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Rheingold

Titel: Rheingold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Grundy
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meinem Vater, gab es eine Hungersnot, und er trat mit all seinen Leuten in den Dienst von Rom. Das Kaiserreich ließ uns hier siedeln, denn wir halfen, die anderen Stämme vom Rhein und den römischen Landen fernzuhalten. Ich weiß nicht, was aus Lofanheid und ihren Nachkommen geworden ist. Regin, der Zwerg, hat eine Schmiede nicht weit vom Drachenfels entfernt, aber er kommt oft zu uns in den Süden. Er schmiedet Schwerter, wie kein Mensch es vermag. Wenn ich mir den Griff deines Schwertes ansehe, glaube ich beinahe, es stammt von ihm.«
    »Ich weiß nicht, wer mein Schwert geschmiedet hat«, erwiderte Sigmund. »Es wurde mir für meine schwerste Aufgabe gegeben, und wie du wohl aus den Liedern weißt, hat es mir bislang hervorragende Dienste geleistet.« Er fuhr mit der Hand über den Kristall. »Mir scheint«, murmelte er, »es könnte vielleicht auch dazu dienen, den Drachen zu töten. Wenn alles, was dein Skop gesungen hat, der Wahrheit entspricht, dann wäre eine solche Tat etwas Gutes.«
    »O ja«, murmelte Awilimo, »o ja. Nur ein wirklich furchtloser Mann kann gegen Fafnir kämpfen. Zu meinen Lebzeiten sind einige den Drachenfels hinaufgestiegen. Und obwohl es tapfere Männer waren, überfiel sie der Schrecken des Wahnsinns, noch bevor sie Fafnir zu Gesicht bekamen. Wie man mir erzählt hat, liegt das an der Tarnkappe, durch die er ein Drache wurde, und die er noch immer trägt.«
    »Ich habe mich mit den geheimen Künsten beschäftigt«, erwiderte Sigmund, »und sie, die über meine Seele wacht, ist auch in der Magie bewandert. Ich denke, ich setze mein Vertrauen auf sie und habe keine Angst vor anderen.«
    Awilimo trommelte mit seinen dicken Fingern auf den Tisch. Als einzigen Schmuck trug er einen breiten Goldring mit einem schwarzen Stein, mit einem eingravierten behelmten Kopf im römischen Stil.
    »Vielleicht wirst du Gelegenheit haben, mir deinen Mut zu zeigen«, sagte er schließlich. »Ich möchte jedoch der Wahl meiner Tochter nicht vorgreifen. Sie ist sehr klug, und deshalb habe ich ihr versprochen, daß sie zwischen dir und König Lingwe entscheiden soll. Ich werde ihr zwar raten, aber sie zu nichts zwingen. Auf jeden Fall hätte ich dich gern als Freund und als Verbündeten, ganz gleich, wen von euch beiden Herwodis wählen wird.«
    Sigmund blickte auf Herwodis, die unterdessen Lingwe zugehört hatte. Sie wirkte so ruhig und höflich wie am Nachmittag, als Sigmund mit ihr sprach. Lingwes Augen funkelten wie blaugrünes Glas, und er begleitete seine Worte mit großen, lebhaften Gesten. Seine starken Schultermuskeln bewegten sich wie Schlangen unter der Stickerei der roten Tunika. Wie klug Herwodis auch sein mag, dachte Sigmund, sie ist erst vierzehn. Bestimmt ist der gut aussehende junge Sohn Hundings anziehender für sie als ein alter Mann - mag er noch so mächtig und berühmt sein. Ihr ruhiger Blick hatte den ganzen Abend über auf Lingwe geruht, während Sigmund mit Awilimo sprach. Die Vorstellung, daß Herwodis seinen Rivalen Lingwe heiraten könnte, durchzuckte Sigmund wie ein glühender Blitz. Aber Sigmund wußte auch, er war alt genug, um solche Gedanken zu überwinden und das beste aus der Fahrt zu machen. Ich bin nicht hierher gekommen, um aus Liebe zu heiraten, sondern um etwas für mein Volk und meine Nachkommen zu gewinnen, ermahnte er sich. »Das würde mir auch gefallen«, erwiderte er.
    Es war spät, als Herwodis sich von Sigmund und Lingwe verabschiedete. Nicht lange danach griff Awilimo ebenfalls nach seinem Pokal, leerte ihn und erhob sich.
    »Ihr entschuldigt mich«, sagte er mit fester Stimme zu den beiden Drichten, zwischen denen immer noch ein leerer Platz war, »ich bleibe nicht oft so lange auf, und ich muß noch mit meiner Tochter sprechen. Wenn ihr schlafen gehen wollt, soll einer meiner Leute oder eine Magd euch zu den Kammern führen, die für euch vorbereitet sind. Ich hoffe, Herwodis wird sich bis morgen entschieden haben. Ich vertraue darauf, daß eure Männer inzwischen Frieden halten.«
    »Natürlich«, murmelte Lingwe sofort. Sigmund nickte nur. »Also dann, gute Nacht, König Lingwe. Gute Nacht, König Sigmund.«
    Sie wünschten ihm beide eine gute Nacht, und Sigmund glaubte, ein Lächeln zu entdecken, als Awilimo ihn kurz ansah.
    »Du denkst doch nicht daran, Herwodis so zu gewinnen, wie dein Sohn seine Frau gewann?« fragte Lingwe sofort, nachdem Awilimo sie verlassen hatte. Der fränkische Wein machte
    ihm die Zunge schwer. Sigmund musterte seinen jüngeren

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