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Rheingold

Titel: Rheingold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Grundy
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brüllen: »Sie wird kommen, und wenn ich sie an den Haaren hierher schleppe! Sattelt mein Pferd, schnell!«
    Wieder durchzuckte Siglind eine Wehe. In ihrer Pein umklammerte sie die Hand der Magd so fest, daß die Waliserin sich krümmte. »Hol mir das Schwert!« keuchte Siglind, »hol mir Siggeirs Schwert, schnell, hervor er losreitet.. .« Die Magd eilte hinaus, und Siglind blieb allein in der Kammer zurück. Aus dem Augenwinkel sah sie die dunklen Gestalten der Geisterfrauen um sich - die Idisen, die toten Frauen ihrer Sippe. Sie waren gekommen, um ihr zu helfen, das Kind zu gebären, oder sie beide in Huldas stilles Reich zu führen. Siglind hatte sie bei den leichten Geburten von Siggeirs Söhnen nicht so deutlich gesehen.
    Aber jetzt beugten sie sich über Siglind -Schatten im flackernden Licht des Feuers. Die Dunkelheit verschleierte ihre Gesichter. Siglind wußte, ihre Mutter war nicht unter ihnen. Wotans Walküre ritt durch den Sturm und schützte ihre Tochter vor allen bösen Dingen, die im Wind heulten und mit spitzen, eiskalten Klauen am Tor der Halle kratzten und scharrten.
    Eine neue Wehe ließ sie von Kopf bis Fuß erbeben trotz der schattenhaften Hände der Frauen am Bettrand, die sie mit ihrer Geisterkraft beruhigten, bis die Waliserin mit Sigmunds Schwert in die Kammer kam.
    Siglind umfaßte den Schwertgriff, die Scheide glitt zu Boden. Die gewundene Schlange auf dem leichten Stahl schimmerte dunkel und linderte den Schmerz, als Siglinds Leib sich wieder spannte, und die riesige Last des Kindes in ihr preßte, um es in einen Gang zu drücken, der zu schmal war. Eine betäubende Dunkelheit legte sich über ihr Bewußtsein.
    Wie aus großer Höhe sah sie Sigmund in seiner Höhle. Er war in Hirschfell gehüllt und saß vor dem Kopf des Eruliers, der auf dem Holzkasten im Ring der Runen lag. Sigmund standen Schweißtropfen auf der Stirn, und er hatte die bleichen Lippen zusammengepreßt, als werde auch er von Wehen gepeinigt. Der geisterhafte Klang der schaurigen Stimme des Eruliers tönte auch in Siglinds Kopf und hallte fern wie aus anderen Welten:
    Höre, der Spruch ist ergangen.
    Das Gift der Wölfin tötet das Kind 
    Du hast ihr Blut getrunken 
    Das Gift trübt eure Seelen mit wölfischer Wut 
    Sigmund hielt sich verzweifelt die Hände über beide Ohren und krümmte sich. »Das ist nicht gerecht!« rief er gequält. »Das darf nicht sein! Wie kann ich sie dem Tod entreißen?«
    Die Kraft der Runen wird helfen 
    Wenn du bereit bist, das Gift zu kosten 
    Du mußt neun Jahre ein Wolf sein 
    Leben im Rudel oder allein 
    Aber als Tier dein Menschsein verraten 
    Oder sie wird heute nach Walhall gehen 
    Siglind erschauerte und erinnerte sich erschrocken an die Worte der Seherin. Der Preis ist für Sigmund zu hoch, rief sie stumm, es darf nicht sein! Aber die Stimme des Eruliers mahnte Sigmund aufs neue:
    Nimm jetzt das Fell 
    Sigmund Wargaz-Bane 
    Du mußt ein Wolf sein 
    bevor sich dem Rind 
    das Tor von Midgard öffnet 
    Siglind war bereit zu sterben, aber sie sah, wie Sigmund seinen Dolch hob und ihn über die Handfläche zog. Mit dem Blut zeichnete er auf Birkenholz: Berkano - 
ᛒ 
die Birkenrune für Geburt; Daga - 

 der Tag der Geburt und Ansu - 

 die dritte Rune von Wotan, die ihren Leib öffnete und den Weg freigab, um die Seele ihrer Sippe aus den verborgenen Welten zur Erde zu holen. Als das geschehen war, intonierte er die Runen mit tiefer Stimme. Der überirdische Klang hallte durch Siglinds Körper, die wie ein Echo die heiligen Worte flüsterte. Sie sah einen schattenhaften Wolfskopf über ihrem Bruder, als er das Wolfsfell des Eruliers um sich legte. Als Sigmund auf vier Pfoten stand, holte Siglind tief Luft und atmete langsam und lange aus. Ihr Leib öffnete sich der Macht, die ihn erfaßte, und mit der Wucht einer alles bezwingenden Welle preßte sie das Kind heraus.
    Die Waliserin entfernte behutsam die milchige Haut um den großen Kopf. Als der kleine Mund frei war, stieß das Kind ein schrilles Geheul aus, das laut durch den Raum drang und sogar den Sturm draußen übertönte. Die stumme Frau hielt den Kleinen hoch, damit Siglind ihn sehen konnte, und sie lachte trotz aller Schmerzen, als sie den kleinen Penis zwischen den Beinen hängen sah. In weiter Ferne hörte sie Sigmunds Freudenschrei.
    Ihr Sohn zappelte und strampelte so heftig, daß ihn die Magd kaum halten konnte. Siglind ließ das Schwert los und griff nach dem Kind. Sie verkrampfte sich noch

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