sie musste aufstehen und sich den Dämonen der Nacht stellen.
    Im Bad waren ihre Sachen unberührt an der gleichen Stelle. Hannes hatte ihr eine neue Zahnbürste hingelegt, wie sie stirnrunzelnd feststellte. Leise murmelte sie: „Da hat wohl jemand öfter Überraschungsgäste.“ Daneben lag ein Zettel, auf dem stand, dass sie sich wie zu Hause fühlen sollte.
    „Sehr gerne“, knurrte Alexandra sarkastisch. Kein Lockenshampoo, keine Spülung, keine Körperlotion. Nur Männerkosmetik. Das heißt, Duschgel, Shampoo und eine Handcreme. In einer Schranktür fand sie sein Aftershave. Eine konisch zulaufende Flasche mit einem unleserlichen Aufdruck. Sie schraubte den Deckel ab und schnupperte. Es war der Duft, den er verströmte, wenn man ihm zu nahe kam.
    Aber wenigstens hatte er eine traumhafte Dusche! Sie schlüpfte hinein und genoss das lauwarme Wasser, das mit festem Druck aus der Massagebrause kam. Für so eine Dusche könnte man einen Mord begehen. Sie musste sich zwingen, die Wasserspiele zu beenden und trocknete sich ab. Ein Blick aus dem Fenster in den Hof offenbarte ihr, dass Hannes bereits wach war. Er stand in kurzer Jeans und T-Shirt am Ateliereingang und plauderte mit einem Lieferanten, der ihm Steine angeliefert hatte. Die beiden schienen sich gut zu verstehen, sie gestikulierten wild und lachten laut.
    Alexandra seufzte wieder. Schnell zog sie sich an. Ihre hellen Sandaletten waren von hässlichem braunem Schlamm verschmiert und sahen unrettbar verloren aus. Mit Wasser und Shampoo versuchte sie die größten Schäden zu beseitigen, was ihr besser gelang, als sie erwartete. Die Schuhe sahen am Ende der Behandlung fast wie neu aus. Sie beendete ihre Morgentoilette so gut es ging und kramte in ihrer Handtasche nach einer Haarspange, um ihre Locken zu bändigen, die sich aber ohne die Segnungen Locken zähmender Spülungen jeglichen Frisurversuchen widersetzten. Mit der Spange klemmte sie die Haare in einem wilden Dutt nach oben. Sie sah aus wie ein Wischmopp nach dem feudeln, fand sie. Aber es war nicht zu ändern. In der Küche fand sie einen Zettel mit einer Telefonnummer.
    „Ruf mich im Atelier an, wenn du wach bist. Hannes.“
    Sie rief ihn an. „Morgen. Ich soll dich anrufen, steht hier.“
    „Guten Morgen. Willst du Kaffee zum Frühstück?“
    „Gern. Aber nur Kaffee. Ich hab keinen Hunger. Wo finde ich den Kaffee?“
    „Du hast die Auswahl. Entweder, du liest dir die Gebrauchsanweisung für den Kaffeeautomaten in der Ecke durch. Die müsste in der dritten Schublade von links neben dem Automaten liegen. Das lesen und verstehen dauert nur etwa eine Stunde. Oder du kommst ins Atelier. Hier gibt´s Kaffee. Oder auch ein komplettes Frühstück. Wie du magst.“
    „Überredet. Kaffee ohne Frühstück. Ich komme rüber.“
    Alexandra nahm ihre Sachen und ging durch den Hof zum Ateliereingang. Weit geöffnet stand das Rolltor neben dem Eingang und ließ Licht und Sonne hinein. Es sah ganz anders aus als vor ein paar Wochen, als sie das letzte Mal da war. „Hast du umdekoriert?“
    „Hallo.“ Hannes sah auf. Er war mit einer kleinen Statue beschäftigt, die er vorsichtig in Luftblasenfolie einpackte.
    „Na ja. Es ist ein Teil meines Lebensunterhaltes, Dinge aus der Ausstellung zu verkaufen. Da muss ich gelegentlich neu ordnen. Und in den letzten Wochen habe ich viel verkauft. Glücklicherweise.“ Er lächelte sie an. „Scharfe Frisur! Kaffee steht oben in der Lounge. Hinter der Wand gibt es einen kleinen Freisitz. Ich komme gleich hoch.“
    Alexandra stieg die Treppe zur Lounge hoch. Die kleine schmale Tür, die etwas versteckt hinter der Wand eingelassen war, stand offen und

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