Rheingold
und erfüllte ihn mit lodernder schwellender Kraft. Er erhob sich, ergriff die warme, weiche Hand der Frau und half ihr beim Aufstehen. Die Höhle erschien ihm zu klein und zu beklemmend. Der Geruch nach schlecht gegerbten Kaninchenfellen, alten Elchknochen und ungewaschenen Decken hing in der Luft. Er überließ sich dem Trieb, der immer stärker und heftiger sein Herz und seinen Körper erfaßte, legte den Arm um Freydis' runde Schultern und führte sie nach draußen. Ihre Hüfte streifte seinen Schenkel. Sie schmiegte sich zufrieden in die Rundung seines Arms, als sie vor die Höhle und in das Licht des gelben Vollmonds traten.
Freydis legte den Kopf zurück, und ihre Lippen öffneten sich ein wenig. Sigmund beugte sich vor und küßte sie. Er atmete tief ihren süßen Kräutergeruch ein und drückte den runden Körper an sich. Ihr Atem ging schneller nach dem Kuß. Sie schlug die Augen auf, und der weiß-goldene Ring um die dunkle Pupille zog ihn in ihre Tiefe wie in einen unterirdischen See, um den heiße Flammen brannten. Sie liefen den felsigen Abhang hinunter zu den raschelnden Bäumen, wo die weißen Waldblumen wie kleine Sterne im Gras funkelten, und das silberne Mondlicht, das sanft durch die Zweige schimmerte, Sigmund die Winterstürme vergessen ließ, die in seinem Herzen getobt hatten, und ihn für das Feuer empfänglich machten, das aus der feuchten Erde heraus durch seinen Körper zu zucken schien. Er umarmte Freydis wieder, hakte ihren Rock auf und liebkoste ihr Gesäß, als der Rock zu Boden sank. Sie zog sich den Kittel über den Kopf und ließ die dichten langen Locken auf die nackten Schultern fallen. Dann löste sie den Gürtel seiner Hose und streifte sie ihm ab, um mit bebenden Händen nach ihm zu fassen. Zusammen sanken sie in das dichte, kühle Gras. Die Kraft ihrer Körper begann, wie ein lange aufgestauter Strom zu fließen, als er in sie eindrang. Sigmund überließ sich ganz dieser Kraft, als ihre Blicke sich trafen und sie wie ein glühender Funken miteinander verschmolzen. In diesem Augenblick der Glückseligkeit glaubte er, Siglinds Gesicht zu sehen, ihre blonden Haare und ihren schlanken, festen Leib an sich zu pressen, der sein Gegenbild war. Aber ihn umschlangen Freydis' starke Arme, und ihre runden Schenkel umschlossen fest seinen Körper, als sie mit der dunklen Stimme atemlos flüsterte: »Sigmund, Sigmund...« Und es gab nichts als sie und ihre Leidenschaft, die ihn peitschte. Sigmund rang nach Luft und schrie wortlos auf. Blitze der Dunkelheit und des Lichts blendeten seine Augen, und ein heftiges Rauschen wie von einem starken Wind drang an seine Ohren, als er sich ergoß und sie ihn noch fester umklammerte, um seinen Samen tief im Leib zu verschließen, und er sich langsam erschöpft aus ihr zurückzog. Sigmund und Freydis drückten sich aneinander und liebkosten sich schläfrig eine Weile, bis der immer kühler werdende Nachtwind eine Gänsehaut auf den nackten Körpern hervorrief. Sie halfen sich gegenseitig beim Anziehen und kehrten langsam zu Sigmunds Höhle zurück. Dort schmiegte sich Freydis unter den Fellen an Sigmund. Er war schon beinahe eingeschlafen, als ihn ein Gedanke durchzuckte.
»Wieso weißt du, daß ich Sigmund heiße?« fragte er. Ihre Muskeln spannten sich kurz, um dann wieder weich zu werden. »Ich bin eine Hexe«, murmelte ihm Freydis ins Ohr. »Keine Angst, es ist unser Geheimnis. Nur Siglind und ich wissen darum.« Sigmund glaubte verschwommen, noch etwas fragen zu müssen, aber in der tröstlichen Wärme dieser Frau fiel er bereits in Schlaf. Er legte noch fürsorglich einen Arm um sie und dachte: Morgen... der Gedanke versank in einem goldenen Schimmer, der bis auf Freydis' Nähe alles aus seinen Träumen und Gedanken verbannte, bis er, umhüllt vom Duft ihrer dichten Haare, erwachte, sich nur noch an ihre Liebe erinnerte und wieder nach ihr griff.
*
Siglind blieb drei Nächte bei ihrem Bruder in der Höhle - drei Nächte und zwei Tage, in denen sie sich liebten, spielerisch miteinander im Gras rangen, lachten und zusammen durch den Wald liefen. Aber noch vor dem dritten Morgen kam Wind auf. Siglind erwachte vom dumpfen Klatschen der Regentropfen auf den Steinen und wußte, sie mußte zu Freydis zurück. Behutsam hob sie die Decken, stand auf und küßte ihren schlafenden Bruder ein letztes Mal, bevor sie Freydis' Kleider anzog und sich wappnete für den kalten Weg durch die Dunkelheit zurück zu dem Haus der Seherin.
*
Hinter den Wolken
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