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Rheingau-Roulette

Rheingau-Roulette

Titel: Rheingau-Roulette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sia Wolf
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getroffen.
    „Also. Wo schläfst du heute Nacht?“
    „Bei mir. Ich ziehe in das andere Zimmer, hab ich doch gesagt.“
    Caro hatte sich aufgerichtet und sah ihre Cousine kritisch an. „Bist du sicher? Hast du keine Angst?“
    Ruhig antwortete Alexandra: „Selbst wenn ich Angst hätte ... ich muss zurück, sonst gehe ich gar nicht mehr. Das Schloss ist neu. Da kann niemand rein.“ Ihre Aussage bekräftigend nickte sie.
    „Alex, die Bude stinkt pervers nach Desinfektionsmitteln. Du kannst da heute Nacht noch nicht bleiben. Wenigstens noch einen Tag muss da durchgelüftet werden!“
    Alexandra warf ihr einen schnellen Blick zu, sagte aber nichts.
    „Also, was ist? Bleibst du noch bei Hannes oder soll ich die Kinder umquartieren?“
    „Ich war die letzten zwei Tage nicht bei Hannes.“
    Caro ließ die Tasse sinken. „Du warst nicht bei Hannes? Wo warst du dann?“
    „Im Hotel.“
    Völlig entgeistert sah Caro sie an. „Du warst im Hotel? Aber warum denn?“
    „Weil ich ...“ Alexandra zog nervös an einem Faden der wattierten Auflage. „Weil ich nicht bei Hannes bleiben wollte.“
    Caros Blick war durchdringend. Diese Augen machten keine Gefangenen, das war der Blick einer Mutter, die ihr Kind bei einer offensichtlichen Lüge ertappt. „Herzensschwester?“ Ihr sanfter Tonfall strafte ihren strengen Blick Lügen. „Du bist verliebt!“
    „Nein.“ Alexandra schüttelte bedächtig den Kopf. „Definitiv nicht verliebt. Vielleicht ...“ Sie verstummte.
    „Vielleicht was?“
    „Vielleicht etwas interessiert“, sagte Alexandra, wie entschuldigend.
    Caro lachte schallend. „Und die Erde ist eine Scheibe. Du bist so verknallt, meine Liebe, wie man nur sein kann.“             

Judith -3-
     
    Die rote Farbe war hartnäckig. Sie musste mit Nagellackentferner ihre bespritzte Haut reinigen. Erbost schrubbte sie mit dem Wattebausch an ihrer rechten Hand.
    Sie wurde nachlässig. Viel zu nachlässig.
    Hannes war dabei, als Alexandra den Einbruch bemerkte. Er würde Verdacht schöpfen, das wusste sie.
    Aber ihre Wut über diese Frau kannte keine Grenzen. Eigentlich hatte sie diesen Einbruch nicht geplant, aber die Schlampe hatte es nicht anders verdient. Sie hatte Hannes angeschrien. Hatte ihn angeschrien und angefasst. Sie konnte es genau sehen und sie hatte sehen können, dass zwischen den Beiden etwas passiert, das nicht passieren durfte.
    Das konnte doch nicht sein? Es konnte doch nicht sein, dass Hannes wirklich Interesse an dieser Frau hatte?
    Nein, diese Frau passte nicht zu ihm. Sie wechselte den Wattebausch in die andere die Hand. Keine Frau passte zu ihm. Hannes war ihr Mann. Keine Frau konnte ihr das Wasser reichen, nicht intellektuell und nicht körperlich. Ihre glatte Haut hatte ihn begeistert und über ihre Beweglichkeit im Bett hatte er nur gestaunt.
    Die linke Hand hatte viel mehr Farbe abbekommen als die Rechte, obwohl sie Handschuhe getragen hatte. Aber die Seile, aus denen sie die Henkersschlaufen geknüpft hatte, waren rau und hatten die dünnen Handschuhe zerrissen.
    Sie lachte leise. Es war eine freudige Überraschung gewesen, als sie den Blumentopf mit dem Schlüssel entdeckte. Er war schon lange nicht mehr benutzt worden und zuerst hatte sie Bedenken, er würde nicht passen. Aber dann hatte die Tür leise nachgegeben und sie stand im Flur.
    Es hatte Spaß gemacht, die Kleider aufzuhängen und sich das Gesicht vorzustellen, das die Hure machen würde, wenn sie es entdeckte. Diese hübsche Larve, mit den treuen braunen Augen, die vor Angst verzerrt auf die Gebilde starren würden.
    Eigentlich hatte sie noch viel mehr vorgehabt. Sie hatte das Licht gesehen, als das Auto kam und geglaubt, Alexandra käme gleich zur Tür herein. Darauf wollte sie vorbereitet sein. Der Griff der Schere brannte in ihrer Hand.
    Sie hatte sich gefreut auf den kommenden Augenblick und das Geräusch, das leise metallische Knirschen der Scherenblätter, die gegeneinander rieben und dabei die dunklen Locken zermahlen würden. Und den Blick, den Alexandra ihr zuwerfen würde. Der verängstigte und verzweifelte Blick einer Frau, die hilflos erleben muss, wie ihr die Haare abgeschnitten werden.
    Aber dann war das Auto einfach weitergefahren. Es war Hannes Auto, das hatte sie erkennen können. Und der Hass auf ihn und diese Hure stieg ins Unermessliche. Er nahm sie mit zu sich nach Hause. Er schrieb ihr Briefe und nahm sie mit in sein Haus. Wahrscheinlich auch in sein Bett.
    Sie schrubbte wutentbrannt an

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