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Rheingau-Roulette

Rheingau-Roulette

Titel: Rheingau-Roulette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sia Wolf
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tok, machte es und bei jedem Schritt auf der Treppe nach oben bummerte es lauter und schneller.
    Sie sah es nicht sofort. Hannes war abrupt vor ihr stehen geblieben und fast wäre sie in ihn hineingestolpert. Erst als sie hinter ihm vorbei in das Zimmer trat, konnte sie es erkennen. Ihr Schlafzimmer war verwüstet. Das Bett über und über mit roter Farbe besudelt, ihre Hosen, T-Shirts, Unterwäsche aus dem Schrank gerissen und auf den Boden geworfen. Ihre Kleider hingen, zum Teil zerfetzt, wie menschliche Körper drapiert in Galgenschlingen am Fenster. Quer über die Wand prangte in großen roten Buchstaben: „Hure!“
    Alexandra schluckte.
    „Ach, du Scheiße“, sagte Hannes erschüttert und warf ihr einen schnellen Blick zu.
    Ihre Augen füllten sich mit Tränen. Die aufsteigende Übelkeit, die sie im Magen fühlte, zwang sie, sofort frische Luft zu atmen, sonst würde sie sich hier übergeben müssen. Sie wandte sich ab und rannte die Treppe runter nach draußen. Nur weg. Sie rannte. Sie lief, so schnell sie konnte, bis sie bei Caro war. Durch die kleine braune Pforte in den Garten. Atemlos blieb sie stehen.
    Idylle. Sommerliche Gartenidylle mit Kindern. Arno lag mit einer Zeitung auf dem Bauch schlafend auf einer Sonnenliege, Lotte und Josie spielten friedlich im Garten. Sonne beschien ihre kleine Spielecke mit der Puppenküche, die sie aufgebaut hatten und den Kaffeetisch, den sie für ihre imaginären Gäste gedeckt hatten. Natz balancierte auf einem Einrad und Caro hockte gebückt über einem Beet und jätete. Der Hund flitzte mit einem zerkauten Ball im Maul auf Alexandra zu und bellte begeistert den Besuch an.
    Caro blickte auf und sah Alexandra, atemlos und totenblass am Gartentor stehen. Sie erkannte sofort, dass irgendetwas nicht stimmte, und stand auf.
    „Was ist los?“
    Alexandra merkte, dass ihre Stimme versagen wollte.
    „Einbruch. Verwüstet.“ Abgehackt fielen ihr die Worte aus dem Mund.
    „Scheiße.“ Caro zog sich die Gummihandschuhe aus und kam auf Alexandra zu.
    „Bei dir wurde eingebrochen?“
    Alexandra nickte.
    „Wann? Heute Nacht? Warst du zu Hause?“
    Alexandra nickte erst und schüttelte dann den Kopf.
    „Bei Hannes“, krächzte sie.
    „Komm her.“ Caro nahm sie fest in den Arm. „Hast du schon die Polizei angerufen?“
    Alexandra schüttelte wieder den Kopf. „Keine Polizei. Hannes ist noch drüben.“
    „Ich rufe an. Setz dich auf die Terrasse.“
    Caro holte das Telefon und rief die Polizei an. Die Streife war schon auf dem Weg, also hatte Hannes schon angerufen. Arno war aufgewacht, als der Hund bellte und zu ihnen auf die Terrasse gekommen, als er bemerkte, dass etwas nicht stimmte. Mit finsterer Miene rief er Hannes an, während Caro mit der Polizei telefonierte. Arno legte auf und sah seine Frau und die völlig apathisch wirkende Alexandra an.
    „Wir kümmern uns.“ Tröstend legte er seine Hand auf ihre Schulter.
    „Hannes wartet im Haus, bis die Polizei da ist. Ich gehe rüber und komme nachher mit allen hierher.“
    Es dauerte ungefähr eine Stunde, bis die Polizei eintraf. Arno und Hannes begleiteten sie. Auf der Terrasse saßen Alexandra und Caro in der Sonne und spielten mit den Kindern Memory. Alexandra war froh um die Ablenkung, die die Beschäftigung ihr bot. Als sie die Ankommenden sah, begannen ihre Hände leicht zu zittern. Sie spürte Caros Arm um ihre Schultern.
    „Nur die Ruhe.“ Caro blieb dicht bei ihr sitzen.
    Die beiden Polizisten, ein großer junger Mann und ein ebenso großer, aber älterer Mann mit grauem Bart stellten sich vor. Sie hatten den Schaden aufgenommen, fotografiert und Hannes schon befragt. Die Einbruchszeit wurde nach seinen und Alexandras Aussagen auf den vorherigen Abend, zwischen neunzehn Uhr und Mitternacht datiert. Den befragten Nachbarn war nichts Ungewöhnliches aufgefallen.
    „Sie sagten, die Tür war abgeschlossen? Wie viele Schlüssel gibt es zu dem Haus und wer hat sie?“
    Der ältere Polizist sah sie fragend an.
    „Zwei. Ich habe einen Schlüssel und Caro“, sie wies auf ihre Cousine, „hat einen. Weitere Schlüssel gibt es meines Wissens nicht.“
    Caro wurde blass. „Mist. Das hab ich völlig vergessen. Es gibt noch einen Schlüssel.“ Sie stöhnte. „Liesel hatte ihn neben der Treppe in einem Blumentopf versteckt.“
    „Ah, der Klassiker.“ Der Polizist nickte bedächtig.
    „Das ist natürlich schwierig, auch aus versicherungstechnischen Gründen.“ Mitleidig sah er Alexandra an. „Sie werden auf

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