Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Rheingold

Titel: Rheingold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Grundy
Vom Netzwerk:
würde... ein Griff, ein Stoß!
    Aber das würde Wals' Sippe nur zur Schande gereichen und wäre keine gerechte Rache. Sie eilte in die Kammer und zog die nassen Sachen aus. Er folgte ihr und verschlang sie mit seinen Blicken. Mit Sigmunds Kind im Leib konnte sie es sich leisten, großzügig zu sein. Sie streckte die Hände nach ihm aus und streichelte ihn liebevoll, als er sich auszog. Am Anfang war er zu heftig, aber er wurde sofort sanfter, als sie einen Klagelaut ausstieß, und er lachte zufrieden, als Siglind ihn daran erinnerte, daß sie noch wund war.
    »Nein, bleib liegen«, flüsterte Siggeir, als er sich erhob und nach dem Schwert in der Scheide griff. »Ich habe gehört, wenn du einen Tag ruhst, dann besteht nicht die Gefahr, den Samen zu verlieren. Gib mir noch einen letzten Kuß, damit das Glück mir gewogen bleibt, dann muß ich gehen - wir hätten schon im Morgengrauen die Segel gesetzt, wenn ich dich nicht so lieben würde, um mir diese letzte Gelegenheit nicht entgehen zu lassen. Aber wenn ich wiederkomme, habe ich ein Seidenkleid für dich und römischen Schmuck von der gallischen Küste.«
    Er beugte sich über sie und küßte sie sehnsüchtig, als vor der Tür der tiefe Baß seines Steuermanns ertönte: »He! Siggeir, die Flut geht bald zurück. Geht es nun los, oder warten wir bis zum Abend?«
    »Es geht jetzt los!« rief Siggeir. Er streichelte Siglinds eingefallenen Leib zwischen den Beckenknochen, als könne er bereits spüren, wie das neue Leben dort wuchs. Seine schmalen Lippen zitterten, als wollte er noch etwas sagen oder nicht sagen.
    »Gute Fahrt«, sagte Siglind.
    »Gib auf dich acht, Frowe«, erwiderte Siggeir. Sie zog die Decken über sich, als er die Tür leise hinter sich schloß.
    Siglind wischte die nassen Spuren von Siggeirs Kuß am Leinentuch ab. Sie legte sich schläfrig zurück, und der Samen ihres Mannes floß auf das Laken. Als sie wieder einschlief, legte sie die Hände auf den Leib, um das Wälsungenkind darin zu schützen.

14
DER SOHN
    Der Schnee türmte sich mannshoch, als Siglinds Wehen einsetzten. Dicke weiße Flocken tanzten durch den dunklen Wintermorgen, und vom windgepeitschten Meer drang das donnernde Klatschen der Wellen herauf. Am späten Nachmittag lag sie noch immer bleich und gequält auf dem Laken und preßte die Lippen zusammen, um nicht zu stöhnen. Reiche und die walisische Magd schüttelten die Köpfe.
    »Es ist zu groß«, sagte die dicke Reiche düster, »wir müssen die Seherin rufen. Der arme Siggeir... es sah doch schon aus, als sei sein Glück wiedergekommen.« Sie ging hinaus und überließ Siglind der stummen Waliserin.
    Die Magd tauchte ein Tuch in den Kessel über dem Feuer, wrang es aus und fuhr damit über Siglinds zitternde Schenkel. Im trüben Schein des Feuers wirkte die Waliserin mit ihren langen schwarzen Haaren um das schmale Gesicht und der spitzen, langen Nase wie eine Hexe. Ihr Mund war nur ein dunkles Loch, als sie beruhigende Laute ausstieß, während sie sich über Siglind beugte. Die Frau sah sich verstohlen um und zog dann aus dem grauen Kleid ein Band. An dem Band hing ein grob geschnitztes Holzkreuz mit seltsamen Runen. Siglind hatte ähnliche Kreuze unter den Beutestücken aus dem Land der Römer gesehen. Die stumme Magd hielt es Siglind über die Brust und sah ihre Herrin mit großen dunklen Augen an. »Ist das ein Zauber gegen Schmerzen?« flüsterte Siglind. »Wird er mir bei der Geburt helfen?«
    Die Waliserin nickte, deutete mehrmals auf den Rauchfang und wies mit dem Finger nach oben. »Die Götter... deine Götter?«
    Die Frau nickte heftig, breitete in einer Geste allumfassender Liebe die Arme aus und lächelte Siglind zahnlos und ohne Zunge an. Sie bewegte die Lippen, als flüsterte sie Worte. Siglind schüttelte den Kopf und hob schwach die Hand, um das Kreuz beiseite zu schieben, als die nächste Wehe einsetzte. »Wenn meine Götter mir nicht helfen, dann muß ich es aus eigener Kraft schaffen...« Sie rang nach Luft, als der heftige Schmerz wieder etwas nachließ. Erschöpft sank sie gegen das Kissen, während die Waliserin das Zauberkreuz wieder einsteckte und das Zeichen des Hammers schlug.
    Siggeirs erregte Worte hallten durch die Halle: »Was kümmert es mich, wenn es schneit. Du bist ein elender Feigling! Siglind und mein Sohn kämpfen dort drinnen um ihr Leben, und du fürchtest dich vor dem Wetter? Na gut, dann werde ich selbst gehen.«
    Man hörte ein paar gemurmelte Worte und dann wieder Siggeir

Weitere Kostenlose Bücher