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Rheingau-Roulette

Rheingau-Roulette

Titel: Rheingau-Roulette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sia Wolf
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ihren Händen. Nicht nur das. Er hatte sie auch am nächsten Morgen ins Haus begleitet. Und sie nach der Entdeckung des Einbruchs getröstet.
    Sie hielt inne. Das war es. Sie musste ihre Taktik ändern. Bisher hatte er sich immer von den Frauen zurückgezogen, wenn sie ihre Zeichen gesetzt hatte. Diesmal nicht. Und das war kein gutes Zeichen für sie.
    Sie warf den rot verfärbten Wattebausch in den Müll und begann mit ihrer Waschroutine. Sie hatte nicht mehr viel Zeit. In drei Tagen wollte Milan kommen, bis dahin brauchte sie einen neuen Plan.

4. Kapitel: Juli
     
    An die toten Ratten, die sie nahezu nach jeder Party auf ihren Treppenstufen vorfand, hatte sie sich fast gewöhnt. Sie hatte sich eine Routine zugelegt, mit der sie die Tiere entsorgen konnte, ohne sich zu übergeben.
    Als sie jedoch jetzt vom Laufen mit Gina zurückkam, fand sie nicht nur eine tote Ratte, sondern auch noch einen über dem Tier entleerten Eimer Gülle vor. Beides lag direkt vor ihrer Haustür.
    Sie erbrach sich sofort in das Rosenbeet, als der Gestank in ihre Nase drang. Alexandra konnte den Brechreiz nicht unterdrücken und spuckte, bis ihr die Galle kam. Erschöpft zog sie sich ihr Laufshirt aus und wischte sich die Spuren des Erbrochenen vom Mund. Vorsichtig schob sie sich an dem Haufen auf ihrer Treppe vorbei, das Shirt vor den Mund gepresst und versuchte, keinen Blick auf das tote Tier zu werfen.
    Sie rief die Polizei an und schilderte den Vorfall. Das war die Verabredung, die sie mit den Polizisten getroffen hatte. Sie fotografierte jedes Mal die toten Ratten aus verschiedenen Perspektiven und verschickte das Foto per E-Mail an die Polizeiwache. Nur wenn etwas Besonderes vorfällt, sollte sie sich außerdem persönlich melden.
    Der Polizist am Telefon war sehr liebenswürdig. Er würde einen Kollegen schicken, bis dahin sollte sie bitte keine Veränderungen vornehmen. Alexandra seufzte. Natürlich nicht. Die Polizei gab sich Mühe, aber der Täter war einfach nicht zu finden. Die Nachbarn waren informiert und bemühten sich, Auffälligkeiten oder unbekannte Personen zu beobachten und die Polizei darüber zu informieren. Alle gaben sich Mühe. Aber ihr Grundstück war genauso gut oder schlecht einzusehen, wie die anderen Anwesen hier in der Straße und so gab es einfach keine verwertbaren Informationen.
    Zu Beginn der Anschläge war sie verletzt, dass ihr jemand das antat. Mit dem Einbruch kam die Angst. Mittlerweile dominierte die Wut über die gemeinen Attacken.
    Sie hatte schon überlegt, ob Spekulanten an ihrem Haus und Grund interessiert waren und darauf zählten, dass sie entnervt aufgab und alles verkaufte. Aber es gab genügend Grundbesitzer im Ort, die ähnliche Grundstücke besaßen und gern verkaufen wollten. Zu ortsüblichen Preisen. Also gab es für Spekulanten keinen Anlass, sich strafbar zu machen.
    Langsam zog sie ihre Laufhose aus und versuchte den Boiler zu überreden, wenigstens lauwarmes Wasser bereitzustellen. Ganz kaltes Wasser wollte sie trotz der Wärme draußen ihren verspannten Muskeln nicht antun. Sie war an diesem Morgen das zweite Mal mit Gina gelaufen. Es ging erstaunlich gut und nach dem ersten spröden Versuch, sich dem Tempo und dem Laufstil der Mitläuferin anzupassen, hatten sie heute einen guten gemeinsamen Rhythmus gefunden. Sie plauderten nett nebenher und machten Pläne für einen Halbmarathon. Gina hatte ihr den Marathon ausgeredet und ihre Argumentation war gut. Wenn sie ohnehin unsicher war, sagte sie, hätte das keinen Sinn. Denn dann würden die langen Strecken, die sie im Training absolvieren müsste, ihrer skeptischen Motivation nicht gut tun und mit Zweifeln erreicht man sein Ziel nicht. Jedenfalls nicht das Ziel in knapp dreiundvierzig Kilometern. Sie hatte Recht, das wusste Alexandra auch.
    Der Boiler klickte leise und sprang an. Erleichtert stieg sie in die ihre Wanne und begann sich zu waschen. Sie hatte sich angewöhnt sehr schnell zu duschen, seitdem sie in dem Haus wohnte, denn der Boiler führte ein hartnäckiges und unberechenbares Eigenleben. Als sie fertig war und gerade ihre Haare trocknen wollte, klingelte es an der Haustür. Das musste der Polizist sein, den der Wachhabende vom Revier angekündigt hatte. Sie rief durch den Flur „Komme gleich“ und zog sich rasch an. Vor der Tür stand der junge Polizist, der schon den Einbruch aufgenommen hatte. Er hatte den Schaden auf der Treppe bereits fotografiert und stand mit einem Taschentuch vor die Nase gepresst an der Seite

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