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Rheingold

Titel: Rheingold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Grundy
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haben.«
    »Das ist ein gerechtes Angebot«, erwiderte Sigmund langsam. Er sah sich im Kreis der Männer um. Einige blickten finster und wandten den Kopf ab, aber ein paar der Jüngeren sahen ihn offen und ehrerbietig an. Die Wälsungen hatten Siggeir bezwungen. Wie in Sachsen, so würde es auch hier immer junge Männer geben, die unter einem mächtigen Drichten kämpfen wollten, um Gold und Ruhm zu erringen. »Wir werden das Land des Drichten Wals zurückerobern. Wer von euch will uns folgen? Wir versprechen euch ehrenvolle Schlachten, Gold und einen Ehrensitz in einer größeren Halle, als diese hier es gewesen ist. Ihr könnt als Helden im Kampf sterben, denn ihr habt mit eigenen Augen gesehen, daß wir Wotans Segen haben. Wer mit uns kommen möchte, trete vor.«
    Als erster trat der junge Mann zu Sigmund, der am Abend zuvor Wache gestanden hatte. Mit bleichem Gesicht, aber mit fester Stimme sagte er: »Ich bin Thonar, der Sohn des Wulfan.«
    Fünf andere lösten sich aus dem Kreis und nannten ihre Namen.
    Freydis begleitete Sigmund und Sinfjotli zu den Vorratshäusern, während die neuen Gefolgsleute ihre Habe packten und sich von ihren Angehörigen verabschiedeten. Als Freydis gehen wollte, legte Sigmund die Hand auf ihren Arm. »Ja?«
    »Danke«, sagte er leise.
    Das Gesicht der Seherin wurde weich, als sie zu ihm aufblickte. »Ich habe nichts Besonderes für dich getan«, erwiderte sie. »Doch, du hast... in deiner Gestalt...«
    Freydis legte den Kopf schief und lächelte ihn so spöttisch an wie damals in der Höhle. »Jetzt habe ich dich mit eigenen Augen gesehen, und ich weiß, daß mir viel entgangen ist. Nur Mut, Sigmund! Deine Schwester ist nicht so weit von dir entfernt, wie du glaubst. Vergiß nicht, solange du lebst, wirst du nie allein sein. Der Erbe des Eruliers sollte wissen, wie nahe das Tor zwischen Tod und Leben ist - besonders für zwei Menschen, die bereits miteinander verbunden sind.«
    Sie löste sich aus Sigmunds Griff und ging wie eine junge Frau von ihrem Geliebten mit schwingenden Hüften davon. Sigmund blickte ihr lange nach. Er wollte ihr folgen und ihr viele Fragen stellen, aber er wußte, sie hatte ihm gesagt, was sie ihm sagen wollte.

    *

    Sie nahmen sich genügend Proviant und die Dinge aus Siggeirs Lagerhäusern, die sie brauchten, und schleppten sie hinunter zum Strand. Sigmund fand in einer dunklen Ecke zu seiner großen Freude Wals' altes Horn. Es war für Siggeir und seine Leute zu groß und zu schwer gewesen, um es zu blasen. Der Lederriemen war vermodert, und das Silber war angelaufen. Und als Sigmund es umdrehte, fielen Stroh und Mäusekot heraus. Aber Sigmund drückte es glücklich an sich, während er in die Morgensonne hinaustrat. Er hielt das Horn über seinem Kopf, als er durch das Wasser zu dem Schiff watete, wo Sinfjotli und die neuen Gefolgsleute ihn erwarteten, und kletterte über die Bordwand.
    »Haben wir alles?« fragte Sinfjotli. »Oh, was ist das? Ein Horn? Darf ich es blasen?«
    »Wenn wir auslaufen. Hilf mir, den Drachenkopf aufzurichten. Es ist mir gleichgültig, was die Dämonen in diesem Land denken.« Die beiden Männer richteten den Drachenkopf am Bug auf, schoben die Zapfen in die Bohrungen und ließen sie einrasten. Thonarstan und Wigibrand setzten das Segel. Das grauweiße Leinen mit den vielen Seilen klatschte im Wind und riß an ihren Händen, bis es sich schließlich stolz am Mast blähte. Sigmund reichte seinem Sohn das Horn. Sinfjotli lief damit zum Bug, stellte einen Fuß auf die Bordwand und setzte Wals' Horn an die Lippen. Sinfjotli holte tief Luft und blies. Aber sein erster Versuch schlug fehl. Es gelang ihm nur, dem Horn einen kurzen schrillen Laut zu entlocken, ehe ihm die Luft ausging. Beim zweiten Versuch jedoch drang der tiefe hallende Ton weit über das Meer wie als Warnung für das Land an der anderen Küste -eine Warnung für den, der Wals' Halle in Besitz genommen hatte.

16
DIE WERBUNG
    Sigmund saß allein auf dem Flaggschiff und blickte auf die Wellen des Rheins, die im Mondlicht schimmerten. Seine Flotte lag nicht allzuweit von der Flußmündung entfernt und war für die Nacht vertäut. Die meisten Männer waren an Land, stellten Zelte auf und entzündeten Lagerfeuer. Der Gesang des Skops hallte laut und klar über das Wasser. Seine Leute wünschten sich dieses Lied oft, denn es verherrlichte den großen Sieg über die Sachsen, durch den Sigmund und Sinfjotli das Land ihrer Vorfahren zurückgewonnen hatten. Sigmund setzte das

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