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Rheingold

Titel: Rheingold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Grundy
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eine Hand über die Augen. Ehumar atmete schnell und stoßweise, obwohl er fünfzehn Jahre jünger als Sigmund war. »Bei den Göttern, er ist es! Und steht nicht eine Frau neben ihm?« Sigmund blinzelte und versuchte, deutlicher zu sehen. Meine Augen sind nicht mehr so scharf wie früher, dachte er seufzend. Er konnte Sinfjotlis blonde Haare über der weißen Tunika erkennen und dicht neben ihm... ja, eine kleinere Gestalt in einem langen blaßblauen Gewand und dunklen, wie zu einem Helm aufgesteckten Zöpfen. »Ich glaube schon«, erwiderte er lachend, »lauf und sag Borghild, sie soll sich darauf vorbereiten, meinen Sohn und seine Braut willkommen zu heißen. Ich gehe hinunter zum Ufer, um sie zu begrüßen.« Während Sigmund jetzt an Deck saß und trübsinnig vor sich hinstarrte, während er sanft von den Wellen des Rheins geschaukelt wurde, fragte er sich aufs neue: Warum hat Siglind mich nicht gewarnt, wenn sie in meiner Nähe war? Trägt sie ebenso Schuld wie ich? Das schien unwahrscheinlich. Ein anderer Gedanke wog schwerer: Hatte sie ihn gerufen, und er, nach den Jahren der halbherzigen Ehe mit Borghild und dem Leben in der Welt der Menschen abgestumpft, hatte ihre warnende Stimme nicht gehört? Nie würde er den schrecklichen Augenblick vergessen, als Borghild bei seinem Eintreffen mit Sinfjotli und Sigrid das Tor der Halle öffnete. Borghild lächelte etwas unsicher und bedeutete den Mägden, beiseite zu treten. Dann sagte sie etwas atemlos: »Willkommen in unserer Halle. Mögest du immer hier willkommen sein, Frowe... ?«
    »Das ist Sigrid, die Tochter des Fro Frodrik von Friesland«, sagte Sinfjotli und ließ die Fremde einen Schritt vortreten. Borghild wurde leichenblaß. »Was hast du gesagt?« fragte sie tonlos.
    »Borghild?« rief Sigmund und eilte an ihre Seite, »geht es dir nicht gut?« Aber sie zuckte vor ihm zurück, als habe er sie geschlagen. »Wie hast du diese Frau als deine Braut gewonnen?« fragte Borghild leise und am ganzen Leib zitternd.
    »Ich habe sie durch meine Kraft gewonnen«, antwortete Sinfjotli verwirrt und legte schützend den Arm um Sigrid. »Der Däne Hotwer hat um sie geworben, aber ich habe ihn im ehrlichen Kampf besiegt. ..«
    Sigmund erstarrte. Alles Blut wich aus seinem Gesicht. Dann sah er auch in Sinfjotlis eisblauen Augen die schreckliche Erkenntnis. Sigrid starrte Borghild mit großen Augen an. Einen Augenblick lang schienen alle Geräusche nah und fern zu verstummen, dann durchdrang Borghilds gellender Schrei die Luft wie ein zischender Pfeil. »Mein Bruder!« Sie zog den Dolch und sprang auf Sinfjotli zu. Aber Sigmund war schneller. Er riß sie zurück und wand ihr den Dolch aus der Hand. Außer sich vor Zorn starrte sie ihren Mann an und schrie: »Schaff ihn weg! Schaff ihn mir aus den Augen, den verwünschten Werwolf! Ich will ihn nie wieder sehen!« Dann sank sie laut schluchzend an Sigmunds Schulter.
    Der Schrei gellte in Sigmunds Ohren - auch hier auf dem Rhein. Er hielt sich den Kopf mit beiden Händen und krümmte sich. Der Mond hing niedrig und groß am nebligen Sommerhimmel in der Nacht von Hotwers Totenfeier, mit der Sigmund seine Frau hatte besänftigen wollen. Alle großen Stammesführer in Sigmunds Land waren mit ihren Gefolgsleuten erschienen. Das Wergeld für Hotwer lag vor Borghilds Sitz. Alle sollten sehen, daß ihr Bruder als Held geehrt wurde. Bernsteinketten, Fuchspelze und kostbares Leinen, Gold, seltene Metalle und Edelsteine funkelten und schimmerten, denn Sigmund hoffte immer noch, seine Frau auszusöhnen. »Welch ein Narr bin ich gewesen«, stieß Sigmund zwischen den Zähnen hervor und wußte, obwohl er es damals hätte wissen können, ja, wissen müssen, daß Borghild nicht nur von der Niederlage und dem Tod ihres Bruders bis ins Innerste getroffen war. In ihrer Trauer hatte sich die Eifersucht auf Sinfjotli Luft gemacht. In Wirklichkeit galt ihre Rache aber der Toten, neben der sie nicht bestehen konnte, auch wenn ihr Mann vorgab, sie zu lieben, während er in Wahrheit nur an Siglind dachte. Und so kniete Sigmund vor seinem Sohn, der auf Zureden seines Vaters das Trinkhorn von Borghild entgegengenommen und zu Hotwers Gedenken das tödliche Bier getrunken hatte, und dann wie ein gefällter Baum zu Boden gestürzt war. Borghild wußte sehr wohl, daß Sinfjotli anders als sein Vater nicht von innen gegen Gift gefeit war, denn Sigmund hatte ihr selbst die Geschichte von dem Erulier einmal erzählt. Bei der Erinnerung an Borghilds Rache

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