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Rheingau-Roulette

Rheingau-Roulette

Titel: Rheingau-Roulette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sia Wolf
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rümpfte die Nase. „Boah. Das stinkt hier. Was hast du denn bloß für ein Zeug benutzt?“
    „Alles, was ich noch finden konnte. Ist mir auch egal, wie es hier stinkt, schlafen werde ich hier nicht mehr.“
    „So, wo denn dann? Ziehst du jetzt komplett zu Hannes? Weil es sich so schön mit ihm streiten lässt? Oder vielleicht etwas ganz anderes?“ Ihr Blick war schelmenhaft.
    Alexandra boxte sie leicht in die Seite und sagte schnell: „Nicht zu Hannes, nein. Ich ziehe ein Zimmer weiter. Schließlich gibt´s hier genug Räume im Haus. Dann nehme ich eben das Zimmer, das wir neulich geräumt haben. Hier muss sowieso noch gestrichen werden.“ Sie zeigte auf die Wand, an der noch immer die Spuren des bösartigen Schriftzuges erkennbar waren. Arno hatte sie mit weißer Farbe notdürftig abgedeckt, aber auf dem vergilbten Hintergrund kamen die Buchstaben genauso deutlich hervor, wie zuvor die knallrote Schrift.
    Caro besah sich das Bett, das noch immer voller roter Farbe war. Sie zog sich die Gummihandschuhe über, die ihr Alexandra reichte. Mit spitzen Fingern hob sie eine Decke an.
    „Widerlich“, sagte sie leise.
    „Du sagst es.“ Alexandra hob mit ebenso spitzen Fingern die Decke mit an und gemeinsam packten sie die Bettdecke, das Kopfkissen und alle Bezüge in große Müllsäcke.
    „Die Matratze werfen wir durchs Fenster in den Garten.“ Kritisch beäugte Alexandra das Fenster und den darunterliegenden Teil ihres Grundstückes. „Meinst du, wir kriegen die hier durch? Und der kleine Busch da unten wird es nicht überleben, vermute ich.“ Sie zeigte auf einen kleinen Ginsterbusch.
    Caro sagte grinsend: „Den konnte ich noch nie leiden. Da saßen immer die Holzböcke drauf, die sich bei mir in den Kniekehlen festgebissen hatten.“
    „Also los. Versuchen wir es.“
    Sie hoben gemeinsam die Matratze vom Bett und wuchteten sie auf die Fensterbank. Mit großer Kraftanstrengung und unter heftigem Fluchen gelang es ihnen, sie so weit durch das Fenster zu schieben, bis die Schwerkraft ihr übriges tat und die Matratze auf den Boden fiel. Das Geräusch war dumpf, begleitet von einem leisen Knarren und Ächzen. Als sie aus dem Fenster sahen, war von dem Ginsterbusch nur noch das Ende eines Ästchens erkennbar, das unter der Matratze hervorguckte.
    „Treffer, versenkt!“
    Caro und Alexandra lachten sich an. „Humor ist, wenn man trotzdem lacht!“ Caro schubste Alexandra an. „Wer zuerst unten ist, kriegt ein Eis!“
    Sie verschnürten die Matratze so gut es ging Platz sparend und luden sie mit den Müllsäcken in den kleinen Transporter, den Hannes organisiert und zum Haus geschickt hatte. Der Fahrer, ein junger Pole, hatte das Bett von Oma Liesel abgebaut und kümmerte sich um die Entsorgung. Dankbar drückte ihm Alexandra ein Trinkgeld in die Hand und sah sich im Zimmer um.
    „Eigentlich müsste ich einkaufen gehen. Einen neuen Schrank, ein neues Bett, eine neue Matratze, neue Wäsche - alles neu.“
    Caro nickte und sagte bestimmt: „Du hast Recht. Aber nicht heute.“ Sie schob sie aus dem Zimmer und die Treppe hinunter.
    „Abschließen, Süße. Und zwar alles. Die Fenster oben müssen gekippt bleiben, sonst stirbst du wegen Atemlähmung. Aber sonst wird die Bude verrammelt. Und wir gehen erst mal zu mir.“
    Alexandra holte ihre Handtasche und schloss seufzend die Haustür hinter sich ab. Den kurzen Weg bis zu Caro legten sie in gemütlichem Schritt zurück.
    „Wo schläfst du eigentlich heute Nacht? Bei Hannes?“ Caros Blick war neugierig und ihre Stimme klang harmlos interessiert. „Du hast noch gar nichts erzählt. Sitzt ihr abends in der Küche und plaudert nett, oder streitet ihr?“
    Alexandra machte theatralisch den Tonfall eines Fernsehsprechers nach. „Wird Caroline je erfahren, ob ihre Cousine ein Verhältnis mit Hannes, dem Bildhauer hat? Schalten sie auch morgen wieder pünktlich ein, wenn es heißt, der Sozialversicherungsangestellte und die Lady.“
    „Lady! Ich brech zusammen.“ Caro kicherte. „Komm, leg einen Zahn zu. Der Sekt wartet.“
    Sie tranken Kaffee anstatt Sekt. Träge in ihren Liegesesseln liegend mit dem duftenden Gebräu in der Hand beobachteten sie die kleinen Rotschwänzchen, die fröhlich im Vogelbad planschten, und unterhielten sie sich über den Einbruch und seine Folgen. Alexandra wollte keine Angst zulassen, auch wenn sie wusste, dass sie ihrer Cousine mit dem Versuch des leichtfüßigen Geplauders nichts vormachen konnte. Der Einbruch hatte sie tief

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